Th. I. Bestraf. d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. III. V. d. Theilnahme.
bei den die That selbst unterstützenden Handlungen muß die Beihülfe wissentlich, d. h. in dem Bewußtsein, wozu sie dienen soll, geleistet worden sein. -- Ein strafbarer Versuch der Beihülfe läßt sich nicht wohl denken, schon weil sie nicht als Anfang der Ausführung vorkommen wird; nur muß man sich hüten, damit die Theilnahme an dem straf- baren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens zu verwechseln.
I. Das Strafgesetzbuch handelt an dieser Stelle nur von den Fällen der Beihülfe, welche vor oder bei Verübung der That geleistet wird. Dagegen ist die der That nachfolgende Beihülfe als Begün- stigung ausgeschieden, und zum Gegenstande besonderer Bestimmungen gemacht worden (§. 37. 38.). Ebenso verhält es sich mit der s. g. ne- gativen Beihülfe vermittelst nicht geschehener Anzeige eines beabsichtig- ten Verbrechens (§. 39.).
II. Auch die sonst gebräuchlichen Eintheilungen der Beihülfe in die vorhergehende und gleichzeitige, die verabredete und nicht verabre- dete u. s. w. haben keine Erwähnung gefunden, und die Berücksichtigung der besonders ausgezeichneten Arten für die Strafzumessung ist der Er- wägung des einzelnen Falles überlassen. Nur der Gegensatz der wesent- lichen und nicht wesentlichen Beihülfe ist von besonderer Wichtigkeit für das Strafgesetzbuch, weil im folgenden Paragraphen darauf eine Straf- bestimmung begründet wird. In den früheren Entwürfen suchte man den Begriff der wesentlichen Beihülfe durch die Auszeichnung des Haupt- gehülfen festzustellen; namentlich bestimmte der Entwurf von 1843. §. 63. "Mit der auf das Verbrechen im Gesetze angedrohten Strafe werden belegt: -- -- 3) jeder, der zur Ausführung des Verbrechens und um diese zu befördern, eine solche Hülfe ge- leistet hat, ohne welche unter den vorhandenen Umständen das Verbrechen nicht hätte begangen werden können (Hauptgehülfe)." Später begnügte man sich, statt eine Definition aufzustellen, den Richter auf den wichtigen Unterschied zwischen der wesentlichen und nicht we- sentlichen Beihülfe hinzuweisen, und ihm für den einzelnen Fall die Entscheidung zu überlassen, ob die Eine oder die Andere anzunehmen sei. Für den Fall der nicht wesentlichen Beihülfe wurde dann eine Strafermäßigung vorgeschrieben. g) Darauf beruht die Fassung des revidirten Entwurfs von 1845.
§. 47. "Wenn die zu einem Verbrechen wissentlich geleistete Hülfe nicht wesentlich zur Begehung desselben beigetragen hat, so sollen bei der Anwendung des Strafgesetzes auf den Gehülfen folgende Einschränkungen eintreten" u. s. w.
g)Revision von 1845. I. S. 151-56.
Th. I. Beſtraf. d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. III. V. d. Theilnahme.
bei den die That ſelbſt unterſtützenden Handlungen muß die Beihülfe wiſſentlich, d. h. in dem Bewußtſein, wozu ſie dienen ſoll, geleiſtet worden ſein. — Ein ſtrafbarer Verſuch der Beihülfe läßt ſich nicht wohl denken, ſchon weil ſie nicht als Anfang der Ausführung vorkommen wird; nur muß man ſich hüten, damit die Theilnahme an dem ſtraf- baren Verſuch eines Verbrechens oder Vergehens zu verwechſeln.
I. Das Strafgeſetzbuch handelt an dieſer Stelle nur von den Fällen der Beihülfe, welche vor oder bei Verübung der That geleiſtet wird. Dagegen iſt die der That nachfolgende Beihülfe als Begün- ſtigung ausgeſchieden, und zum Gegenſtande beſonderer Beſtimmungen gemacht worden (§. 37. 38.). Ebenſo verhält es ſich mit der ſ. g. ne- gativen Beihülfe vermittelſt nicht geſchehener Anzeige eines beabſichtig- ten Verbrechens (§. 39.).
