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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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den Grases mischte. Das Mädchen hatte ihr Tuch von dem heißen Gesichte genommen und einen Haufen rother und blauer Blumen auf die abgebundene Schürze geworfen, die sie aus dem grünen Korne gepflückt, wo sie sie eben abreichen können; sie war nicht gerade schön zu nennen, aber leicht und zart gebaut, und aus dem klaren Auge strahlte eine Frische des Ausdrucks, welche an den Blick des Rehes erinnerte. Während die andern Dirnen entweder schliefen oder unter einander plauderten und mit den wenigen jüngeren Burschen schwatzten, bei denen ländliche Gefallsucht die Müdigkeit überwunden, lag nur eine einzelne Gefährtin neben ihr, und sie saß abgesondert und geringen Antheil nehmend, scheinbar in den schönen Kranz vertieft, der ihr unter den Händen wuchs; nur zuweilen blickte sie verstohlen von der Scene abwärts, die stiller und stiller ward. Das Lüftchen schwieg endlich auch und machte einer drückenden Schwüle Platz; keine Grille, kein Vogel rührte sich; die einzelnen Schmetterlinge, welche die Sense aus dem blühenden Grase verscheucht hatte, waren verschwunden und suchten Kühlung und Feuchtigkeit an der Wurzel des Kornes oder am benachbarten Quell bei den Libellen; das Geplauder der Mädchen und Knaben war verstummt, nur das Schnarchen einiger Schläfer störte noch die Mittags-Mitternachtsstunde.

Da kam ein rüstiger Bursche raschen Schritts mit einem Kruge daher. Auf seinem sonnengebräun-

den Grases mischte. Das Mädchen hatte ihr Tuch von dem heißen Gesichte genommen und einen Haufen rother und blauer Blumen auf die abgebundene Schürze geworfen, die sie aus dem grünen Korne gepflückt, wo sie sie eben abreichen können; sie war nicht gerade schön zu nennen, aber leicht und zart gebaut, und aus dem klaren Auge strahlte eine Frische des Ausdrucks, welche an den Blick des Rehes erinnerte. Während die andern Dirnen entweder schliefen oder unter einander plauderten und mit den wenigen jüngeren Burschen schwatzten, bei denen ländliche Gefallsucht die Müdigkeit überwunden, lag nur eine einzelne Gefährtin neben ihr, und sie saß abgesondert und geringen Antheil nehmend, scheinbar in den schönen Kranz vertieft, der ihr unter den Händen wuchs; nur zuweilen blickte sie verstohlen von der Scene abwärts, die stiller und stiller ward. Das Lüftchen schwieg endlich auch und machte einer drückenden Schwüle Platz; keine Grille, kein Vogel rührte sich; die einzelnen Schmetterlinge, welche die Sense aus dem blühenden Grase verscheucht hatte, waren verschwunden und suchten Kühlung und Feuchtigkeit an der Wurzel des Kornes oder am benachbarten Quell bei den Libellen; das Geplauder der Mädchen und Knaben war verstummt, nur das Schnarchen einiger Schläfer störte noch die Mittags-Mitternachtsstunde.

Da kam ein rüstiger Bursche raschen Schritts mit einem Kruge daher. Auf seinem sonnengebräun-

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[0012] den Grases mischte. Das Mädchen hatte ihr Tuch von dem heißen Gesichte genommen und einen Haufen rother und blauer Blumen auf die abgebundene Schürze geworfen, die sie aus dem grünen Korne gepflückt, wo sie sie eben abreichen können; sie war nicht gerade schön zu nennen, aber leicht und zart gebaut, und aus dem klaren Auge strahlte eine Frische des Ausdrucks, welche an den Blick des Rehes erinnerte. Während die andern Dirnen entweder schliefen oder unter einander plauderten und mit den wenigen jüngeren Burschen schwatzten, bei denen ländliche Gefallsucht die Müdigkeit überwunden, lag nur eine einzelne Gefährtin neben ihr, und sie saß abgesondert und geringen Antheil nehmend, scheinbar in den schönen Kranz vertieft, der ihr unter den Händen wuchs; nur zuweilen blickte sie verstohlen von der Scene abwärts, die stiller und stiller ward. Das Lüftchen schwieg endlich auch und machte einer drückenden Schwüle Platz; keine Grille, kein Vogel rührte sich; die einzelnen Schmetterlinge, welche die Sense aus dem blühenden Grase verscheucht hatte, waren verschwunden und suchten Kühlung und Feuchtigkeit an der Wurzel des Kornes oder am benachbarten Quell bei den Libellen; das Geplauder der Mädchen und Knaben war verstummt, nur das Schnarchen einiger Schläfer störte noch die Mittags-Mitternachtsstunde. Da kam ein rüstiger Bursche raschen Schritts mit einem Kruge daher. Auf seinem sonnengebräun-

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-10T13:46:34Z)

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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/12>, abgerufen am 24.11.2024.