Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 34. Begriff und Arten der Theilnahme.
bildet, und in Uebereinstimmung mit anderen Deutschen Gesetzgebungen z)
ein Komplott dann angenommen, wenn zwei oder mehrere die gemein-
schaftliche Verübung eines bestimmten Verbrechens verabredet haben, bei
der Bande aber das wesentliche Merkmal darein gesetzt, daß die Verab-
redung zur Verübung mehrerer, einzeln noch unbestimmter Verbrechen
eingegangen werde. Es knüpften sich daran Bestimmungen über die
solidarische Verhaftung der so verbundenen Miturheber, über die größere
Strafbarkeit der durch sie begangenen Verbrechen, ohne daß jedoch ein
genaueres kasuistisches Eingehen auf die Fälle des Versuchs, des Rück-
tritts, der Nichtbetheiligung vermieden werden konnte. a) Gerade dieser
letztere Umstand führte aber im weiteren Gange der Revision zu der
Frage, ob es denn überhaupt nöthig sei, allgemeine Vorschriften über
diese Fälle der Miturheberschaft aufzustellen, und ob es nicht richtiger
sei, nur bei einzelnen Verbrechen das Erforderliche anzuordnen. b) Auch
entschloß man sich bald, die Ausdrücke: Komplott und Bande im Ge-
setzbuch zu vermeiden, und die Bestimmungen, welche wegen dieser be-
sonderen Arten der Miturheberschaft eine Straferhöhung festsetzten, nur
für einzelne Verbrechen beizubehalten. Dagegen hielt man länger an
der allgemeinen Vorschrift fest, daß schon die Verabredung mehrerer zur
Begehung eines gemeinschaftlichen Verbrechens als strafbarer Versuch
angesehen werden solle; zuletzt ließ man aber auch diese Bestimmung,
welche mit den allgemeinen Grundsätzen des Strafgesetzbuchs über den
Versuch unvereinbar war, wegfallen, so daß sie sich in dem Entwurf
von 1847. nicht mehr findet. c) Es fehlen daher gegenwärtig alle
allgemeinen Vorschriften über die Miturheberschaft sowohl, als auch
über Komplott und Bande; nur bei dem Hochverrath ist das Erstere
unter Strafe gestellt (§. 63.), und Diebstahl und Raub, in Banden
verübt, werden als besonders ausgezeichnet mit erhöhter Strafe bedroht
(§. 218. Nr. 8. -- §. 232. Nr. 2.). -- Auch andere Strafrechte, das
Englische und Französische so gut wie einzelne Deutsche Gesetzbücher

z) Württemb. Strafgesetzb. Art. 78-83. -- Hannov. Criminal-
gesetzb.
Art. 57-65. -- Hess. Strafgesetzb. Art. 74-82. -- Badisches
Strafgesetzb.
§. 125-27.
a) Entwurf von 1830. §. 61-63. -- Entwurf von 1836. §. 62-67.
-- Entwurf von 1843. §. 65-69.
b) Diese Ansicht ist mit besonderem Nachdruck zuerst vertreten von Ruppenthal
in den Bemerkungen über den Entwurf des Preuß. Strafgesetzbuchs S. 90-95.,
außerdem aber noch von vielen anderen Monenten. S. Revision von 1845. I.
S. 159. Note 2.
c) Revision von 1845. I. S. 159-63. -- Entwurf von 1845. §. 48.
-- Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1846. S. 41. 42.

§. 34. Begriff und Arten der Theilnahme.