II. Auch die ſonſt gebräuchlichen Eintheilungen der Beihülfe in die vorhergehende und gleichzeitige, die verabredete und nicht verabre- dete u. ſ. w. haben keine Erwähnung gefunden, und die Berückſichtigung der beſonders ausgezeichneten Arten für die Strafzumeſſung iſt der Er- wägung des einzelnen Falles überlaſſen. Nur der Gegenſatz der weſent- lichen und nicht weſentlichen Beihülfe iſt von beſonderer Wichtigkeit für das Strafgeſetzbuch, weil im folgenden Paragraphen darauf eine Straf- beſtimmung begründet wird. In den früheren Entwürfen ſuchte man den Begriff der weſentlichen Beihülfe durch die Auszeichnung des Haupt- gehülfen feſtzuſtellen; namentlich beſtimmte der Entwurf von 1843. §. 63. „Mit der auf das Verbrechen im Geſetze angedrohten Strafe werden belegt: — — 3) jeder, der zur Ausführung des Verbrechens und um dieſe zu befördern, eine ſolche Hülfe ge- leiſtet hat, ohne welche unter den vorhandenen Umſtänden das Verbrechen nicht hätte begangen werden können (Hauptgehülfe).“ Später begnügte man ſich, ſtatt eine Definition aufzuſtellen, den Richter auf den wichtigen Unterſchied zwiſchen der weſentlichen und nicht we- ſentlichen Beihülfe hinzuweiſen, und ihm für den einzelnen Fall die Entſcheidung zu überlaſſen, ob die Eine oder die Andere anzunehmen ſei. Für den Fall der nicht weſentlichen Beihülfe wurde dann eine Strafermäßigung vorgeſchrieben. g) Darauf beruht die Faſſung des revidirten Entwurfs von 1845.
§. 47. „Wenn die zu einem Verbrechen wiſſentlich geleiſtete Hülfe nicht weſentlich zur Begehung deſſelben beigetragen hat, ſo ſollen bei der Anwendung des Strafgeſetzes auf den Gehülfen folgende Einſchränkungen eintreten“ u. ſ. w.
g)Reviſion von 1845. I. S. 151-56.
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bei den die That ſelbſt unterſtützenden Handlungen muß die Beihülfe
wiſſentlich, d. h. in dem Bewußtſein, wozu ſie dienen ſoll, geleiſtet
worden ſein. — Ein ſtrafbarer Verſuch der Beihülfe läßt ſich nicht wohl
denken, ſchon weil ſie nicht als Anfang der Ausführung vorkommen
wird; nur muß man ſich hüten, damit die Theilnahme an dem ſtraf-
baren Verſuch eines Verbrechens oder Vergehens zu verwechſeln.
I. Das Strafgeſetzbuch handelt an dieſer Stelle nur von den
Fällen der Beihülfe, welche vor oder bei Verübung der That geleiſtet
wird. Dagegen iſt die der That nachfolgende Beihülfe als Begün-
ſtigung ausgeſchieden, und zum Gegenſtande beſonderer Beſtimmungen
gemacht worden (§. 37. 38.). Ebenſo verhält es ſich mit der ſ. g. ne-
gativen Beihülfe vermittelſt nicht geſchehener Anzeige eines beabſichtig-
ten Verbrechens (§. 39.).
II. Auch die ſonſt gebräuchlichen Eintheilungen der Beihülfe in
die vorhergehende und gleichzeitige, die verabredete und nicht verabre-
dete u. ſ. w. haben keine Erwähnung gefunden, und die Berückſichtigung
der beſonders ausgezeichneten Arten für die Strafzumeſſung iſt der Er-
wägung des einzelnen Falles überlaſſen. Nur der Gegenſatz der weſent-
lichen und nicht weſentlichen Beihülfe iſt von beſonderer Wichtigkeit für
das Strafgeſetzbuch, weil im folgenden Paragraphen darauf eine Straf-
beſtimmung begründet wird. In den früheren Entwürfen ſuchte man
den Begriff der weſentlichen Beihülfe durch die Auszeichnung des Haupt-
gehülfen feſtzuſtellen; namentlich beſtimmte der Entwurf von 1843.
§. 63. „Mit der auf das Verbrechen im Geſetze angedrohten
Strafe werden belegt: — — 3) jeder, der zur Ausführung des
Verbrechens und um dieſe zu befördern, eine ſolche Hülfe ge-
leiſtet hat, ohne welche unter den vorhandenen Umſtänden das
Verbrechen nicht hätte begangen werden können (Hauptgehülfe).“
Später begnügte man ſich, ſtatt eine Definition aufzuſtellen, den Richter
auf den wichtigen Unterſchied zwiſchen der weſentlichen und nicht we-
ſentlichen Beihülfe hinzuweiſen, und ihm für den einzelnen Fall die
Entſcheidung zu überlaſſen, ob die Eine oder die Andere anzunehmen
ſei. Für den Fall der nicht weſentlichen Beihülfe wurde dann eine
Strafermäßigung vorgeſchrieben. g) Darauf beruht die Faſſung des
revidirten Entwurfs von 1845.
§. 47. „Wenn die zu einem Verbrechen wiſſentlich geleiſtete
Hülfe nicht weſentlich zur Begehung deſſelben beigetragen hat,
ſo ſollen bei der Anwendung des Strafgeſetzes auf den Gehülfen
folgende Einſchränkungen eintreten“ u. ſ. w.
g) Reviſion von 1845. I. S. 151-56.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/168>, abgerufen am 24.11.2024.
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