Da die Konfiskation des Vermögens aus der Reihe der gesetzlichen Strafen entfernt worden ist, so bleibt nur die Konfiskation einzelner Gegenstände für das Strafrecht von Bedeutung. Der §. 19. enthält darüber einige allgemeine Bestimmungen, an welche sich die Vorschrift über die Vernichtung von Schriften, Abbildungen und Darstellungen, so wie der dazu bestimmten Platten und Formen anschließt.
I. Als die zu konfiscirenden Gegenstände werden bezeichnet:
1) solche, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorge- bracht worden sind. Dies würde z. B. Anwendung finden bei der Münz- fälschung.
2) Gegenstände, welche zur Begehung des Verbrechens oder Ver- gehens gebraucht oder bestimmt worden sind, also die Instrumente, von denen die Kriminalordnung §. 638. handelt, und zwar sowohl wenn die strafbare Handlung vollendet worden, als auch im Falle des Versuchs, wenn z. B. Dieteriche bei dem vor vollendetem Diebstahl ergriffenen Diebe gefunden werden. Bei der Revision kam es zur Frage, ob nicht die im Gesetzbuch gebrauchten Ausdrücke zu unbestimmt seien und über den Sinn, welchen man damit verbinde, hinausgingen. Es sei vielleicht die Auslegung zu befürchten, daß man glauben könnte, das Pferd, mit welchem jemand zu schnell gefahren, oder das Messer, mit welchem der ungeschickte Chirurg eine Operation vollzogen habe, confisciren zu müssen. Sicherer sei es, nach dem Vorgange anderer Gesetzgebungen o) die Be- stimmung auf die vorsätzlichen Handlungen zu beschränken. Es ward aber hierauf erwiedert, daß es sich hier nicht um alle Gegenstände handle, welche mit der strafbaren Handlung in einer unmittelbaren Beziehung stehen, sondern nur um solche, deren man sich zu der Be- gehung derselben bediene, und daß gerade in diesem Ausdrucke: "zur Begehung desselben gebraucht oder bestimmt" eine Hinweisung auf die vorsätzliche Handlungsweise liege. Man glaubte daher, die Entscheidung des einzelnen Falles dem richterlichen Ermessen überlassen zu können. p)
II. Die Konfiskation findet nur dann statt, wenn die Gegenstände dem Thäter oder einem Theilnehmer der That gehören. Dieß ist in dem Strafgesetzbuch konsequent durchgeführt worden, bis auf Einen Fall, nämlich bei dem Jagdfrevel (§. 277.), wo dringende Gründe der Zweck- mäßigkeit zu einer Ausnahme von der Regel führten.
III. Da die Strafgerichtsbarkeit gegenwärtig nur im Namen des
o)Braunschw. Criminalgesetzb. §. 21. -- Thüringsch. Strafgesetz- buch Art. 18.
p)Berathungs-Protokolle der Staatsrathskommission I. S. 159. 160. -- Revision von 1845. I. S. 81.
§. 19. Konfiskation einzelner Gegenſtände.
Da die Konfiskation des Vermögens aus der Reihe der geſetzlichen Strafen entfernt worden iſt, ſo bleibt nur die Konfiskation einzelner Gegenſtände für das Strafrecht von Bedeutung. Der §. 19. enthält darüber einige allgemeine Beſtimmungen, an welche ſich die Vorſchrift über die Vernichtung von Schriften, Abbildungen und Darſtellungen, ſo wie der dazu beſtimmten Platten und Formen anſchließt.
I. Als die zu konfiscirenden Gegenſtände werden bezeichnet:
1) ſolche, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorge- bracht worden ſind. Dies würde z. B. Anwendung finden bei der Münz- fälſchung.
