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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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Jch geschweige der
sie so gar den Pathen den erbärmlichen Zustand
des Kindes wiese, und sie solchen mit den Au-
gen sehen ließe.

§. 127.

Mit diesem ist gantz nahe verwandt ein an-
derer Affect, der mich auch bisweilen überfallen,
auch wohl mit jenem zu gleicher Zeit mich in-
commodi
ret. Nemlich es wurden um ein
leichtes, und offters, ehe ich mich es versahe, die
Lebens-Geister im Haupte so flüchtig, daß die
Gedancken wunderlich unter einander zu lauffen
anfiengen, und daß mir lauter toll Zeug einfiel,
und Bilder vorkamen, die gantz keine Conne-
xion
unter einander hatten. Mit einem Worte,
es ward mir so übel und seltsam, daß ich mich
kaum erhalten kunte, daß ich nicht lermmte, schrye,
jauchzete, und andere unanständige Dinge vor-
nahm. Es kan einem Menschen, der seines Ver-
standes soll beraubet werden, nicht anders seyn,
so daß ich solches Ubel iederzeit vor eine Disposition
dazu angesehen, und mich nicht einen Schritt
weit vom Delirio geachtet habe; wiewol GOtt
noch allemahl aus Gnaden solches abgewendet
und verhütet. Jch kan nicht beschreiben, wie
angst mir offt worden, wenn ich des Abends im
Bette gern einschlafen wollen, und es im Haupte
dermassen zu stürmen, und unter einander zu gehen

ange-
O o 3

Jch geſchweige der
ſie ſo gar den Pathen den erbaͤrmlichen Zuſtand
des Kindes wieſe, und ſie ſolchen mit den Au-
gen ſehen ließe.

§. 127.

Mit dieſem iſt gantz nahe verwandt ein an-
derer Affect, der mich auch bisweilen uͤberfallen,
auch wohl mit jenem zu gleicher Zeit mich in-
commodi
ret. Nemlich es wurden um ein
leichtes, und offters, ehe ich mich es verſahe, die
Lebens-Geiſter im Haupte ſo fluͤchtig, daß die
Gedancken wunderlich unter einander zu lauffen
anfiengen, und daß mir lauter toll Zeug einfiel,
und Bilder vorkamen, die gantz keine Conne-
xion
unter einander hatten. Mit einem Worte,
es ward mir ſo uͤbel und ſeltſam, daß ich mich
kaum erhalten kunte, daß ich nicht lermmte, ſchrye,
jauchzete, und andere unanſtaͤndige Dinge vor-
nahm. Es kan einem Menſchen, der ſeines Ver-
ſtandes ſoll beraubet werden, nicht anders ſeyn,
ſo daß ich ſolches Ubel iederzeit vor eine Diſpoſition
dazu angeſehen, und mich nicht einen Schritt
weit vom Delirio geachtet habe; wiewol GOtt
noch allemahl aus Gnaden ſolches abgewendet
und verhuͤtet. Jch kan nicht beſchreiben, wie
angſt mir offt worden, wenn ich des Abends im
Bette gern einſchlafen wollen, und es im Haupte
dermaſſen zu ſtuͤrmen, und unter einander zu gehen

ange-
O o 3
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[581/0627] Jch geſchweige der ſie ſo gar den Pathen den erbaͤrmlichen Zuſtand des Kindes wieſe, und ſie ſolchen mit den Au- gen ſehen ließe. §. 127. Mit dieſem iſt gantz nahe verwandt ein an- derer Affect, der mich auch bisweilen uͤberfallen, auch wohl mit jenem zu gleicher Zeit mich in- commodiret. Nemlich es wurden um ein leichtes, und offters, ehe ich mich es verſahe, die Lebens-Geiſter im Haupte ſo fluͤchtig, daß die Gedancken wunderlich unter einander zu lauffen anfiengen, und daß mir lauter toll Zeug einfiel, und Bilder vorkamen, die gantz keine Conne- xion unter einander hatten. Mit einem Worte, es ward mir ſo uͤbel und ſeltſam, daß ich mich kaum erhalten kunte, daß ich nicht lermmte, ſchrye, jauchzete, und andere unanſtaͤndige Dinge vor- nahm. Es kan einem Menſchen, der ſeines Ver- ſtandes ſoll beraubet werden, nicht anders ſeyn, ſo daß ich ſolches Ubel iederzeit vor eine Diſpoſition dazu angeſehen, und mich nicht einen Schritt weit vom Delirio geachtet habe; wiewol GOtt noch allemahl aus Gnaden ſolches abgewendet und verhuͤtet. Jch kan nicht beſchreiben, wie angſt mir offt worden, wenn ich des Abends im Bette gern einſchlafen wollen, und es im Haupte dermaſſen zu ſtuͤrmen, und unter einander zu gehen ange- O o 3

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/627>, abgerufen am 24.11.2024.