Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. VII. Münzverbrechen u. Münzvergehen.
die Absicht, die Münze in Umlauf zu setzen, nicht als ein Requisit des
Thatbestandes aufführt, die Jurisprudenz unbedenklich annimmt, daß
eine betrügerische Absicht vorliegen müsse. c) Wenn jene spezielle Absicht
im Thatbestande nicht speziell aufgeführt wird, so geschieht es nicht, um
die bloße Thatsache des Nachmachens schon für hinreichend zu erklären,
sondern nur um die unrichtige Vorstellung zu verhindern, als müsse eine
solche bestimmte Absicht noch besonders nachgewiesen werden, während
sie in den meisten Fällen aus der bloßen Anfertigung des falschen Gel-
des selbst schon hervorgeht."

Auch in der Kommission der ersten Kammer hat laut des Berichts
der Inhalt des siebenten Titels nur die Aeußerung hervorgerufen, daß
bei dem Münzverbrechen stets der kriminalrechtliche Dolus vorausgesetzt
werde. In der That bedurfte es auch keiner Aufstellung einer beson-
deren Vermuthung, seitdem mit dem veränderten Gerichtsverfahren die
früheren Regeln über die Beweisführung ihre Bedeutung verloren haben.

Die Münzfälschung setzt also die verbrecherische Absicht voraus,
aber nicht, um vollendet zu sein, die geschehene Verbreitung des falschen
Geldes.

VII. Die Strafe der Münzfälschung ist Zuchthaus von fünf bis
zu funfzehn Jahren, so wie Stellung unter Polizei-Aufsicht. Diese Strafe
ist sehr milde im Vergleich mit der anderer Gesetzbücher; der Code
penal (Art. 132.)
z. B. schreibt die Todesstrafe und die Vermögenskon-
fiskation vor, und das Gesetz vom 28. April 1832. hat die lebensläng-
liche Zwangsarbeit an deren Stelle gesetzt. Auch läßt das Gesetzbuch
dem richterlichen Ermessen einen hinreichenden Spielraum, um die ver-
schiedenen Grade der Verschuldung, der Gemeingefährlichkeit u. s. w. bei
der Strafzumessung gehörig zu berücksichtigen.

VIII. Der Münzfälschung ist es gleichgestellt, wenn jemand fal-
sches oder verfälschtes Geld an sich bringt und entweder in Umlauf setzt
oder zum Zweck der Verbreitung aus dem Auslande einführt (§. 122.).
Eine bestimmte Beziehung zu der Fälschung gehört also nicht zum That-
bestande dieses Verbrechens, obgleich sie wohl gewöhnlich stattfinden
wird; es wird nur vorausgesetzt,

1) daß jemand sich das falsche oder verfälschte Geld, wissend, daß
es falsch oder verfälscht ist, verschafft, es an sich bringt, und
2) daß er es in Umlauf setzt oder zum Zweck der Verbreitung
einführt.

IX. Von dem so eben angeführten Verbrechen wesentlich verschie-

c) cf. Chauveau et Helie Faustin, Theorie du Code penal, II.
chap. XX. p.
58. 59.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VII. Münzverbrechen u. Münzvergehen.
die Abſicht, die Münze in Umlauf zu ſetzen, nicht als ein Requiſit des
Thatbeſtandes aufführt, die Jurisprudenz unbedenklich annimmt, daß
eine betrügeriſche Abſicht vorliegen müſſe. c) Wenn jene ſpezielle Abſicht
im Thatbeſtande nicht ſpeziell aufgeführt wird, ſo geſchieht es nicht, um
die bloße Thatſache des Nachmachens ſchon für hinreichend zu erklären,
ſondern nur um die unrichtige Vorſtellung zu verhindern, als müſſe eine
ſolche beſtimmte Abſicht noch beſonders nachgewieſen werden, während
ſie in den meiſten Fällen aus der bloßen Anfertigung des falſchen Gel-
des ſelbſt ſchon hervorgeht.“

Auch in der Kommiſſion der erſten Kammer hat laut des Berichts
der Inhalt des ſiebenten Titels nur die Aeußerung hervorgerufen, daß
bei dem Münzverbrechen ſtets der kriminalrechtliche Dolus vorausgeſetzt
werde. In der That bedurfte es auch keiner Aufſtellung einer beſon-
deren Vermuthung, ſeitdem mit dem veränderten Gerichtsverfahren die
früheren Regeln über die Beweisführung ihre Bedeutung verloren haben.

Die Münzfälſchung ſetzt alſo die verbrecheriſche Abſicht voraus,
aber nicht, um vollendet zu ſein, die geſchehene Verbreitung des falſchen
Geldes.

VII. Die Strafe der Münzfälſchung iſt Zuchthaus von fünf bis
zu funfzehn Jahren, ſo wie Stellung unter Polizei-Aufſicht. Dieſe Strafe
iſt ſehr milde im Vergleich mit der anderer Geſetzbücher; der Code
pénal (Art. 132.)
z. B. ſchreibt die Todesſtrafe und die Vermögenskon-
fiskation vor, und das Geſetz vom 28. April 1832. hat die lebensläng-
liche Zwangsarbeit an deren Stelle geſetzt. Auch läßt das Geſetzbuch
dem richterlichen Ermeſſen einen hinreichenden Spielraum, um die ver-
ſchiedenen Grade der Verſchuldung, der Gemeingefährlichkeit u. ſ. w. bei
der Strafzumeſſung gehörig zu berückſichtigen.