2) Gegenſtände, welche zur Begehung des Verbrechens oder Ver- gehens gebraucht oder beſtimmt worden ſind, alſo die Inſtrumente, von denen die Kriminalordnung §. 638. handelt, und zwar ſowohl wenn die ſtrafbare Handlung vollendet worden, als auch im Falle des Verſuchs, wenn z. B. Dieteriche bei dem vor vollendetem Diebſtahl ergriffenen Diebe gefunden werden. Bei der Reviſion kam es zur Frage, ob nicht die im Geſetzbuch gebrauchten Ausdrücke zu unbeſtimmt ſeien und über den Sinn, welchen man damit verbinde, hinausgingen. Es ſei vielleicht die Auslegung zu befürchten, daß man glauben könnte, das Pferd, mit welchem jemand zu ſchnell gefahren, oder das Meſſer, mit welchem der ungeſchickte Chirurg eine Operation vollzogen habe, confisciren zu müſſen. Sicherer ſei es, nach dem Vorgange anderer Geſetzgebungen o) die Be- ſtimmung auf die vorſätzlichen Handlungen zu beſchränken. Es ward aber hierauf erwiedert, daß es ſich hier nicht um alle Gegenſtände handle, welche mit der ſtrafbaren Handlung in einer unmittelbaren Beziehung ſtehen, ſondern nur um ſolche, deren man ſich zu der Be- gehung derſelben bediene, und daß gerade in dieſem Ausdrucke: „zur Begehung deſſelben gebraucht oder beſtimmt“ eine Hinweiſung auf die vorſätzliche Handlungsweiſe liege. Man glaubte daher, die Entſcheidung des einzelnen Falles dem richterlichen Ermeſſen überlaſſen zu können. p)
II. Die Konfiskation findet nur dann ſtatt, wenn die Gegenſtände dem Thäter oder einem Theilnehmer der That gehören. Dieß iſt in dem Strafgeſetzbuch konſequent durchgeführt worden, bis auf Einen Fall, nämlich bei dem Jagdfrevel (§. 277.), wo dringende Gründe der Zweck- mäßigkeit zu einer Ausnahme von der Regel führten.
III. Da die Strafgerichtsbarkeit gegenwärtig nur im Namen des
o)Braunſchw. Criminalgeſetzb. §. 21. — Thüringſch. Strafgeſetz- buch Art. 18.
p)Berathungs-Protokolle der Staatsrathskommiſſion I. S. 159. 160. — Reviſion von 1845. I. S. 81.
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Strafen entfernt worden iſt, ſo bleibt nur die Konfiskation einzelner
Gegenſtände für das Strafrecht von Bedeutung. Der §. 19. enthält
darüber einige allgemeine Beſtimmungen, an welche ſich die Vorſchrift
über die Vernichtung von Schriften, Abbildungen und Darſtellungen, ſo
wie der dazu beſtimmten Platten und Formen anſchließt.
I. Als die zu konfiscirenden Gegenſtände werden bezeichnet:
1) ſolche, welche durch das Verbrechen oder Vergehen hervorge-
bracht worden ſind. Dies würde z. B. Anwendung finden bei der Münz-
fälſchung.
2) Gegenſtände, welche zur Begehung des Verbrechens oder Ver-
gehens gebraucht oder beſtimmt worden ſind, alſo die Inſtrumente, von
denen die Kriminalordnung §. 638. handelt, und zwar ſowohl wenn die
ſtrafbare Handlung vollendet worden, als auch im Falle des Verſuchs,
wenn z. B. Dieteriche bei dem vor vollendetem Diebſtahl ergriffenen
Diebe gefunden werden. Bei der Reviſion kam es zur Frage, ob nicht
die im Geſetzbuch gebrauchten Ausdrücke zu unbeſtimmt ſeien und über
den Sinn, welchen man damit verbinde, hinausgingen. Es ſei vielleicht
die Auslegung zu befürchten, daß man glauben könnte, das Pferd, mit
welchem jemand zu ſchnell gefahren, oder das Meſſer, mit welchem der
ungeſchickte Chirurg eine Operation vollzogen habe, confisciren zu müſſen.
Sicherer ſei es, nach dem Vorgange anderer Geſetzgebungen o) die Be-
ſtimmung auf die vorſätzlichen Handlungen zu beſchränken. Es ward
aber hierauf erwiedert, daß es ſich hier nicht um alle Gegenſtände
handle, welche mit der ſtrafbaren Handlung in einer unmittelbaren
Beziehung ſtehen, ſondern nur um ſolche, deren man ſich zu der Be-
gehung derſelben bediene, und daß gerade in dieſem Ausdrucke: „zur
Begehung deſſelben gebraucht oder beſtimmt“ eine Hinweiſung auf die
vorſätzliche Handlungsweiſe liege. Man glaubte daher, die Entſcheidung
des einzelnen Falles dem richterlichen Ermeſſen überlaſſen zu können. p)
II. Die Konfiskation findet nur dann ſtatt, wenn die Gegenſtände
dem Thäter oder einem Theilnehmer der That gehören. Dieß iſt in dem
Strafgeſetzbuch konſequent durchgeführt worden, bis auf Einen Fall,
nämlich bei dem Jagdfrevel (§. 277.), wo dringende Gründe der Zweck-
mäßigkeit zu einer Ausnahme von der Regel führten.
III. Da die Strafgerichtsbarkeit gegenwärtig nur im Namen des
o) Braunſchw. Criminalgeſetzb. §. 21. — Thüringſch. Strafgeſetz-
buch Art. 18.
p) Berathungs-Protokolle der Staatsrathskommiſſion I. S. 159.
160. — Reviſion von 1845. I. S. 81.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/131>, abgerufen am 30.11.2024.
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