Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ten Strohhut steckte ein Busch Vergißmeinnicht, die er an dem kleinen Wiesenbache, ohne sich eben dabei aufzuhalten, eine gute Faust voll auf einmal abgerissen. Er nahm einen Umweg, zuerst mit dem Kruge zu der Kränzewinderin zu kommen, den er zum allgemeinen Besten da gefüllt hatte, wo die glücklichen Frösche nicht warten, bis man's ihnen bringt. Ich bring's Euch erst, flüsterte er, damit Ihr's am frischesten habt. Lieschen sah ihn freundlich dankbar an, nahm den Krug, trank und wollte ihn der Nachbarin reichen; diese aber schlief ganz fest. Laßt sie, sagte Fritz, ich komme noch einmal wieder, wenn ich herum bin. Aber er schien keine Lust zu haben wegzugehen und stand noch immer. Lieschen wurde verlegen, die Blumen fielen ihr aus der Hand, und der Kranz rückte nicht weiter. Fritz dachte nicht daran sie aufzuheben, er stand und würgte an Etwas, das ihm nicht aus der Kehle wollte. Um nur was zu sagen, bemerkte er: Ihr macht ja da einen schönen Kranz! Ja, antwortete Lieschen und sah zu seinem Strauß auf, als wollte sie in bäuerlicher Einfalt erwidern: Ihr habt ja da einen schönen blauen Busch! Den Namen der Blumen kannte sie nicht. Fritz wußte ihn eben so wenig, aber er nahm den Hut ab, langte sie herunter und warf sie ihr in den Schooß. Da! sagte er, und seine Augen leuchteten so blau wie die Blumen. Lieschen nahm sie und band sie in den ten Strohhut steckte ein Busch Vergißmeinnicht, die er an dem kleinen Wiesenbache, ohne sich eben dabei aufzuhalten, eine gute Faust voll auf einmal abgerissen. Er nahm einen Umweg, zuerst mit dem Kruge zu der Kränzewinderin zu kommen, den er zum allgemeinen Besten da gefüllt hatte, wo die glücklichen Frösche nicht warten, bis man's ihnen bringt. Ich bring's Euch erst, flüsterte er, damit Ihr's am frischesten habt. Lieschen sah ihn freundlich dankbar an, nahm den Krug, trank und wollte ihn der Nachbarin reichen; diese aber schlief ganz fest. Laßt sie, sagte Fritz, ich komme noch einmal wieder, wenn ich herum bin. Aber er schien keine Lust zu haben wegzugehen und stand noch immer. Lieschen wurde verlegen, die Blumen fielen ihr aus der Hand, und der Kranz rückte nicht weiter. Fritz dachte nicht daran sie aufzuheben, er stand und würgte an Etwas, das ihm nicht aus der Kehle wollte. Um nur was zu sagen, bemerkte er: Ihr macht ja da einen schönen Kranz! Ja, antwortete Lieschen und sah zu seinem Strauß auf, als wollte sie in bäuerlicher Einfalt erwidern: Ihr habt ja da einen schönen blauen Busch! Den Namen der Blumen kannte sie nicht. Fritz wußte ihn eben so wenig, aber er nahm den Hut ab, langte sie herunter und warf sie ihr in den Schooß. Da! sagte er, und seine Augen leuchteten so blau wie die Blumen. Lieschen nahm sie und band sie in den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013"/> ten Strohhut steckte ein Busch Vergißmeinnicht, die er an dem kleinen Wiesenbache, ohne sich eben dabei aufzuhalten, eine gute Faust voll auf einmal abgerissen. Er nahm einen Umweg, zuerst mit dem Kruge zu der Kränzewinderin zu kommen, den er zum allgemeinen Besten da gefüllt hatte, wo die glücklichen Frösche nicht warten, bis man's ihnen bringt. Ich bring's Euch erst, flüsterte er, damit Ihr's am frischesten habt. Lieschen sah ihn freundlich dankbar an, nahm den Krug, trank und wollte ihn der Nachbarin reichen; diese aber schlief ganz fest. Laßt sie, sagte Fritz, ich komme noch einmal wieder, wenn ich herum bin.</p><lb/> <p>Aber er schien keine Lust zu haben wegzugehen und stand noch immer. Lieschen wurde verlegen, die Blumen fielen ihr aus der Hand, und der Kranz rückte nicht weiter. Fritz dachte nicht daran sie aufzuheben, er stand und würgte an Etwas, das ihm nicht aus der Kehle wollte. Um nur was zu sagen, bemerkte er: Ihr macht ja da einen schönen Kranz!</p><lb/> <p>Ja, antwortete Lieschen und sah zu seinem Strauß auf, als wollte sie in bäuerlicher Einfalt erwidern: Ihr habt ja da einen schönen blauen Busch! Den Namen der Blumen kannte sie nicht. Fritz wußte ihn eben so wenig, aber er nahm den Hut ab, langte sie herunter und warf sie ihr in den Schooß. Da! sagte er, und seine Augen leuchteten so blau wie die Blumen. Lieschen nahm sie und band sie in den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
ten Strohhut steckte ein Busch Vergißmeinnicht, die er an dem kleinen Wiesenbache, ohne sich eben dabei aufzuhalten, eine gute Faust voll auf einmal abgerissen. Er nahm einen Umweg, zuerst mit dem Kruge zu der Kränzewinderin zu kommen, den er zum allgemeinen Besten da gefüllt hatte, wo die glücklichen Frösche nicht warten, bis man's ihnen bringt. Ich bring's Euch erst, flüsterte er, damit Ihr's am frischesten habt. Lieschen sah ihn freundlich dankbar an, nahm den Krug, trank und wollte ihn der Nachbarin reichen; diese aber schlief ganz fest. Laßt sie, sagte Fritz, ich komme noch einmal wieder, wenn ich herum bin.
Aber er schien keine Lust zu haben wegzugehen und stand noch immer. Lieschen wurde verlegen, die Blumen fielen ihr aus der Hand, und der Kranz rückte nicht weiter. Fritz dachte nicht daran sie aufzuheben, er stand und würgte an Etwas, das ihm nicht aus der Kehle wollte. Um nur was zu sagen, bemerkte er: Ihr macht ja da einen schönen Kranz!
Ja, antwortete Lieschen und sah zu seinem Strauß auf, als wollte sie in bäuerlicher Einfalt erwidern: Ihr habt ja da einen schönen blauen Busch! Den Namen der Blumen kannte sie nicht. Fritz wußte ihn eben so wenig, aber er nahm den Hut ab, langte sie herunter und warf sie ihr in den Schooß. Da! sagte er, und seine Augen leuchteten so blau wie die Blumen. Lieschen nahm sie und band sie in den
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Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/13>, abgerufen am 22.07.2024. |