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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XX. Hehlerei.
gewaltsamen Erpressung liegt die Sache genau so, wie bei dem schwe-
ren Diebstahle.

Die Strafe der schweren Hehlerei ist der des schweren Diebstahls
(§. 218.) gleichgesetzt worden.

V. Eine besondere Bestimmung findet sich noch über die Hehlerei,
welche gewohnheitsmäßig betrieben wird (§. 239.). Liegt eine solche
vor, so soll es nicht auf die Beschaffenheit der Verbrechen oder Verge-
hen ankommen, welche zu den einzelnen Handlungen der Hehlerei Ver-
anlassung gegeben haben; es tritt vielmehr immer Zuchthausstrafe bis
zu funfzehn Jahren und Stellung unter Polizei-Aufsicht ein.

In dem Entwurf von 1843. war für die Bestimmung noch eine
andere Fassung gewählt; es hieß nämlich:

§. 418. "Wer aus der Verhehlung gestohlener Sachen oder der
Begünstigung von Dieben ein Gewerbe macht, hat Zuchthaus-
strafe bis zu fünf Jahren verwirkt."

"Als gewerbmäßiger Hehler wird derjenige angesehen, welcher
das Verbrechen mehr als zweimal begangen hat."

Später wurde beschlossen, um sich dem Rheinischen Rechte anzu-
nähern, bei der Hehlerei und dem Wucher statt "gewerbmäßig" den
Ausdruck "gewohnheitsmäßig" zu gebrauchen. s) Der Sinn beider Worte
ist in diesem Zusammenhange im Wesentlichen derselbe, wenigstens nach
der im Strafgesetzbuch angewandten Terminologie. Denn wenn man
die oben (S. 214. Note f.) angeführten Stellen vergleicht, so wird sich
kein Unterschied in der Bedeutung beider Ausdrücke mit Bestimmtheit
angeben lassen. Namentlich wird bei der gewerbsmäßigen Verübung von
Verbrechen, im Gegensatz zu der gewohnheitsmäßigen, die eigennützige
Absicht nicht ausschließlich vorausgesetzt, wie gerade die Beispiele von
der Hehlerei und dem Wucher deutlich beweisen. Die bloße Wieder-
holung desselben Verbrechens oder Vergehens macht aber auch noch nicht
das Wesen der gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Verübung aus,
wenn sie auch zunächst ein Kennzeichen, und oft das einzige sichere
Kennzeichen derselben ist. Die Wiederholung derselben verbrecherischen
Handlungen in einer gewissen Regelmäßigkeit, wenigstens in nicht zu
langen Zwischenräumen, die Verknüpfung derselben mit dem ganzen Le-
ben und Treiben des Thäters ist als das wesentliche Merkmal einer
solchen Verübung zu bezeichnen. Mit Recht ist daher die Bestimmung
des Entwurfs von 1843., daß derjenige als gewerbsmäßiger Hehler an-
gesehen werden soll, welcher das Verbrechen mehr als zweimal begangen

s) Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1847.
S. 14. 21.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XX. Hehlerei.
gewaltſamen Erpreſſung liegt die Sache genau ſo, wie bei dem ſchwe-
ren Diebſtahle.

Die Strafe der ſchweren Hehlerei iſt der des ſchweren Diebſtahls
(§. 218.) gleichgeſetzt worden.

V. Eine beſondere Beſtimmung findet ſich noch über die Hehlerei,
welche gewohnheitsmäßig betrieben wird (§. 239.). Liegt eine ſolche
vor, ſo ſoll es nicht auf die Beſchaffenheit der Verbrechen oder Verge-
hen ankommen, welche zu den einzelnen Handlungen der Hehlerei Ver-
anlaſſung gegeben haben; es tritt vielmehr immer Zuchthausſtrafe bis
zu funfzehn Jahren und Stellung unter Polizei-Aufſicht ein.

In dem Entwurf von 1843. war für die Beſtimmung noch eine
andere Faſſung gewählt; es hieß nämlich:

§. 418. „Wer aus der Verhehlung geſtohlener Sachen oder der
Begünſtigung von Dieben ein Gewerbe macht, hat Zuchthaus-
ſtrafe bis zu fünf Jahren verwirkt.“

„Als gewerbmäßiger Hehler wird derjenige angeſehen, welcher
das Verbrechen mehr als zweimal begangen hat.“