bildet, und in Uebereinſtimmung mit anderen Deutſchen Geſetzgebungen z)
ein Komplott dann angenommen, wenn zwei oder mehrere die gemein-
ſchaftliche Verübung eines beſtimmten Verbrechens verabredet haben, bei
der Bande aber das weſentliche Merkmal darein geſetzt, daß die Verab-
redung zur Verübung mehrerer, einzeln noch unbeſtimmter Verbrechen
eingegangen werde. Es knüpften ſich daran Beſtimmungen über die
ſolidariſche Verhaftung der ſo verbundenen Miturheber, über die größere
Strafbarkeit der durch ſie begangenen Verbrechen, ohne daß jedoch ein
genaueres kaſuiſtiſches Eingehen auf die Fälle des Verſuchs, des Rück-
tritts, der Nichtbetheiligung vermieden werden konnte. a) Gerade dieſer
letztere Umſtand führte aber im weiteren Gange der Reviſion zu der
Frage, ob es denn überhaupt nöthig ſei, allgemeine Vorſchriften über
dieſe Fälle der Miturheberſchaft aufzuſtellen, und ob es nicht richtiger
ſei, nur bei einzelnen Verbrechen das Erforderliche anzuordnen. b) Auch
entſchloß man ſich bald, die Ausdrücke: Komplott und Bande im Ge-
ſetzbuch zu vermeiden, und die Beſtimmungen, welche wegen dieſer be-
ſonderen Arten der Miturheberſchaft eine Straferhöhung feſtſetzten, nur
für einzelne Verbrechen beizubehalten. Dagegen hielt man länger an
der allgemeinen Vorſchrift feſt, daß ſchon die Verabredung mehrerer zur
Begehung eines gemeinſchaftlichen Verbrechens als ſtrafbarer Verſuch
angeſehen werden ſolle; zuletzt ließ man aber auch dieſe Beſtimmung,
welche mit den allgemeinen Grundſätzen des Strafgeſetzbuchs über den
Verſuch unvereinbar war, wegfallen, ſo daß ſie ſich in dem Entwurf
von 1847. nicht mehr findet. c) Es fehlen daher gegenwärtig alle
allgemeinen Vorſchriften über die Miturheberſchaft ſowohl, als auch
über Komplott und Bande; nur bei dem Hochverrath iſt das Erſtere
unter Strafe geſtellt (§. 63.), und Diebſtahl und Raub, in Banden
verübt, werden als beſonders ausgezeichnet mit erhöhter Strafe bedroht
(§. 218. Nr. 8. — §. 232. Nr. 2.). — Auch andere Strafrechte, das
Engliſche und Franzöſiſche ſo gut wie einzelne Deutſche Geſetzbücher

z) Württemb. Strafgeſetzb. Art. 78-83. — Hannov. Criminal-
geſetzb.
Art. 57-65. — Heſſ. Strafgeſetzb. Art. 74-82. — Badiſches
Strafgeſetzb.
§. 125-27.
a) Entwurf von 1830. §. 61-63. — Entwurf von 1836. §. 62-67.
Entwurf von 1843. §. 65-69.
b) Dieſe Anſicht iſt mit beſonderem Nachdruck zuerſt vertreten von Ruppenthal
in den Bemerkungen über den Entwurf des Preuß. Strafgeſetzbuchs S. 90-95.,
außerdem aber noch von vielen anderen Monenten. S. Reviſion von 1845. I.
S. 159. Note 2.
c) Reviſion von 1845. I. S. 159-63. — Entwurf von 1845. §. 48.
Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 41. 42.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0163" n="153"/><fw place="top" type="header">§. 34. Begriff und Arten der Theilnahme.</fw><lb/>
bildet, und          in Ueberein&#x017F;timmung mit anderen Deut&#x017F;chen Ge&#x017F;etzgebungen           <note place="foot" n="z)"><hi rendition="#g">Württemb. Strafge&#x017F;etzb.</hi> Art.           78-83. &#x2014; <hi rendition="#g">Hannov. Criminal-<lb/>
ge&#x017F;etzb.</hi> Art. 57-65. &#x2014; <hi rendition="#g">He&#x017F;&#x017F;.            Strafge&#x017F;etzb.</hi> Art. 74-82. &#x2014; <hi rendition="#g">Badi&#x017F;ches<lb/>
Strafge&#x017F;etzb.</hi> §. 125-27.</note><lb/>
ein Komplott dann angenommen, wenn zwei oder mehrere die          gemein-<lb/>
&#x017F;chaftliche Verübung eines be&#x017F;timmten Verbrechens          verabredet haben, bei<lb/>
der Bande aber das we&#x017F;entliche Merkmal darein          ge&#x017F;etzt, daß die Verab-<lb/>
redung zur Verübung mehrerer, einzeln noch          unbe&#x017F;timmter Verbrechen<lb/>
eingegangen werde. Es knüpften &#x017F;ich daran          Be&#x017F;timmungen über die<lb/>
&#x017F;olidari&#x017F;che Verhaftung der          &#x017F;o verbundenen Miturheber, über die größere<lb/>
Strafbarkeit der durch          &#x017F;ie begangenen Verbrechen, ohne daß jedoch ein<lb/>
genaueres          ka&#x017F;ui&#x017F;ti&#x017F;ches Eingehen auf die Fälle des          Ver&#x017F;uchs, des Rück-<lb/>
tritts, der Nichtbetheiligung vermieden werden konnte.           <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1830. §. 61-63. &#x2014; <hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1836. §. 62-67.<lb/>
&#x2014; <hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1843. §. 65-69.</note> Gerade die&#x017F;er<lb/>
letztere          Um&#x017F;tand führte aber im weiteren Gange der Revi&#x017F;ion zu der<lb/>
Frage,          ob es denn überhaupt nöthig &#x017F;ei, allgemeine Vor&#x017F;chriften          über<lb/>
die&#x017F;e Fälle der Miturheber&#x017F;chaft aufzu&#x017F;tellen,          und ob es nicht richtiger<lb/>
&#x017F;ei, nur bei einzelnen Verbrechen das          Erforderliche anzuordnen. <note place="foot" n="b)">Die&#x017F;e An&#x017F;icht           i&#x017F;t mit be&#x017F;onderem Nachdruck zuer&#x017F;t vertreten von <hi rendition="#g">Ruppenthal</hi><lb/>
in den <hi rendition="#g">Bemerkungen</hi> über den           Entwurf des Preuß. Strafge&#x017F;etzbuchs S. 90-95.,<lb/>
außerdem aber noch von           vielen anderen Monenten. S. <hi rendition="#g">Revi&#x017F;ion von</hi> 1845. I.<lb/>
S. 159. Note 2.</note> Auch<lb/>
ent&#x017F;chloß man &#x017F;ich bald, die          Ausdrücke: Komplott und Bande im Ge-<lb/>
&#x017F;etzbuch zu vermeiden, und die          Be&#x017F;timmungen, welche wegen die&#x017F;er be-<lb/>
&#x017F;onderen Arten          der Miturheber&#x017F;chaft eine Straferhöhung fe&#x017F;t&#x017F;etzten,          nur<lb/>
für einzelne Verbrechen beizubehalten. Dagegen hielt man länger an<lb/>
der          allgemeinen Vor&#x017F;chrift fe&#x017F;t, daß &#x017F;chon die Verabredung          mehrerer zur<lb/>
Begehung eines gemein&#x017F;chaftlichen Verbrechens als          &#x017F;trafbarer Ver&#x017F;uch<lb/>
ange&#x017F;ehen werden &#x017F;olle;          zuletzt ließ man aber auch die&#x017F;e Be&#x017F;timmung,<lb/>
welche mit den          allgemeinen Grund&#x017F;ätzen des Strafge&#x017F;etzbuchs über          den<lb/>
Ver&#x017F;uch unvereinbar war, wegfallen, &#x017F;o daß &#x017F;ie          &#x017F;ich in dem Entwurf<lb/>
von 1847. nicht mehr findet. <note place="foot" n="c)"><hi rendition="#g">Revi&#x017F;ion von</hi> 1845. I. S. 159-63. &#x2014; <hi rendition="#g">Entwurf von</hi> 1845. §. 48.<lb/>