VIII. Der Münzfälſchung iſt es gleichgeſtellt, wenn jemand fal-
ſches oder verfälſchtes Geld an ſich bringt und entweder in Umlauf ſetzt
oder zum Zweck der Verbreitung aus dem Auslande einführt (§. 122.).
Eine beſtimmte Beziehung zu der Fälſchung gehört alſo nicht zum That-
beſtande dieſes Verbrechens, obgleich ſie wohl gewöhnlich ſtattfinden
wird; es wird nur vorausgeſetzt,

1) daß jemand ſich das falſche oder verfälſchte Geld, wiſſend, daß
es falſch oder verfälſcht iſt, verſchafft, es an ſich bringt, und
2) daß er es in Umlauf ſetzt oder zum Zweck der Verbreitung
einführt.

IX. Von dem ſo eben angeführten Verbrechen weſentlich verſchie-

c) cf. Chauveau et Hélie Faustin, Théorie du Code pénal, II.
chap. XX. p.
58. 59.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0298" n="288"/><fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. &#xA75B;c. Tit. VII.           Münzverbrechen u. Münzvergehen.</fw><lb/>
die Ab&#x017F;icht, die Münze in Umlauf zu          &#x017F;etzen, nicht als ein Requi&#x017F;it des<lb/>
Thatbe&#x017F;tandes          aufführt, die Jurisprudenz unbedenklich annimmt, daß<lb/>
eine betrügeri&#x017F;che          Ab&#x017F;icht vorliegen mü&#x017F;&#x017F;e. <note place="foot" n="c)"><hi rendition="#aq">cf. <hi rendition="#g">Chauveau et Hélie Faustin</hi>,            Théorie du Code pénal, II.<lb/>
chap. XX. p.</hi> 58. 59.</note>          Wenn jene &#x017F;pezielle Ab&#x017F;icht<lb/>
im Thatbe&#x017F;tande nicht          &#x017F;peziell aufgeführt wird, &#x017F;o ge&#x017F;chieht es nicht,          um<lb/>
die bloße That&#x017F;ache des Nachmachens &#x017F;chon für hinreichend zu          erklären,<lb/>
&#x017F;ondern nur um die unrichtige Vor&#x017F;tellung zu          verhindern, als mü&#x017F;&#x017F;e eine<lb/>
&#x017F;olche be&#x017F;timmte          Ab&#x017F;icht noch be&#x017F;onders nachgewie&#x017F;en werden,          während<lb/>
&#x017F;ie in den mei&#x017F;ten Fällen aus der bloßen Anfertigung des          fal&#x017F;chen Gel-<lb/>
des &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chon          hervorgeht.&#x201C;</p><lb/>
                <p>Auch in der Kommi&#x017F;&#x017F;ion der er&#x017F;ten Kammer hat laut des          Berichts<lb/>
der Inhalt des &#x017F;iebenten Titels nur die Aeußerung hervorgerufen,          daß<lb/>
bei dem Münzverbrechen &#x017F;tets der kriminalrechtliche Dolus          vorausge&#x017F;etzt<lb/>
werde. In der That bedurfte es auch keiner          Auf&#x017F;tellung einer be&#x017F;on-<lb/>
deren Vermuthung, &#x017F;eitdem mit          dem veränderten Gerichtsverfahren die<lb/>
früheren Regeln über die Beweisführung ihre          Bedeutung verloren haben.</p><lb/>
                <p>Die Münzfäl&#x017F;chung &#x017F;etzt al&#x017F;o die          verbrecheri&#x017F;che Ab&#x017F;icht voraus,<lb/>
aber nicht, um vollendet zu          &#x017F;ein, die ge&#x017F;chehene Verbreitung des          fal&#x017F;chen<lb/>
Geldes.</p><lb/>
                <p>VII. Die Strafe der Münzfäl&#x017F;chung i&#x017F;t Zuchthaus von fünf bis<lb/>
zu          funfzehn Jahren, &#x017F;o wie Stellung unter Polizei-Auf&#x017F;icht.          Die&#x017F;e Strafe<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ehr milde im Vergleich mit der          anderer Ge&#x017F;etzbücher; der <hi rendition="#aq">Code<lb/>
pénal (Art.           132.)</hi> z. B. &#x017F;chreibt die Todes&#x017F;trafe und die          Vermögenskon-<lb/>
fiskation vor, und das Ge&#x017F;etz vom 28. April 1832. hat die          lebensläng-<lb/>
liche Zwangsarbeit an deren Stelle ge&#x017F;etzt. Auch läßt das          Ge&#x017F;etzbuch<lb/>
dem richterlichen Erme&#x017F;&#x017F;en einen          hinreichenden Spielraum, um die ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Grade der          Ver&#x017F;chuldung, der Gemeingefährlichkeit u. &#x017F;. w. bei<lb/>
der          Strafzume&#x017F;&#x017F;ung gehörig zu berück&#x017F;ichtigen.</p><lb/>
