Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

auch sie ein Weinen damit vertreiben, das sie zu überwältigen drohte. Und wer weiß, Fritz, fuhr sie lächelnd fort, konnten wir uns nicht heirathen, ob unsere Kinder nicht einmal Mann und Frau werden?

Fritz fuhr sich über die Augen.

Das hast du mir schon versprochen, sagte Lieschen, nun versprich mir noch eins: daß wir an demselben Tag Hochzeit machen; das wird mir ein Trost sein, und dann werden wir Beide zu gleicher Zeit wissen, daß für uns Alles aus ist.

Sonderbar zu sagen, aber dieser seltsame Vorschlag fand einen lebhaften Anklang in Fritzens Brust. Ach ja, mein Lieschen, rief er, das wollen wir, und wenn wir unglücklich sein sollen, so wollen wir's zusammen in Einer Stunde werden!

Sie brach in Thränen aus. Fritz wollte ihr wieder um den Hals fallen, aber sie wies ihn mit sanfter Würde ab und ging, die Schürze vor den Augen, nach der Thür. Da stand sie noch einmal still, sah ihn unter Thränen lächelnd an und war verschwunden. Er blieb zurück wie im Traum.

Indessen kam die Wirkung der mannigfaltigen Gemüthsbewegungen und Strapazen nach, er verfiel in ein heftiges Fieber. Lieschens Mutter, die Abends zu Gertrud ging, um sich selbst ihres Schweigens zu versichern, kehrte über diesen Punkt vollkommen beruhigt zurück, denn Heinrich hatte ihr gesagt, daß er seinem Knecht gedroht, ihn zu verabschieden, sobald ein Wort

auch sie ein Weinen damit vertreiben, das sie zu überwältigen drohte. Und wer weiß, Fritz, fuhr sie lächelnd fort, konnten wir uns nicht heirathen, ob unsere Kinder nicht einmal Mann und Frau werden?

Fritz fuhr sich über die Augen.

Das hast du mir schon versprochen, sagte Lieschen, nun versprich mir noch eins: daß wir an demselben Tag Hochzeit machen; das wird mir ein Trost sein, und dann werden wir Beide zu gleicher Zeit wissen, daß für uns Alles aus ist.

Sonderbar zu sagen, aber dieser seltsame Vorschlag fand einen lebhaften Anklang in Fritzens Brust. Ach ja, mein Lieschen, rief er, das wollen wir, und wenn wir unglücklich sein sollen, so wollen wir's zusammen in Einer Stunde werden!

Sie brach in Thränen aus. Fritz wollte ihr wieder um den Hals fallen, aber sie wies ihn mit sanfter Würde ab und ging, die Schürze vor den Augen, nach der Thür. Da stand sie noch einmal still, sah ihn unter Thränen lächelnd an und war verschwunden. Er blieb zurück wie im Traum.

Indessen kam die Wirkung der mannigfaltigen Gemüthsbewegungen und Strapazen nach, er verfiel in ein heftiges Fieber. Lieschens Mutter, die Abends zu Gertrud ging, um sich selbst ihres Schweigens zu versichern, kehrte über diesen Punkt vollkommen beruhigt zurück, denn Heinrich hatte ihr gesagt, daß er seinem Knecht gedroht, ihn zu verabschieden, sobald ein Wort

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0091"/>
auch sie ein Weinen damit vertreiben, das sie zu überwältigen                drohte. Und wer weiß, Fritz, fuhr sie lächelnd fort, konnten wir uns nicht heirathen,                ob unsere Kinder nicht einmal Mann und Frau werden?</p><lb/>
        <p>Fritz fuhr sich über die Augen.</p><lb/>
        <p>Das hast du mir schon versprochen, sagte Lieschen, nun versprich mir noch eins: daß                wir an demselben Tag Hochzeit machen; das wird mir ein Trost sein, und dann werden                wir Beide zu gleicher Zeit wissen, daß für uns Alles aus ist.</p><lb/>
        <p>Sonderbar zu sagen, aber dieser seltsame Vorschlag fand einen lebhaften Anklang in                Fritzens Brust. Ach ja, mein Lieschen, rief er, das wollen wir, und wenn wir                unglücklich sein sollen, so wollen wir's zusammen in Einer Stunde werden!</p><lb/>
        <p>Sie brach in Thränen aus. Fritz wollte ihr wieder um den Hals fallen, aber sie wies                ihn mit sanfter Würde ab und ging, die Schürze vor den Augen, nach der Thür. Da stand                sie noch einmal still, sah ihn unter Thränen lächelnd an und war verschwunden. Er                blieb zurück wie im Traum.</p><lb/>
        <p>Indessen kam die Wirkung der mannigfaltigen Gemüthsbewegungen und Strapazen nach, er                verfiel in ein heftiges Fieber. Lieschens Mutter, die Abends zu Gertrud ging, um sich                selbst ihres Schweigens zu versichern, kehrte über diesen Punkt vollkommen beruhigt                zurück, denn Heinrich hatte ihr gesagt, daß er seinem Knecht gedroht, ihn zu                verabschieden, sobald ein Wort<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0091] auch sie ein Weinen damit vertreiben, das sie zu überwältigen drohte. Und wer weiß, Fritz, fuhr sie lächelnd fort, konnten wir uns nicht heirathen, ob unsere Kinder nicht einmal Mann und Frau werden? Fritz fuhr sich über die Augen. Das hast du mir schon versprochen, sagte Lieschen, nun versprich mir noch eins: daß wir an demselben Tag Hochzeit machen; das wird mir ein Trost sein, und dann werden wir Beide zu gleicher Zeit wissen, daß für uns Alles aus ist. Sonderbar zu sagen, aber dieser seltsame Vorschlag fand einen lebhaften Anklang in Fritzens Brust. Ach ja, mein Lieschen, rief er, das wollen wir, und wenn wir unglücklich sein sollen, so wollen wir's zusammen in Einer Stunde werden! Sie brach in Thränen aus. Fritz wollte ihr wieder um den Hals fallen, aber sie wies ihn mit sanfter Würde ab und ging, die Schürze vor den Augen, nach der Thür. Da stand sie noch einmal still, sah ihn unter Thränen lächelnd an und war verschwunden. Er blieb zurück wie im Traum. Indessen kam die Wirkung der mannigfaltigen Gemüthsbewegungen und Strapazen nach, er verfiel in ein heftiges Fieber. Lieschens Mutter, die Abends zu Gertrud ging, um sich selbst ihres Schweigens zu versichern, kehrte über diesen Punkt vollkommen beruhigt zurück, denn Heinrich hatte ihr gesagt, daß er seinem Knecht gedroht, ihn zu verabschieden, sobald ein Wort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-10T13:46:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat/ formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/91
Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/91>, abgerufen am 28.03.2024.