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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXIII. Urkundenfälschung.
vorhandene Eigenschaften in gleicher Absicht verheimlicht werden, sind
als Verfälschungen mit geschärfter Strafe zu ahnden."

Bei der Revision des Strafrechts wurde diese Begriffsbestimmung
für unzulänglich gehalten, da besonders das Wort "beilegen" nicht
ausdrücke, daß der Betrug thatsächlich durch Veränderungen ausgeübt
werde, sondern sich auf bloße Vorspiegelung durch Worte beziehen lasse,
was doch offenbar nur gemeiner Betrug sei. Man war aber überhaupt
der Meinung, daß es einer Definition der Fälschung nicht bedürfe, da
dieselbe nur eine Art des Betrugs sei, und letzterer dadurch allein, daß
einer unächten Sache der Schein einer ächten gegeben werde, noch nicht
zu einem eigenthümlichen und schweren Verbrechen werde. Man hielt
es daher für angemessen, von der Aufstellung einer allgemeinen Begriffs-
bestimmung abzustehen, und beschränkte sich darauf, diejenigen Fälle
hervorzuheben, welche als Fälschung eine besondere Strafe zu erfordern
schienen. h)

Durch die später gefaßten Beschlüsse über den Thatbestand des
Betruges wurde jedoch ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem Ver-
gehen und der Fälschung festgestellt; außerdem aber erschien es nicht
angemessen, die einzelnen Fälle der Fälschung, deren Bedeutung weniger
in der Art der Verübung als in dem Gegenstande des Verbrechens zu
suchen ist, in demselben Abschnitte neben einander abzuhandeln. Nachdem
schon Fälschung und Betrug auch formell von einander getrennt waren,
ließ man zuletzt den dem ersten Verbrechen gewidmete allgemeinen Titel
ganz wegfallen, und wies den gesetzlichen Bestimmungen über die ein-
zelnen Fälle je nach ihrem Gegenstande die entsprechende Stelle in dem
Systeme an.

So wurde die Münzfälschung (§§. 121-24.) mit den gegen den
Staat gerichteten Verbrechen in Verbindung gebracht; die Fälschung von
Handelsbüchern wurde in besondere Beziehung zum Bakerutt gesetzt
(§. 259.), Fälschung von Waarenbezeichnungen unter dem strafbaren
Eigennutz (§. 269.) abgehandelt, und mehrere Vergehen, welche früher
zu der Fälschung gerechnet waren, wurden zu dem unter erschwerenden
Umständen verübten Betruge (§. 243.) gestellt. i) Der früher dem Ver-
brechen im Allgemeinen angewiesene Titel wurde aber ausschließlich der
Urkundenfälschung vorbehalten, indem nur die Bestimmungen über den
Fall, wenn ein Beamter dieselbe verübt hat, unter den Amtsverbrechen
(§. 323.) einen Platz fanden.


h) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. III.
S. 401.
i) Mit dem Begriff der Fälschung hängen außerdem noch zusammen die Bestim-
mungen der §§. 224. 340. Nr. 3. 4. 5. 345. Nr. 5. 348. Nr. 2.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIII. Urkundenfälſchung.
vorhandene Eigenſchaften in gleicher Abſicht verheimlicht werden, ſind
als Verfälſchungen mit geſchärfter Strafe zu ahnden.“

Bei der Reviſion des Strafrechts wurde dieſe Begriffsbeſtimmung
für unzulänglich gehalten, da beſonders das Wort „beilegen“ nicht
ausdrücke, daß der Betrug thatſächlich durch Veränderungen ausgeübt
werde, ſondern ſich auf bloße Vorſpiegelung durch Worte beziehen laſſe,
was doch offenbar nur gemeiner Betrug ſei. Man war aber überhaupt
der Meinung, daß es einer Definition der Fälſchung nicht bedürfe, da
dieſelbe nur eine Art des Betrugs ſei, und letzterer dadurch allein, daß
einer unächten Sache der Schein einer ächten gegeben werde, noch nicht
zu einem eigenthümlichen und ſchweren Verbrechen werde. Man hielt
es daher für angemeſſen, von der Aufſtellung einer allgemeinen Begriffs-
beſtimmung abzuſtehen, und beſchränkte ſich darauf, diejenigen Fälle
hervorzuheben, welche als Fälſchung eine beſondere Strafe zu erfordern
ſchienen. h)

Durch die ſpäter gefaßten Beſchlüſſe über den Thatbeſtand des
Betruges wurde jedoch ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen dieſem Ver-
gehen und der Fälſchung feſtgeſtellt; außerdem aber erſchien es nicht
angemeſſen, die einzelnen Fälle der Fälſchung, deren Bedeutung weniger
in der Art der Verübung als in dem Gegenſtande des Verbrechens zu
ſuchen iſt, in demſelben Abſchnitte neben einander abzuhandeln. Nachdem
ſchon Fälſchung und Betrug auch formell von einander getrennt waren,
ließ man zuletzt den dem erſten Verbrechen gewidmete allgemeinen Titel
ganz wegfallen, und wies den geſetzlichen Beſtimmungen über die ein-
zelnen Fälle je nach ihrem Gegenſtande die entſprechende Stelle in dem
Syſteme an.

