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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 152-155. Beleidigung.
Realinjurien ins Volksleben übergegangen sei, und sich in allen neueren
Gesetzbüchern Deutschlands finde. m)

Diese letztere Ansicht blieb längere Zeit die überwiegende. Die
schweren Realinjurien des Landrechts wurden freilich gleich im Anfang
der Revision zu den Körperverletzungen gestellt, n) und auch die Auf-
fassung, daß bei der durch Thätlichkeiten verübten Ehrverletzung eine
ideale Konkurrenz anzunehmen sei, wurde wieder aufgegeben; o) aber der
Begriff der Realinjurien wurde doch beibehalten, und der Vorschlag des
Ministeriums für die Gesetz-Revision, sich in dieser Hinsicht dem Sy-
steme des Code penal anzuschließen, fand keinen Anklang. p) Erst der
Entwurf von 1850. hat diese Aenderung herbeigeführt, welche in den
Kommissionen beider Kammern gebilligt worden ist. q) Besser hätte man
es wohl bei der Fassung des Entwurfs von 1847. bewenden lassen;
was auch das ältere Deutsche Recht davon gehalten haben mag, der
gegenwärtigen Anschauungsweise entspricht es nicht, eine Maulschelle
oder ähnliche leichte Thätlichkeiten als Körperverletzungen oder Miß-
handlungen aufzufassen, und die Uebereinstimmung mit sämmtlichen
neueren Deutschen Strafgesetzbüchern r) wäre doch auch für einen Gewinn
zu achten gewesen. Wie überhaupt in neuerer Zeit bei den Ehrver-
letzungen, hat man auch in diesem Fall auf die Absicht bei der Hand-
lung ein zu geringes Gewicht gelegt.

I. Der Umstand, daß die einfache Beleidigung zu den Uebertre-
tungen gestellt ist, entbindet nicht von der Verpflichtung, schon hier auf
eine allgemeine Erörterung über den Begriff der Ehrverletzung und na-
mentlich der Beleidigung einzugehen. Daß es sich nun, wenn die
Verletzung der Ehre den Gegenstand bestimmter Delikte bildet, nicht um
die bürgerliche Ehre handelt, deren Wesen aus den Bestimmungen des
§. 12. deutlich hervorgeht, liegt auf der Hand. Die bürgerliche Ehre,

m) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. II.
S. 207-209. 214. 215. -- Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom
24. März 1841. -- Revision von 1845. II. S. 93-95.
n) Motive zum ersten Entwurf. III. 2. S. 51-56. -- Entwurf von
1830. §. 196.
o) Entwurf von 1843. §. 268. -- Entwurf von 1847. §. 195.
p) Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1846. S. 90.
q) Motive zu dem Entwurf von 1850. §. 141. 142. -- Bericht der
Kommission der zweiten Kammer
zu §. 141. 142. -- Bericht der Kom-
mission der ersten Kammer
zum 13. Titel.
r) Sächs. Criminalgesetzb. Art. 198. -- Würtemberg. Straf-
gesetzb.
Art. 284. Nr. 4. -- Hannov. Criminalgesetzb. Art. 264. -- Braun-
schweig. Criminalgesetzb.
§. 198. -- Hess. Strafgesetzb. Art. 308. 312.
-- Badisch. Strafgesetzb. §. 291. 293. 301. 320. -- Thüring. Straf-
gesetzb.
Art. 189. -- Ueber das ältere Deutsche Recht vgl. Wilda, Strafrecht der
Germanen. S. 775-84.

§§. 152-155. Beleidigung.
Realinjurien ins Volksleben übergegangen ſei, und ſich in allen neueren
Geſetzbüchern Deutſchlands finde. m)

Dieſe letztere Anſicht blieb längere Zeit die überwiegende. Die
ſchweren Realinjurien des Landrechts wurden freilich gleich im Anfang
der Reviſion zu den Körperverletzungen geſtellt, n) und auch die Auf-
faſſung, daß bei der durch Thätlichkeiten verübten Ehrverletzung eine
ideale Konkurrenz anzunehmen ſei, wurde wieder aufgegeben; o) aber der
Begriff der Realinjurien wurde doch beibehalten, und der Vorſchlag des
Miniſteriums für die Geſetz-Reviſion, ſich in dieſer Hinſicht dem Sy-
ſteme des Code pénal anzuſchließen, fand keinen Anklang. p) Erſt der
Entwurf von 1850. hat dieſe Aenderung herbeigeführt, welche in den
Kommiſſionen beider Kammern gebilligt worden iſt. q) Beſſer hätte man
es wohl bei der Faſſung des Entwurfs von 1847. bewenden laſſen;
was auch das ältere Deutſche Recht davon gehalten haben mag, der
gegenwärtigen Anſchauungsweiſe entſpricht es nicht, eine Maulſchelle
oder ähnliche leichte Thätlichkeiten als Körperverletzungen oder Miß-
handlungen aufzufaſſen, und die Uebereinſtimmung mit ſämmtlichen
neueren Deutſchen Strafgeſetzbüchern r) wäre doch auch für einen Gewinn
zu achten geweſen. Wie überhaupt in neuerer Zeit bei den Ehrver-
letzungen, hat man auch in dieſem Fall auf die Abſicht bei der Hand-
lung ein zu geringes Gewicht gelegt.

