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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zurückzugehen; es war ihr also nichts Anderes übrig geblieben, als Lieschen's Schritten hartnäckig zu folgen. Um die Früchte ihrer Bemühungen zu ernten, that sie es schweigend, aber als Lieschen fiel, verlor sie ihre Spur; Rufen half nicht, so gerieth sie aus Furcht vor den Lichtern in den Sumpf.

Fritz hatte das Erdreich mit seinem Stocke untersucht und einen großen Föhrenzweig abgerissen, den er Mariechen hinhielt. Er war nur zu kurz und erreichte sie nicht. Fritz wagte sich auf dem schwammigen Boden weiter, Mariechen faßte den Zweig nun, aber seine Kräfte reichten nicht hin, sie daran heraufzuziehen; er trat noch näher und strengte sich über die Maßen an, stemmte sich mit aller Kraft auf den Boden; der Zweig knickte ein und die festere Decke unter seinen Füßen wich wie eine mürbe Eisscholle, er brach durch und versank. Laut schrie er auf, sobald er es empfand, ein entsetztes Ha! wand sich aus Lieschen's Brust, Mariechen, die alle Hoffnung mit dem Retter untergehen sah, kreischte -- es war eine Sekunde voll unbeschreiblicher Angst. Mit glühenden Augen folgte die Geliebte seinem allmähligen Verschwinden, dann, wie man einen Zauber zerreißt, stürzte sie auf ihn zu und wollte ihn halten, er machte noch eine abwehrende Bewegung mit den Armen -- zurück! rief er -- langsam versank er bis über die Hüften, da blieb er stehen. -- Unter mir ist's wieder fest! rief er. -- Ach, Gott sei

zurückzugehen; es war ihr also nichts Anderes übrig geblieben, als Lieschen's Schritten hartnäckig zu folgen. Um die Früchte ihrer Bemühungen zu ernten, that sie es schweigend, aber als Lieschen fiel, verlor sie ihre Spur; Rufen half nicht, so gerieth sie aus Furcht vor den Lichtern in den Sumpf.

Fritz hatte das Erdreich mit seinem Stocke untersucht und einen großen Föhrenzweig abgerissen, den er Mariechen hinhielt. Er war nur zu kurz und erreichte sie nicht. Fritz wagte sich auf dem schwammigen Boden weiter, Mariechen faßte den Zweig nun, aber seine Kräfte reichten nicht hin, sie daran heraufzuziehen; er trat noch näher und strengte sich über die Maßen an, stemmte sich mit aller Kraft auf den Boden; der Zweig knickte ein und die festere Decke unter seinen Füßen wich wie eine mürbe Eisscholle, er brach durch und versank. Laut schrie er auf, sobald er es empfand, ein entsetztes Ha! wand sich aus Lieschen's Brust, Mariechen, die alle Hoffnung mit dem Retter untergehen sah, kreischte — es war eine Sekunde voll unbeschreiblicher Angst. Mit glühenden Augen folgte die Geliebte seinem allmähligen Verschwinden, dann, wie man einen Zauber zerreißt, stürzte sie auf ihn zu und wollte ihn halten, er machte noch eine abwehrende Bewegung mit den Armen — zurück! rief er — langsam versank er bis über die Hüften, da blieb er stehen. — Unter mir ist's wieder fest! rief er. — Ach, Gott sei

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[0078] zurückzugehen; es war ihr also nichts Anderes übrig geblieben, als Lieschen's Schritten hartnäckig zu folgen. Um die Früchte ihrer Bemühungen zu ernten, that sie es schweigend, aber als Lieschen fiel, verlor sie ihre Spur; Rufen half nicht, so gerieth sie aus Furcht vor den Lichtern in den Sumpf. Fritz hatte das Erdreich mit seinem Stocke untersucht und einen großen Föhrenzweig abgerissen, den er Mariechen hinhielt. Er war nur zu kurz und erreichte sie nicht. Fritz wagte sich auf dem schwammigen Boden weiter, Mariechen faßte den Zweig nun, aber seine Kräfte reichten nicht hin, sie daran heraufzuziehen; er trat noch näher und strengte sich über die Maßen an, stemmte sich mit aller Kraft auf den Boden; der Zweig knickte ein und die festere Decke unter seinen Füßen wich wie eine mürbe Eisscholle, er brach durch und versank. Laut schrie er auf, sobald er es empfand, ein entsetztes Ha! wand sich aus Lieschen's Brust, Mariechen, die alle Hoffnung mit dem Retter untergehen sah, kreischte — es war eine Sekunde voll unbeschreiblicher Angst. Mit glühenden Augen folgte die Geliebte seinem allmähligen Verschwinden, dann, wie man einen Zauber zerreißt, stürzte sie auf ihn zu und wollte ihn halten, er machte noch eine abwehrende Bewegung mit den Armen — zurück! rief er — langsam versank er bis über die Hüften, da blieb er stehen. — Unter mir ist's wieder fest! rief er. — Ach, Gott sei

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-10T13:46:34Z)

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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/78>, abgerufen am 26.04.2024.