So wurde die Münzfälſchung (§§. 121-24.) mit den gegen den
Staat gerichteten Verbrechen in Verbindung gebracht; die Fälſchung von
Handelsbüchern wurde in beſondere Beziehung zum Bakerutt geſetzt
(§. 259.), Fälſchung von Waarenbezeichnungen unter dem ſtrafbaren
Eigennutz (§. 269.) abgehandelt, und mehrere Vergehen, welche früher
zu der Fälſchung gerechnet waren, wurden zu dem unter erſchwerenden
Umſtänden verübten Betruge (§. 243.) geſtellt. i) Der früher dem Ver-
brechen im Allgemeinen angewieſene Titel wurde aber ausſchließlich der
Urkundenfälſchung vorbehalten, indem nur die Beſtimmungen über den
Fall, wenn ein Beamter dieſelbe verübt hat, unter den Amtsverbrechen
(§. 323.) einen Platz fanden.


h) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III.
S. 401.
i) Mit dem Begriff der Fälſchung hängen außerdem noch zuſammen die Beſtim-
mungen der §§. 224. 340. Nr. 3. 4. 5. 345. Nr. 5. 348. Nr. 2.
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[472/0482] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIII. Urkundenfälſchung. vorhandene Eigenſchaften in gleicher Abſicht verheimlicht werden, ſind als Verfälſchungen mit geſchärfter Strafe zu ahnden.“ Bei der Reviſion des Strafrechts wurde dieſe Begriffsbeſtimmung für unzulänglich gehalten, da beſonders das Wort „beilegen“ nicht ausdrücke, daß der Betrug thatſächlich durch Veränderungen ausgeübt werde, ſondern ſich auf bloße Vorſpiegelung durch Worte beziehen laſſe, was doch offenbar nur gemeiner Betrug ſei. Man war aber überhaupt der Meinung, daß es einer Definition der Fälſchung nicht bedürfe, da dieſelbe nur eine Art des Betrugs ſei, und letzterer dadurch allein, daß einer unächten Sache der Schein einer ächten gegeben werde, noch nicht zu einem eigenthümlichen und ſchweren Verbrechen werde. Man hielt es daher für angemeſſen, von der Aufſtellung einer allgemeinen Begriffs- beſtimmung abzuſtehen, und beſchränkte ſich darauf, diejenigen Fälle hervorzuheben, welche als Fälſchung eine beſondere Strafe zu erfordern ſchienen. h) Durch die ſpäter gefaßten Beſchlüſſe über den Thatbeſtand des Betruges wurde jedoch ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen dieſem Ver- gehen und der Fälſchung feſtgeſtellt; außerdem aber erſchien es nicht angemeſſen, die einzelnen Fälle der Fälſchung, deren Bedeutung weniger in der Art der Verübung als in dem Gegenſtande des Verbrechens zu ſuchen iſt, in demſelben Abſchnitte neben einander abzuhandeln. Nachdem ſchon Fälſchung und Betrug auch formell von einander getrennt waren, ließ man zuletzt den dem erſten Verbrechen gewidmete allgemeinen Titel ganz wegfallen, und wies den geſetzlichen Beſtimmungen über die ein- zelnen Fälle je nach ihrem Gegenſtande die entſprechende Stelle in dem Syſteme an. So wurde die Münzfälſchung (§§. 121-24.) mit den gegen den Staat gerichteten Verbrechen in Verbindung gebracht; die Fälſchung von Handelsbüchern wurde in beſondere Beziehung zum Bakerutt geſetzt (§. 259.), Fälſchung von Waarenbezeichnungen unter dem ſtrafbaren Eigennutz (§. 269.) abgehandelt, und mehrere Vergehen, welche früher zu der Fälſchung gerechnet waren, wurden zu dem unter erſchwerenden Umſtänden verübten Betruge (§. 243.) geſtellt. i) Der früher dem Ver- brechen im Allgemeinen angewieſene Titel wurde aber ausſchließlich der Urkundenfälſchung vorbehalten, indem nur die Beſtimmungen über den Fall, wenn ein Beamter dieſelbe verübt hat, unter den Amtsverbrechen (§. 323.) einen Platz fanden. h) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III. S. 401. i) Mit dem Begriff der Fälſchung hängen außerdem noch zuſammen die Beſtim- mungen der §§. 224. 340. Nr. 3. 4. 5. 345. Nr. 5. 348. Nr. 2.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/482>, abgerufen am 04.05.2024.