Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie ist nun meine Frau, erwiderte Fritz. Bist du's nicht, Lieschen?

Ja, flüsterte Lieschen kaum hörbar.

Hört Ihr's, Herr Pastor? fragte Fritz. Sie hat hier noch einmal ja gesagt.

Der Pfarrer stand und kaute an den Nägeln; jetzt kamen, von dem lauten Gespräch gelockt, einige Leute herbei und stellten sich umher; sie horchten, sie murmelten unter einander. Herr Pastor, sagte Klaus, das kostet wohl noch ein hübsch Stück Geld, wenn man sich scheiden lassen will?

Freilich, sagte der Pfarrer verdrießlich, umsonst ist der Tod.

Da haben wir's, rief Töffel. -- Das ist nun dein kluger Einfall, erwiderte Klaus. Erst Geld fürs Trauen, dann fürs Scheiden und zuletzt wieder fürs Trauen. Hätte ich das gewußt, ich hätte Hochzeit zu Weihnachten gemacht, und nicht auf Martenstag! Sie wechselten noch einige Worte unter einander, dann zogen sie sich mit ihren Weibern ein wenig zurück, während der Pfarrer dem Bäcker die Schritte erklärte, die stattfinden müßten, um das eben Gebundene wieder aufzulösen. So werde ich berichten, schloß er, dann werdet ihr sämmtlich vors Konsistorium citirt werden, wo ihr meine Aussage alle in Person bekräftigen müßt --

Was, rief Klaus herüber, auch vors Konsistoriuin sollten wir noch, wir sollten noch nach H. darum reisen?

Sie ist nun meine Frau, erwiderte Fritz. Bist du's nicht, Lieschen?

Ja, flüsterte Lieschen kaum hörbar.

Hört Ihr's, Herr Pastor? fragte Fritz. Sie hat hier noch einmal ja gesagt.

Der Pfarrer stand und kaute an den Nägeln; jetzt kamen, von dem lauten Gespräch gelockt, einige Leute herbei und stellten sich umher; sie horchten, sie murmelten unter einander. Herr Pastor, sagte Klaus, das kostet wohl noch ein hübsch Stück Geld, wenn man sich scheiden lassen will?

Freilich, sagte der Pfarrer verdrießlich, umsonst ist der Tod.

Da haben wir's, rief Töffel. — Das ist nun dein kluger Einfall, erwiderte Klaus. Erst Geld fürs Trauen, dann fürs Scheiden und zuletzt wieder fürs Trauen. Hätte ich das gewußt, ich hätte Hochzeit zu Weihnachten gemacht, und nicht auf Martenstag! Sie wechselten noch einige Worte unter einander, dann zogen sie sich mit ihren Weibern ein wenig zurück, während der Pfarrer dem Bäcker die Schritte erklärte, die stattfinden müßten, um das eben Gebundene wieder aufzulösen. So werde ich berichten, schloß er, dann werdet ihr sämmtlich vors Konsistorium citirt werden, wo ihr meine Aussage alle in Person bekräftigen müßt —

Was, rief Klaus herüber, auch vors Konsistoriuin sollten wir noch, wir sollten noch nach H. darum reisen?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0113"/>
        <p>Sie ist nun meine Frau, erwiderte Fritz. Bist du's nicht, Lieschen?</p><lb/>
        <p>Ja, flüsterte Lieschen kaum hörbar.</p><lb/>
        <p>Hört Ihr's, Herr Pastor? fragte Fritz. Sie hat hier noch einmal ja gesagt.</p><lb/>
        <p>Der Pfarrer stand und kaute an den Nägeln; jetzt kamen, von dem lauten Gespräch                gelockt, einige Leute herbei und stellten sich umher; sie horchten, sie murmelten                unter einander. Herr Pastor, sagte Klaus, das kostet wohl noch ein hübsch Stück Geld,                wenn man sich scheiden lassen will?</p><lb/>
        <p>Freilich, sagte der Pfarrer verdrießlich, umsonst ist der Tod.</p><lb/>
        <p>Da haben wir's, rief Töffel. &#x2014; Das ist nun dein kluger Einfall, erwiderte Klaus. Erst                Geld fürs Trauen, dann fürs Scheiden und zuletzt wieder fürs Trauen. Hätte ich das                gewußt, ich hätte Hochzeit zu Weihnachten gemacht, und nicht auf Martenstag! Sie                wechselten noch einige Worte unter einander, dann zogen sie sich mit ihren Weibern                ein wenig zurück, während der Pfarrer dem Bäcker die Schritte erklärte, die                stattfinden müßten, um das eben Gebundene wieder aufzulösen. So werde ich berichten,                schloß er, dann werdet ihr sämmtlich vors Konsistorium citirt werden, wo ihr meine                Aussage alle in Person bekräftigen müßt &#x2014;</p><lb/>
        <p>Was, rief Klaus herüber, auch vors Konsistoriuin sollten wir noch, wir sollten noch                nach H. darum reisen?<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0113] Sie ist nun meine Frau, erwiderte Fritz. Bist du's nicht, Lieschen? Ja, flüsterte Lieschen kaum hörbar. Hört Ihr's, Herr Pastor? fragte Fritz. Sie hat hier noch einmal ja gesagt. Der Pfarrer stand und kaute an den Nägeln; jetzt kamen, von dem lauten Gespräch gelockt, einige Leute herbei und stellten sich umher; sie horchten, sie murmelten unter einander. Herr Pastor, sagte Klaus, das kostet wohl noch ein hübsch Stück Geld, wenn man sich scheiden lassen will? Freilich, sagte der Pfarrer verdrießlich, umsonst ist der Tod. Da haben wir's, rief Töffel. — Das ist nun dein kluger Einfall, erwiderte Klaus. Erst Geld fürs Trauen, dann fürs Scheiden und zuletzt wieder fürs Trauen. Hätte ich das gewußt, ich hätte Hochzeit zu Weihnachten gemacht, und nicht auf Martenstag! Sie wechselten noch einige Worte unter einander, dann zogen sie sich mit ihren Weibern ein wenig zurück, während der Pfarrer dem Bäcker die Schritte erklärte, die stattfinden müßten, um das eben Gebundene wieder aufzulösen. So werde ich berichten, schloß er, dann werdet ihr sämmtlich vors Konsistorium citirt werden, wo ihr meine Aussage alle in Person bekräftigen müßt — Was, rief Klaus herüber, auch vors Konsistoriuin sollten wir noch, wir sollten noch nach H. darum reisen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-10T13:46:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat/ formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/113
Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/113>, abgerufen am 22.11.2024.