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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. I. Bestraf. d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. III. V. d. Theilnahme.
vermag, das Verbrechen zu hintertreiben suchen, soweit es ohne seine
eigene oder eines Dritten beträchtliche Gefahr geschehen kann. Hat er
dieß unterlassen und ist er einer zuverlässigen Wissenschaft des beab-
sichtigten Verbrechens überführt worden, so ist er zum Schadenersatz
verpflichtet und soll außerdem nach Verhältniß seiner Bosheit oder Fahr-
lässigkeit bestraft werden.

Diese allerdings sehr wenig bestimmten Vorschriften suchte man bei
der Revision schärfer zu fassen und auf das richtige Maaß zurückzufüh-
ren, verwickelte sich aber dabei in eine Kasuistik, welche der angemesse-
nen Behandlung des Gegenstandes entschieden Abbruch that. Na-
mentlich stellte man für das Verhalten der Eltern und anderer Respekts-
personen besondere Regeln auf, unterschied zwischen Vorsatz und Fahr-
lässigkeit, und nahm von der allgemeinen Verpflichtung zur Anzeige
wieder die näheren Verwandten und die Ehegatten aus. y)

Das Ministerium für die Gesetz-Revision faßte bei wiederholter
Prüfung dieses Gegenstandes die weitläuftigen Bestimmungen der frü-
heren Entwürfe in wenigen einfachen Vorschriften zusammen, indem es
dabei dem Code penal, der nur bei den eigentlichen Staatsverbrechen
eine Pflicht zur Anzeige kennt, und den neueren Deutschen Gesetzgebun-
gen folgte. z) Die Verpflichtung, selbständig und mit eigener Kraft
einem beabsichtigten Verbrechen entgegenzutreten, wurde als eine dem
Gebiet der Sittlichkeit angehörende ganz bei Seite gelassen; die Pflicht
zur Anzeige nur auf gewisse schwere Verbrechen beschränkt, und nur un-
ter solchen Voraussetzungen geboten, unter denen die Erfüllung nach
Billigkeit verlangt werden kann. Die Strafe endlich ward, um dem
Richter die Berücksichtigung der sehr verschiedenartigen Verhältnisse mög-
lich zu machen, ohne ein Minimum bis zu fünf Jahren Gefängniß oder
Strafarbeit festgesetzt. a)

Die Staatsraths-Kommission schloß sich mit einer unerheblichen
Aenderung diesen Vorschlägen an, b) welche in den Entwurf von 1847.
§. 49. aufgenommen wurden und von da in das Strafgesetzbuch über-
gegangen sind.


y) Motive zum ersten Entwurf I. S. 132-36. -- Entwurf von
1830. §. 64. 65. -- Entwurf von 1836. §. 74. 75. -- Entwurf von 1843.
§. 75. 76.
z) Code penal. Art. 103-108. -- Sächs. Criminalgesetzb. Art. 39.
-- Württemb. Strafgesetzbuch Art. 93. -- Hannov. Criminalgesetzb.
Art. 67. Nr. 4. 5. Art. 68. Nr. 4. -- Braunschweig. Criminalgesetzbuch
§. 48. -- Hessisch. Strafgesetzbuch Art. 92. -- Badisch. Strafgesetzb.
§. 146. 147. -- Thüringisch. Strafgesetzbuch Art. 38-40.
a) Revidirter Entwurf von 1845. §. 56. -- Revision von 1845. I.
S. 168-73.
b) Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1846. S. 39.

Th. I. Beſtraf. d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. III. V. d. Theilnahme.
vermag, das Verbrechen zu hintertreiben ſuchen, ſoweit es ohne ſeine
eigene oder eines Dritten beträchtliche Gefahr geſchehen kann. Hat er
dieß unterlaſſen und iſt er einer zuverläſſigen Wiſſenſchaft des beab-
ſichtigten Verbrechens überführt worden, ſo iſt er zum Schadenerſatz
verpflichtet und ſoll außerdem nach Verhältniß ſeiner Bosheit oder Fahr-
läſſigkeit beſtraft werden.

Dieſe allerdings ſehr wenig beſtimmten Vorſchriften ſuchte man bei
der Reviſion ſchärfer zu faſſen und auf das richtige Maaß zurückzufüh-
ren, verwickelte ſich aber dabei in eine Kaſuiſtik, welche der angemeſſe-
nen Behandlung des Gegenſtandes entſchieden Abbruch that. Na-
mentlich ſtellte man für das Verhalten der Eltern und anderer Reſpekts-
perſonen beſondere Regeln auf, unterſchied zwiſchen Vorſatz und Fahr-
läſſigkeit, und nahm von der allgemeinen Verpflichtung zur Anzeige
wieder die näheren Verwandten und die Ehegatten aus. y)