                <p>VIII. Der Münzfäl&#x017F;chung i&#x017F;t es gleichge&#x017F;tellt, wenn          jemand fal-<lb/>
&#x017F;ches oder verfäl&#x017F;chtes Geld an &#x017F;ich          bringt und entweder in Umlauf &#x017F;etzt<lb/>
oder zum Zweck der Verbreitung aus dem          Auslande einführt (§. 122.).<lb/>
Eine be&#x017F;timmte Beziehung zu der          Fäl&#x017F;chung gehört al&#x017F;o nicht zum That-<lb/>
be&#x017F;tande          die&#x017F;es Verbrechens, obgleich &#x017F;ie wohl gewöhnlich          &#x017F;tattfinden<lb/>
wird; es wird nur vorausge&#x017F;etzt,</p><lb/>
                <list>
                  <item>1) daß jemand &#x017F;ich das fal&#x017F;che oder verfäl&#x017F;chte           Geld, wi&#x017F;&#x017F;end, daß<lb/>
es fal&#x017F;ch oder           verfäl&#x017F;cht i&#x017F;t, ver&#x017F;chafft, es an &#x017F;ich bringt,           und</item><lb/>
                  <item>2) daß er es in Umlauf &#x017F;etzt oder zum Zweck der           Verbreitung<lb/>
einführt.</item>
                </list><lb/>
                <p>IX. Von dem &#x017F;o eben angeführten Verbrechen we&#x017F;entlich           ver&#x017F;chie-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0298] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. VII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. die Abſicht, die Münze in Umlauf zu ſetzen, nicht als ein Requiſit des Thatbeſtandes aufführt, die Jurisprudenz unbedenklich annimmt, daß eine betrügeriſche Abſicht vorliegen müſſe. c) Wenn jene ſpezielle Abſicht im Thatbeſtande nicht ſpeziell aufgeführt wird, ſo geſchieht es nicht, um die bloße Thatſache des Nachmachens ſchon für hinreichend zu erklären, ſondern nur um die unrichtige Vorſtellung zu verhindern, als müſſe eine ſolche beſtimmte Abſicht noch beſonders nachgewieſen werden, während ſie in den meiſten Fällen aus der bloßen Anfertigung des falſchen Gel- des ſelbſt ſchon hervorgeht.“ Auch in der Kommiſſion der erſten Kammer hat laut des Berichts der Inhalt des ſiebenten Titels nur die Aeußerung hervorgerufen, daß bei dem Münzverbrechen ſtets der kriminalrechtliche Dolus vorausgeſetzt werde. In der That bedurfte es auch keiner Aufſtellung einer beſon- deren Vermuthung, ſeitdem mit dem veränderten Gerichtsverfahren die früheren Regeln über die Beweisführung ihre Bedeutung verloren haben. Die Münzfälſchung ſetzt alſo die verbrecheriſche Abſicht voraus, aber nicht, um vollendet zu ſein, die geſchehene Verbreitung des falſchen Geldes. VII. Die Strafe der Münzfälſchung iſt Zuchthaus von fünf bis zu funfzehn Jahren, ſo wie Stellung unter Polizei-Aufſicht. Dieſe Strafe iſt ſehr milde im Vergleich mit der anderer Geſetzbücher; der Code pénal (Art. 132.) z. B. ſchreibt die Todesſtrafe und die Vermögenskon- fiskation vor, und das Geſetz vom 28. April 1832. hat die lebensläng- liche Zwangsarbeit an deren Stelle geſetzt. Auch läßt das Geſetzbuch dem richterlichen Ermeſſen einen hinreichenden Spielraum, um die ver- ſchiedenen Grade der Verſchuldung, der Gemeingefährlichkeit u. ſ. w. bei der Strafzumeſſung gehörig zu berückſichtigen. VIII. Der Münzfälſchung iſt es gleichgeſtellt, wenn jemand fal- ſches oder verfälſchtes Geld an ſich bringt und entweder in Umlauf ſetzt oder zum Zweck der Verbreitung aus dem Auslande einführt (§. 122.). Eine beſtimmte Beziehung zu der Fälſchung gehört alſo nicht zum That- beſtande dieſes Verbrechens, obgleich ſie wohl gewöhnlich ſtattfinden wird; es wird nur vorausgeſetzt, 1) daß jemand ſich das falſche oder verfälſchte Geld, wiſſend, daß es falſch oder verfälſcht iſt, verſchafft, es an ſich bringt, und 2) daß er es in Umlauf ſetzt oder zum Zweck der Verbreitung einführt. IX. Von dem ſo eben angeführten Verbrechen weſentlich verſchie- c) cf. Chauveau et Hélie Faustin, Théorie du Code pénal, II. chap. XX. p. 58. 59.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/298
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/298>, abgerufen am 28.11.2024.