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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih.
zeichnet zu werden pflegte, und wohl hauptsächlich für die Holländischen
Dienste in Ostindien verübt wurde.

V. Ein zweites Verbrechen, dem Menschenraube nahe verwandt
und früher auch ausdrücklich darunter befaßt, ist in §. 205. normirt;
es kann aber nur an Kindern unter sechszehn Jahren begangen werden
(Kinderdiebstahl). -- Statt der "eigennützigen" (nicht "eigenmächtigen",
wie es in den Motiven von 1850. heißt) Zwecke und Beschäftigungen,
welche der Entwurf von 1847. §. 256. neben den unsittlichen auf-
geführt hatte, sind jetzt "gewinnsüchtige" genannt worden, -- wohl um
die beabsichtigte Erlangung von Vermögensvortheilen besonders hervor-
zuheben. -- Die Strafe ist Zuchthaus von zwei bis funfzehn Jahren,
während der eigentliche Menschenraub mit Zuchthaus von fünf bis
zwanzig Jahren bedroht ist.

VI. An diese Verbrechen schließt sich noch als ein verwandtes
Vergehen der Fall an, wenn minderjährige Personen ihren Eltern oder
Vormündern mit List oder Gewalt entführt werden. Im Sinne der
oben angeführten Bemerkungen der Revisionsschrift war in dem Ent-
wurf von 1847. auch hier die Absicht des Thäters näher bezeichnet; es
hieß nämlich:

§. 258. "Wer sich unbefugter Weise eines Menschen unter sechs-
zehn Jahren durch List oder Gewalt bemächtigt, um ihn mit Kränkung
der Erziehungsrechte seiner Eltern oder Vormünder, oder mit Gefährdung
seines Familienstandes, einem fremden Einflusse in Betreff der Erzie-
hung, des religiösen Bekenntnisses oder der Lebensbestimmung zu unter-
werfen, soll mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten oder mit Straf-
arbeit von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden."

Nach der gegenwärtigen Fassung wird nicht das sechszehnjährige
Alter, sondern die Minderjährigkeit des Entführten zum Thatbestande
verlangt, dieser ist also wesentlich erweitert worden; außerdem ist alles
Gewicht auf die Verletzung der väterlichen oder vormundschaftlichen Ge-
walt, die sich freilich im Wesentlichen als Kränkung der Erziehungs-
rechte darstellen wird, gelegt; die weiteren Absichten des Thäters sind
bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Die Strafe ist Gefängniß von
Einem bis zu fünf Jahren.

B. Die Entführung (crimen raptus).

Bei der Entführung im engeren Sinne wird ebenso wie bei dem
Menschenraube unterschieden, ob die Handlung als eine Gewaltthat ge-
gen die entführte Person begangen wird, oder ob sie nur als eine Ver-
letzung der Rechte der Eltern oder des Vormundes zu ahnden ist. Im
ersten Fall liegt ein Verbrechen vor, bei welchem es auf das Alter der
Entführten nicht ankommt, in dem andern ein Vergehen, welches nur

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih.
zeichnet zu werden pflegte, und wohl hauptſächlich für die Holländiſchen
Dienſte in Oſtindien verübt wurde.

V. Ein zweites Verbrechen, dem Menſchenraube nahe verwandt
und früher auch ausdrücklich darunter befaßt, iſt in §. 205. normirt;
es kann aber nur an Kindern unter ſechszehn Jahren begangen werden
(Kinderdiebſtahl). — Statt der „eigennützigen“ (nicht „eigenmächtigen“,
wie es in den Motiven von 1850. heißt) Zwecke und Beſchäftigungen,
welche der Entwurf von 1847. §. 256. neben den unſittlichen auf-
geführt hatte, ſind jetzt „gewinnſüchtige“ genannt worden, — wohl um
die beabſichtigte Erlangung von Vermögensvortheilen beſonders hervor-
zuheben. — Die Strafe iſt Zuchthaus von zwei bis funfzehn Jahren,
während der eigentliche Menſchenraub mit Zuchthaus von fünf bis
zwanzig Jahren bedroht iſt.

VI. An dieſe Verbrechen ſchließt ſich noch als ein verwandtes
Vergehen der Fall an, wenn minderjährige Perſonen ihren Eltern oder
Vormündern mit Liſt oder Gewalt entführt werden. Im Sinne der
oben angeführten Bemerkungen der Reviſionsſchrift war in dem Ent-
wurf von 1847. auch hier die Abſicht des Thäters näher bezeichnet; es
hieß nämlich:

§. 258. „Wer ſich unbefugter Weiſe eines Menſchen unter ſechs-
zehn Jahren durch Liſt oder Gewalt bemächtigt, um ihn mit Kränkung
der Erziehungsrechte ſeiner Eltern oder Vormünder, oder mit Gefährdung
ſeines Familienſtandes, einem fremden Einfluſſe in Betreff der Erzie-
hung, des religiöſen Bekenntniſſes oder der Lebensbeſtimmung zu unter-
werfen, ſoll mit Gefängniß nicht unter ſechs Monaten oder mit Straf-
arbeit von ſechs Monaten bis zu fünf Jahren beſtraft werden.“

Nach der gegenwärtigen Faſſung wird nicht das ſechszehnjährige
Alter, ſondern die Minderjährigkeit des Entführten zum Thatbeſtande
verlangt, dieſer iſt alſo weſentlich erweitert worden; außerdem iſt alles
Gewicht auf die Verletzung der väterlichen oder vormundſchaftlichen Ge-
walt, die ſich freilich im Weſentlichen als Kränkung der Erziehungs-
rechte darſtellen wird, gelegt; die weiteren Abſichten des Thäters ſind
bei der Strafzumeſſung zu berückſichtigen. Die Strafe iſt Gefängniß von
Einem bis zu fünf Jahren.

B. Die Entführung (crimen raptus).

Bei der Entführung im engeren Sinne wird ebenſo wie bei dem
Menſchenraube unterſchieden, ob die Handlung als eine Gewaltthat ge-
gen die entführte Perſon begangen wird, oder ob ſie nur als eine Ver-
letzung der Rechte der Eltern oder des Vormundes zu ahnden iſt. Im
erſten Fall liegt ein Verbrechen vor, bei welchem es auf das Alter der
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[394/0404] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih. zeichnet zu werden pflegte, und wohl hauptſächlich für die Holländiſchen Dienſte in Oſtindien verübt wurde. V. Ein zweites Verbrechen, dem Menſchenraube nahe verwandt und früher auch ausdrücklich darunter befaßt, iſt in §. 205. normirt; es kann aber nur an Kindern unter ſechszehn Jahren begangen werden (Kinderdiebſtahl). — Statt der „eigennützigen“ (nicht „eigenmächtigen“, wie es in den Motiven von 1850. heißt) Zwecke und Beſchäftigungen, welche der Entwurf von 1847. §. 256. neben den unſittlichen auf- geführt hatte, ſind jetzt „gewinnſüchtige“ genannt worden, — wohl um die beabſichtigte Erlangung von Vermögensvortheilen beſonders hervor- zuheben. — Die Strafe iſt Zuchthaus von zwei bis funfzehn Jahren, während der eigentliche Menſchenraub mit Zuchthaus von fünf bis zwanzig Jahren bedroht iſt. VI. An dieſe Verbrechen ſchließt ſich noch als ein verwandtes Vergehen der Fall an, wenn minderjährige Perſonen ihren Eltern oder Vormündern mit Liſt oder Gewalt entführt werden. Im Sinne der oben angeführten Bemerkungen der Reviſionsſchrift war in dem Ent- wurf von 1847. auch hier die Abſicht des Thäters näher bezeichnet; es hieß nämlich: §. 258. „Wer ſich unbefugter Weiſe eines Menſchen unter ſechs- zehn Jahren durch Liſt oder Gewalt bemächtigt, um ihn mit Kränkung der Erziehungsrechte ſeiner Eltern oder Vormünder, oder mit Gefährdung ſeines Familienſtandes, einem fremden Einfluſſe in Betreff der Erzie- hung, des religiöſen Bekenntniſſes oder der Lebensbeſtimmung zu unter- werfen, ſoll mit Gefängniß nicht unter ſechs Monaten oder mit Straf- arbeit von ſechs Monaten bis zu fünf Jahren beſtraft werden.“ Nach der gegenwärtigen Faſſung wird nicht das ſechszehnjährige Alter, ſondern die Minderjährigkeit des Entführten zum Thatbeſtande verlangt, dieſer iſt alſo weſentlich erweitert worden; außerdem iſt alles Gewicht auf die Verletzung der väterlichen oder vormundſchaftlichen Ge- walt, die ſich freilich im Weſentlichen als Kränkung der Erziehungs- rechte darſtellen wird, gelegt; die weiteren Abſichten des Thäters ſind bei der Strafzumeſſung zu berückſichtigen. Die Strafe iſt Gefängniß von Einem bis zu fünf Jahren. B. Die Entführung (crimen raptus). Bei der Entführung im engeren Sinne wird ebenſo wie bei dem Menſchenraube unterſchieden, ob die Handlung als eine Gewaltthat ge- gen die entführte Perſon begangen wird, oder ob ſie nur als eine Ver- letzung der Rechte der Eltern oder des Vormundes zu ahnden iſt. Im erſten Fall liegt ein Verbrechen vor, bei welchem es auf das Alter der Entführten nicht ankommt, in dem andern ein Vergehen, welches nur

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/404>, abgerufen am 23.11.2024.