&#x2014; <hi rendition="#g">Verhandlungen der Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion von</hi> 1846. S. 41.           42.</note> Es fehlen daher gegenwärtig alle<lb/>
allgemeinen Vor&#x017F;chriften über          die Miturheber&#x017F;chaft &#x017F;owohl, als auch<lb/>
über Komplott und Bande;          nur bei dem Hochverrath i&#x017F;t das Er&#x017F;tere<lb/>
unter Strafe          ge&#x017F;tellt (§. 63.), und Dieb&#x017F;tahl und Raub, in Banden<lb/>
verübt,          werden als be&#x017F;onders ausgezeichnet mit erhöhter Strafe bedroht<lb/>
(§. 218. Nr.          8. &#x2014; §. 232. Nr. 2.). &#x2014; Auch andere Strafrechte,          das<lb/>
Engli&#x017F;che und Franzö&#x017F;i&#x017F;che &#x017F;o gut wie          einzelne Deut&#x017F;che Ge&#x017F;etzbücher<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0163] §. 34. Begriff und Arten der Theilnahme. bildet, und in Uebereinſtimmung mit anderen Deutſchen Geſetzgebungen z) ein Komplott dann angenommen, wenn zwei oder mehrere die gemein- ſchaftliche Verübung eines beſtimmten Verbrechens verabredet haben, bei der Bande aber das weſentliche Merkmal darein geſetzt, daß die Verab- redung zur Verübung mehrerer, einzeln noch unbeſtimmter Verbrechen eingegangen werde. Es knüpften ſich daran Beſtimmungen über die ſolidariſche Verhaftung der ſo verbundenen Miturheber, über die größere Strafbarkeit der durch ſie begangenen Verbrechen, ohne daß jedoch ein genaueres kaſuiſtiſches Eingehen auf die Fälle des Verſuchs, des Rück- tritts, der Nichtbetheiligung vermieden werden konnte. a) Gerade dieſer letztere Umſtand führte aber im weiteren Gange der Reviſion zu der Frage, ob es denn überhaupt nöthig ſei, allgemeine Vorſchriften über dieſe Fälle der Miturheberſchaft aufzuſtellen, und ob es nicht richtiger ſei, nur bei einzelnen Verbrechen das Erforderliche anzuordnen. b) Auch entſchloß man ſich bald, die Ausdrücke: Komplott und Bande im Ge- ſetzbuch zu vermeiden, und die Beſtimmungen, welche wegen dieſer be- ſonderen Arten der Miturheberſchaft eine Straferhöhung feſtſetzten, nur für einzelne Verbrechen beizubehalten. Dagegen hielt man länger an der allgemeinen Vorſchrift feſt, daß ſchon die Verabredung mehrerer zur Begehung eines gemeinſchaftlichen Verbrechens als ſtrafbarer Verſuch angeſehen werden ſolle; zuletzt ließ man aber auch dieſe Beſtimmung, welche mit den allgemeinen Grundſätzen des Strafgeſetzbuchs über den Verſuch unvereinbar war, wegfallen, ſo daß ſie ſich in dem Entwurf von 1847. nicht mehr findet. c) Es fehlen daher gegenwärtig alle allgemeinen Vorſchriften über die Miturheberſchaft ſowohl, als auch über Komplott und Bande; nur bei dem Hochverrath iſt das Erſtere unter Strafe geſtellt (§. 63.), und Diebſtahl und Raub, in Banden verübt, werden als beſonders ausgezeichnet mit erhöhter Strafe bedroht (§. 218. Nr. 8. — §. 232. Nr. 2.). — Auch andere Strafrechte, das Engliſche und Franzöſiſche ſo gut wie einzelne Deutſche Geſetzbücher z) Württemb. Strafgeſetzb. Art. 78-83. — Hannov. Criminal- geſetzb. Art. 57-65. — Heſſ. Strafgeſetzb. Art. 74-82. — Badiſches Strafgeſetzb. §. 125-27. a) Entwurf von 1830. §. 61-63. — Entwurf von 1836. §. 62-67. — Entwurf von 1843. §. 65-69. b) Dieſe Anſicht iſt mit beſonderem Nachdruck zuerſt vertreten von Ruppenthal in den Bemerkungen über den Entwurf des Preuß. Strafgeſetzbuchs S. 90-95., außerdem aber noch von vielen anderen Monenten. S. Reviſion von 1845. I. S. 159. Note 2. c) Reviſion von 1845. I. S. 159-63. — Entwurf von 1845. §. 48. — Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 41. 42.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/163
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/163>, abgerufen am 24.11.2024.