I. Der Umſtand, daß die einfache Beleidigung zu den Uebertre-
tungen geſtellt iſt, entbindet nicht von der Verpflichtung, ſchon hier auf
eine allgemeine Erörterung über den Begriff der Ehrverletzung und na-
mentlich der Beleidigung einzugehen. Daß es ſich nun, wenn die
Verletzung der Ehre den Gegenſtand beſtimmter Delikte bildet, nicht um
die bürgerliche Ehre handelt, deren Weſen aus den Beſtimmungen des
§. 12. deutlich hervorgeht, liegt auf der Hand. Die bürgerliche Ehre,

m) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II.
S. 207-209. 214. 215. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom
24. März 1841. — Reviſion von 1845. II. S. 93-95.
n) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 51-56. — Entwurf von
1830. §. 196.
o) Entwurf von 1843. §. 268. — Entwurf von 1847. §. 195.
p) Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 90.
q) Motive zu dem Entwurf von 1850. §. 141. 142. — Bericht der
Kommiſſion der zweiten Kammer
zu §. 141. 142. — Bericht der Kom-
miſſion der erſten Kammer
zum 13. Titel.
r) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 198. — Würtemberg. Straf-
geſetzb.
Art. 284. Nr. 4. — Hannov. Criminalgeſetzb. Art. 264. — Braun-
ſchweig. Criminalgeſetzb.
§. 198. — Heſſ. Strafgeſetzb. Art. 308. 312.
Badiſch. Strafgeſetzb. §. 291. 293. 301. 320. — Thüring. Straf-
geſetzb.
Art. 189. — Ueber das ältere Deutſche Recht vgl. Wilda, Strafrecht der
Germanen. S. 775-84.
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[323/0333] §§. 152-155. Beleidigung. Realinjurien ins Volksleben übergegangen ſei, und ſich in allen neueren Geſetzbüchern Deutſchlands finde. m) Dieſe letztere Anſicht blieb längere Zeit die überwiegende. Die ſchweren Realinjurien des Landrechts wurden freilich gleich im Anfang der Reviſion zu den Körperverletzungen geſtellt, n) und auch die Auf- faſſung, daß bei der durch Thätlichkeiten verübten Ehrverletzung eine ideale Konkurrenz anzunehmen ſei, wurde wieder aufgegeben; o) aber der Begriff der Realinjurien wurde doch beibehalten, und der Vorſchlag des Miniſteriums für die Geſetz-Reviſion, ſich in dieſer Hinſicht dem Sy- ſteme des Code pénal anzuſchließen, fand keinen Anklang. p) Erſt der Entwurf von 1850. hat dieſe Aenderung herbeigeführt, welche in den Kommiſſionen beider Kammern gebilligt worden iſt. q) Beſſer hätte man es wohl bei der Faſſung des Entwurfs von 1847. bewenden laſſen; was auch das ältere Deutſche Recht davon gehalten haben mag, der gegenwärtigen Anſchauungsweiſe entſpricht es nicht, eine Maulſchelle oder ähnliche leichte Thätlichkeiten als Körperverletzungen oder Miß- handlungen aufzufaſſen, und die Uebereinſtimmung mit ſämmtlichen neueren Deutſchen Strafgeſetzbüchern r) wäre doch auch für einen Gewinn zu achten geweſen. Wie überhaupt in neuerer Zeit bei den Ehrver- letzungen, hat man auch in dieſem Fall auf die Abſicht bei der Hand- lung ein zu geringes Gewicht gelegt. I. Der Umſtand, daß die einfache Beleidigung zu den Uebertre- tungen geſtellt iſt, entbindet nicht von der Verpflichtung, ſchon hier auf eine allgemeine Erörterung über den Begriff der Ehrverletzung und na- mentlich der Beleidigung einzugehen. Daß es ſich nun, wenn die Verletzung der Ehre den Gegenſtand beſtimmter Delikte bildet, nicht um die bürgerliche Ehre handelt, deren Weſen aus den Beſtimmungen des §. 12. deutlich hervorgeht, liegt auf der Hand. Die bürgerliche Ehre, m) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 207-209. 214. 215. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 24. März 1841. — Reviſion von 1845. II. S. 93-95. n) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 51-56. — Entwurf von 1830. §. 196. o) Entwurf von 1843. §. 268. — Entwurf von 1847. §. 195. p) Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 90. q) Motive zu dem Entwurf von 1850. §. 141. 142. — Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 141. 142. — Bericht der Kom- miſſion der erſten Kammer zum 13. Titel. r) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 198. — Würtemberg. Straf- geſetzb. Art. 284. Nr. 4. — Hannov. Criminalgeſetzb. Art. 264. — Braun- ſchweig. Criminalgeſetzb. §. 198. — Heſſ. Strafgeſetzb. Art. 308. 312. — Badiſch. Strafgeſetzb. §. 291. 293. 301. 320. — Thüring. Straf- geſetzb. Art. 189. — Ueber das ältere Deutſche Recht vgl. Wilda, Strafrecht der Germanen. S. 775-84.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/333>, abgerufen am 24.11.2024.