Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXII. Untreue. mag sich selbst vorsehen, während denjenigen Personen, welche unteröffentlicher Autorität wirken und von dem Staate dem Publikum zur Besorgung gewisser Angelegenheiten bezeichnet werden, mit Recht von vorne herein ein größeres Vertrauen erwiesen wird. Läßt es sich schon hiernach rechtfertigen, ausschließlich gegen die letzteren Personen wegen Verletzung des Vertrauens besondere Strafbestimmungen zu erlassen, so tritt als Verstärkungsgrund noch hinzu, daß bei einem bloßen Privat- vertragsverhältnisse es häufig gar nicht einmal im Interesse des einen Kontrahenten liegt, eine von dem anderen Kontrahenten begangene Un- treue zu rügen. Die Gesetzgebung hat deshalb um so weniger Grund, solche Privatrechtsverhältnisse unter besonderen Schutz zu stellen." -- Der Ausweg, nur auf den Antrag des Verletzten zu strafen, ist schon früher aus erheblichen Gründen angefochten worden, e) und würde dem Systeme des Strafgesetzbuchs nicht entsprechen. d. Eine andere Frage kam in der Kommission der ersten Kammer III. Die Strafe der Untreue ist dieselbe, welche für den Betrug e) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. III. S. 430. -- Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 7. Mai 1842. -- Verhandlungen des vereinigten ständ. Ausschusses. IV. S. 271-77. f) Bericht der Kommission der ersten Kammer zu diesem Titel.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXII. Untreue. mag ſich ſelbſt vorſehen, während denjenigen Perſonen, welche unteröffentlicher Autorität wirken und von dem Staate dem Publikum zur Beſorgung gewiſſer Angelegenheiten bezeichnet werden, mit Recht von vorne herein ein größeres Vertrauen erwieſen wird. Läßt es ſich ſchon hiernach rechtfertigen, ausſchließlich gegen die letzteren Perſonen wegen Verletzung des Vertrauens beſondere Strafbeſtimmungen zu erlaſſen, ſo tritt als Verſtärkungsgrund noch hinzu, daß bei einem bloßen Privat- vertragsverhältniſſe es häufig gar nicht einmal im Intereſſe des einen Kontrahenten liegt, eine von dem anderen Kontrahenten begangene Un- treue zu rügen. Die Geſetzgebung hat deshalb um ſo weniger Grund, ſolche Privatrechtsverhältniſſe unter beſonderen Schutz zu ſtellen.“ — Der Ausweg, nur auf den Antrag des Verletzten zu ſtrafen, iſt ſchon früher aus erheblichen Gründen angefochten worden, e) und würde dem Syſteme des Strafgeſetzbuchs nicht entſprechen. d. Eine andere Frage kam in der Kommiſſion der erſten Kammer III. Die Strafe der Untreue iſt dieſelbe, welche für den Betrug e) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III. S. 430. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 7. Mai 1842. — Verhandlungen des vereinigten ſtänd. Ausſchuſſes. IV. S. 271-77. f) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu dieſem Titel.
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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXII. Untreue.
mag ſich ſelbſt vorſehen, während denjenigen Perſonen, welche unter
öffentlicher Autorität wirken und von dem Staate dem Publikum zur
Beſorgung gewiſſer Angelegenheiten bezeichnet werden, mit Recht von
vorne herein ein größeres Vertrauen erwieſen wird. Läßt es ſich ſchon
hiernach rechtfertigen, ausſchließlich gegen die letzteren Perſonen wegen
Verletzung des Vertrauens beſondere Strafbeſtimmungen zu erlaſſen, ſo
tritt als Verſtärkungsgrund noch hinzu, daß bei einem bloßen Privat-
vertragsverhältniſſe es häufig gar nicht einmal im Intereſſe des einen
Kontrahenten liegt, eine von dem anderen Kontrahenten begangene Un-
treue zu rügen. Die Geſetzgebung hat deshalb um ſo weniger Grund,
ſolche Privatrechtsverhältniſſe unter beſonderen Schutz zu ſtellen.“ —
Der Ausweg, nur auf den Antrag des Verletzten zu ſtrafen, iſt ſchon
früher aus erheblichen Gründen angefochten worden, e) und würde dem
Syſteme des Strafgeſetzbuchs nicht entſprechen.
d. Eine andere Frage kam in der Kommiſſion der erſten Kammer
zur Erwägung, ob nämlich nicht der Grundſatz des §. 228. hier noth-
wendig in dem Maaße gelten müſſe, daß die Untreue des Vaters als
Vormundes oder Kurators ſeiner Kinder ausdrücklich als ſtraflos erklärt
werde? „Man hat dabei nicht verkannt, daß das natürliche Recht des
Vaters, ſeine freiere Stellung in Abſicht auf obervormundſchaftliche
Aufſicht, endlich die Rückſicht, daß eine ſtrikte Auslegung die Anwen-
dung des §. 228. auf Unterſchlagungen des Vaters in dem von ihm
vormundſchaftlich verwalteten Vermögen ſeiner Kinder zuläſſig erſcheinen
laſſen könnte, der bloßen Untreue des Vaters einen minder ſchweren
Charakter verleihe. Man hat indeſſen geglaubt, daß die Beurtheilung,
ob aus dieſen Gründen auch die Untreue des Vaters als ſtraflos zu
erachten, der Vater alſo in dieſem Sinne nicht zu den „Vormündern
und Kuratoren“ zu rechnen ſei, lediglich der Praxis zu überlaſſen ſein
müſſe.“ f) Dieſe wird ſich auch ohne Zweifel für die Strafloſigkeit des
Vaters in einem ſolchen Falle entſcheiden.
III. Die Strafe der Untreue iſt dieſelbe, welche für den Betrug
unter erſchwerenden Umſtänden (§. 243.) vorgeſchrieben iſt, jedoch ohne
die Geldbuße, falls nicht die Handlung in gewinnſüchtiger Abſicht verübt
worden. Iſt für dieſelbe eine härtere Strafe begründet, z. B. im Fall
des §. 244., ſo tritt dieſe nach dem Grundſatz des §. 55. ein. —
Die Berückſichtigung mildernder Umſtände iſt hier ſo wenig wie in
§. 243. zugelaſſen; über den Verluſt des Gewerbebetriebs im Fall der
e) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III.
S. 430. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 7. Mai 1842. —
Verhandlungen des vereinigten ſtänd. Ausſchuſſes. IV. S. 271-77.
f) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu dieſem Titel.
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