Später wurde beſchloſſen, um ſich dem Rheiniſchen Rechte anzu-
nähern, bei der Hehlerei und dem Wucher ſtatt „gewerbmäßig“ den
Ausdruck „gewohnheitsmäßig“ zu gebrauchen. s) Der Sinn beider Worte
iſt in dieſem Zuſammenhange im Weſentlichen derſelbe, wenigſtens nach
der im Strafgeſetzbuch angewandten Terminologie. Denn wenn man
die oben (S. 214. Note f.) angeführten Stellen vergleicht, ſo wird ſich
kein Unterſchied in der Bedeutung beider Ausdrücke mit Beſtimmtheit
angeben laſſen. Namentlich wird bei der gewerbsmäßigen Verübung von
Verbrechen, im Gegenſatz zu der gewohnheitsmäßigen, die eigennützige
Abſicht nicht ausſchließlich vorausgeſetzt, wie gerade die Beiſpiele von
der Hehlerei und dem Wucher deutlich beweiſen. Die bloße Wieder-
holung deſſelben Verbrechens oder Vergehens macht aber auch noch nicht
das Weſen der gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Verübung aus,
wenn ſie auch zunächſt ein Kennzeichen, und oft das einzige ſichere
Kennzeichen derſelben iſt. Die Wiederholung derſelben verbrecheriſchen
Handlungen in einer gewiſſen Regelmäßigkeit, wenigſtens in nicht zu
langen Zwiſchenräumen, die Verknüpfung derſelben mit dem ganzen Le-
ben und Treiben des Thäters iſt als das weſentliche Merkmal einer
ſolchen Verübung zu bezeichnen. Mit Recht iſt daher die Beſtimmung
des Entwurfs von 1843., daß derjenige als gewerbsmäßiger Hehler an-
geſehen werden ſoll, welcher das Verbrechen mehr als zweimal begangen

s) Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1847.
S. 14. 21.
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[454/0464] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XX. Hehlerei. gewaltſamen Erpreſſung liegt die Sache genau ſo, wie bei dem ſchwe- ren Diebſtahle. Die Strafe der ſchweren Hehlerei iſt der des ſchweren Diebſtahls (§. 218.) gleichgeſetzt worden. V. Eine beſondere Beſtimmung findet ſich noch über die Hehlerei, welche gewohnheitsmäßig betrieben wird (§. 239.). Liegt eine ſolche vor, ſo ſoll es nicht auf die Beſchaffenheit der Verbrechen oder Verge- hen ankommen, welche zu den einzelnen Handlungen der Hehlerei Ver- anlaſſung gegeben haben; es tritt vielmehr immer Zuchthausſtrafe bis zu funfzehn Jahren und Stellung unter Polizei-Aufſicht ein. In dem Entwurf von 1843. war für die Beſtimmung noch eine andere Faſſung gewählt; es hieß nämlich: §. 418. „Wer aus der Verhehlung geſtohlener Sachen oder der Begünſtigung von Dieben ein Gewerbe macht, hat Zuchthaus- ſtrafe bis zu fünf Jahren verwirkt.“ „Als gewerbmäßiger Hehler wird derjenige angeſehen, welcher das Verbrechen mehr als zweimal begangen hat.“ Später wurde beſchloſſen, um ſich dem Rheiniſchen Rechte anzu- nähern, bei der Hehlerei und dem Wucher ſtatt „gewerbmäßig“ den Ausdruck „gewohnheitsmäßig“ zu gebrauchen. s) Der Sinn beider Worte iſt in dieſem Zuſammenhange im Weſentlichen derſelbe, wenigſtens nach der im Strafgeſetzbuch angewandten Terminologie. Denn wenn man die oben (S. 214. Note f.) angeführten Stellen vergleicht, ſo wird ſich kein Unterſchied in der Bedeutung beider Ausdrücke mit Beſtimmtheit angeben laſſen. Namentlich wird bei der gewerbsmäßigen Verübung von Verbrechen, im Gegenſatz zu der gewohnheitsmäßigen, die eigennützige Abſicht nicht ausſchließlich vorausgeſetzt, wie gerade die Beiſpiele von der Hehlerei und dem Wucher deutlich beweiſen. Die bloße Wieder- holung deſſelben Verbrechens oder Vergehens macht aber auch noch nicht das Weſen der gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Verübung aus, wenn ſie auch zunächſt ein Kennzeichen, und oft das einzige ſichere Kennzeichen derſelben iſt. Die Wiederholung derſelben verbrecheriſchen Handlungen in einer gewiſſen Regelmäßigkeit, wenigſtens in nicht zu langen Zwiſchenräumen, die Verknüpfung derſelben mit dem ganzen Le- ben und Treiben des Thäters iſt als das weſentliche Merkmal einer ſolchen Verübung zu bezeichnen. Mit Recht iſt daher die Beſtimmung des Entwurfs von 1843., daß derjenige als gewerbsmäßiger Hehler an- geſehen werden ſoll, welcher das Verbrechen mehr als zweimal begangen s) Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1847. S. 14. 21.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/464>, abgerufen am 04.05.2024.