Das Miniſterium für die Geſetz-Reviſion faßte bei wiederholter
Prüfung dieſes Gegenſtandes die weitläuftigen Beſtimmungen der frü-
heren Entwürfe in wenigen einfachen Vorſchriften zuſammen, indem es
dabei dem Code pénal, der nur bei den eigentlichen Staatsverbrechen
eine Pflicht zur Anzeige kennt, und den neueren Deutſchen Geſetzgebun-
gen folgte. z) Die Verpflichtung, ſelbſtändig und mit eigener Kraft
einem beabſichtigten Verbrechen entgegenzutreten, wurde als eine dem
Gebiet der Sittlichkeit angehörende ganz bei Seite gelaſſen; die Pflicht
zur Anzeige nur auf gewiſſe ſchwere Verbrechen beſchränkt, und nur un-
ter ſolchen Vorausſetzungen geboten, unter denen die Erfüllung nach
Billigkeit verlangt werden kann. Die Strafe endlich ward, um dem
Richter die Berückſichtigung der ſehr verſchiedenartigen Verhältniſſe mög-
lich zu machen, ohne ein Minimum bis zu fünf Jahren Gefängniß oder
Strafarbeit feſtgeſetzt. a)

Die Staatsraths-Kommiſſion ſchloß ſich mit einer unerheblichen
Aenderung dieſen Vorſchlägen an, b) welche in den Entwurf von 1847.
§. 49. aufgenommen wurden und von da in das Strafgeſetzbuch über-
gegangen ſind.


y) Motive zum erſten Entwurf I. S. 132-36. — Entwurf von
1830. §. 64. 65. — Entwurf von 1836. §. 74. 75. — Entwurf von 1843.
§. 75. 76.
z) Code pénal. Art. 103-108. — Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 39.
Württemb. Strafgeſetzbuch Art. 93. — Hannov. Criminalgeſetzb.
Art. 67. Nr. 4. 5. Art. 68. Nr. 4. — Braunſchweig. Criminalgeſetzbuch
§. 48. — Heſſiſch. Strafgeſetzbuch Art. 92. — Badiſch. Strafgeſetzb.
§. 146. 147. — Thüringiſch. Strafgeſetzbuch Art. 38-40.
a) Revidirter Entwurf von 1845. §. 56. — Reviſion von 1845. I.
S. 168-73.
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[172/0182] Th. I. Beſtraf. d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. III. V. d. Theilnahme. vermag, das Verbrechen zu hintertreiben ſuchen, ſoweit es ohne ſeine eigene oder eines Dritten beträchtliche Gefahr geſchehen kann. Hat er dieß unterlaſſen und iſt er einer zuverläſſigen Wiſſenſchaft des beab- ſichtigten Verbrechens überführt worden, ſo iſt er zum Schadenerſatz verpflichtet und ſoll außerdem nach Verhältniß ſeiner Bosheit oder Fahr- läſſigkeit beſtraft werden. Dieſe allerdings ſehr wenig beſtimmten Vorſchriften ſuchte man bei der Reviſion ſchärfer zu faſſen und auf das richtige Maaß zurückzufüh- ren, verwickelte ſich aber dabei in eine Kaſuiſtik, welche der angemeſſe- nen Behandlung des Gegenſtandes entſchieden Abbruch that. Na- mentlich ſtellte man für das Verhalten der Eltern und anderer Reſpekts- perſonen beſondere Regeln auf, unterſchied zwiſchen Vorſatz und Fahr- läſſigkeit, und nahm von der allgemeinen Verpflichtung zur Anzeige wieder die näheren Verwandten und die Ehegatten aus. y) Das Miniſterium für die Geſetz-Reviſion faßte bei wiederholter Prüfung dieſes Gegenſtandes die weitläuftigen Beſtimmungen der frü- heren Entwürfe in wenigen einfachen Vorſchriften zuſammen, indem es dabei dem Code pénal, der nur bei den eigentlichen Staatsverbrechen eine Pflicht zur Anzeige kennt, und den neueren Deutſchen Geſetzgebun- gen folgte. z) Die Verpflichtung, ſelbſtändig und mit eigener Kraft einem beabſichtigten Verbrechen entgegenzutreten, wurde als eine dem Gebiet der Sittlichkeit angehörende ganz bei Seite gelaſſen; die Pflicht zur Anzeige nur auf gewiſſe ſchwere Verbrechen beſchränkt, und nur un- ter ſolchen Vorausſetzungen geboten, unter denen die Erfüllung nach Billigkeit verlangt werden kann. Die Strafe endlich ward, um dem Richter die Berückſichtigung der ſehr verſchiedenartigen Verhältniſſe mög- lich zu machen, ohne ein Minimum bis zu fünf Jahren Gefängniß oder Strafarbeit feſtgeſetzt. a) Die Staatsraths-Kommiſſion ſchloß ſich mit einer unerheblichen Aenderung dieſen Vorſchlägen an, b) welche in den Entwurf von 1847. §. 49. aufgenommen wurden und von da in das Strafgeſetzbuch über- gegangen ſind. y) Motive zum erſten Entwurf I. S. 132-36. — Entwurf von 1830. §. 64. 65. — Entwurf von 1836. §. 74. 75. — Entwurf von 1843. §. 75. 76. z) Code pénal. Art. 103-108. — Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 39. — Württemb. Strafgeſetzbuch Art. 93. — Hannov. Criminalgeſetzb. Art. 67. Nr. 4. 5. Art. 68. Nr. 4. — Braunſchweig. Criminalgeſetzbuch §. 48. — Heſſiſch. Strafgeſetzbuch Art. 92. — Badiſch. Strafgeſetzb. §. 146. 147. — Thüringiſch. Strafgeſetzbuch Art. 38-40. a) Revidirter Entwurf von 1845. §. 56. — Reviſion von 1845. I. S. 168-73. b) Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 39.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/182>, abgerufen am 25.11.2024.