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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Löffel für den verbrannten, und wenn du mir ein bischen gut bist --

In dem Augenblick glaubten sie einen Lärm im Winkel der Treppe zu vernehmen. Lieschen sah sich erschrocken um. Es war eine Fledermaus, sprach Fritz beruhigend. Er hatte ihre Hand ergriffen, sie zog sie nicht zurück. Sie standen noch ein Weilchen horchend, da war ihnen, als hörten sie wieder einen leichten Laut, ganz in ihrer Nähe. Jetzt wollte Lieschen sich mit Gewalt losmachen. Der Vater hustet nur in der Stube, bemerkte Fritz und hielt sie fester. Geh lieber nach Hause, flüsterte das Mädchen. Wenn du es willst, erwiderte er sanft, adjes! Sein Mund suchte ihre Lippen. Sie sträubte sich, bog sich zurück, aber Fritz ließ sich nicht abweisen. Liebes Lieschen, sagte er, ich habe dich ja so sehr lieb! Und aus dem Abschied wurde ein langer Kuß, der sie vereinte.

Abermals huschte die Fledermaus über ihrem Kopfe hin und erinnerte sie an die Welt, die sie vergessen. Jetzt wollte Fritz gehen, aber nun hielt Lieschen ihn zurück; ihr war, als würde ihr mit seiner Gegenwart das Leben entrissen. Ach, Fritz, flüsterte sie, bleibe doch, ich mag gar nicht wieder in die Stube, o wenn ich doch mit dir gehen könnte! -- In dem Augenblick polterte aber wirklich etwas, und Beide fuhren auseinander. Fritz war schon zur Thüre hinaus, als sich Mariechen oben an der Treppe zeigte. Die garstigen Fledermäuse! rief sie, kommt das Teufelszeug jetzt gar bis

Löffel für den verbrannten, und wenn du mir ein bischen gut bist —

In dem Augenblick glaubten sie einen Lärm im Winkel der Treppe zu vernehmen. Lieschen sah sich erschrocken um. Es war eine Fledermaus, sprach Fritz beruhigend. Er hatte ihre Hand ergriffen, sie zog sie nicht zurück. Sie standen noch ein Weilchen horchend, da war ihnen, als hörten sie wieder einen leichten Laut, ganz in ihrer Nähe. Jetzt wollte Lieschen sich mit Gewalt losmachen. Der Vater hustet nur in der Stube, bemerkte Fritz und hielt sie fester. Geh lieber nach Hause, flüsterte das Mädchen. Wenn du es willst, erwiderte er sanft, adjes! Sein Mund suchte ihre Lippen. Sie sträubte sich, bog sich zurück, aber Fritz ließ sich nicht abweisen. Liebes Lieschen, sagte er, ich habe dich ja so sehr lieb! Und aus dem Abschied wurde ein langer Kuß, der sie vereinte.

Abermals huschte die Fledermaus über ihrem Kopfe hin und erinnerte sie an die Welt, die sie vergessen. Jetzt wollte Fritz gehen, aber nun hielt Lieschen ihn zurück; ihr war, als würde ihr mit seiner Gegenwart das Leben entrissen. Ach, Fritz, flüsterte sie, bleibe doch, ich mag gar nicht wieder in die Stube, o wenn ich doch mit dir gehen könnte! — In dem Augenblick polterte aber wirklich etwas, und Beide fuhren auseinander. Fritz war schon zur Thüre hinaus, als sich Mariechen oben an der Treppe zeigte. Die garstigen Fledermäuse! rief sie, kommt das Teufelszeug jetzt gar bis

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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/24>, abgerufen am 28.03.2024.