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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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der bösen, und verkehrten Welt,
gar leicht bey dergleichen Fällen in Verdacht
hält, denen man sonst wegen vieler Umstände
in puncto sexti nicht viel Gutes zutrauet, sie
mögen verheyrathet, oder nicht verheyrathet
seyn; doch dafern der Haus-Wirth ein Pre-
diger ist, so fällt aller Verdacht bey dergleichen
Fällen auf denselben, wo er noch unverheyra-
thet ist. Der unsägliche Durst und Verlan-
gen, das die Welt-Kinder haben von ihrem
Prediger, insonderheit wenn er berühmt und
beliebt ist, zu hören, daß er diese, oder jene
Sünde begangen, macht sie zu solchen Zeiten
gantz blind, daß sie zwischen dem wahrscheinli-
chen, und unwahrscheinlichen gar keinen Unter-
scheid zu machen fähig sind. Jch glaube zwar,
daß einige, damit sie nur in Gesellschafften sich
auf dergleichen Dinge was zu gute thun, und
einander lustig machen können, manchen Lehrer
im Hertzen alsdann vor unschuldig halten, ob
sie gleich mit den andern, so ihn verdächtig hal-
ten, in Worten und zum Schein einstimmig
sind; es sind aber auch deren genug, die das
expedit nobis hoc esse verum, Ergo est ve-
rum,
als das gemeine Vorurtheil, wozu die
Passionen die Menschen verleiten, zum Grunde
ihrer Schlüsse und Urtheile machen.

Da der bekannte Casus Anno 1723. in mei-
nem Hause vorgieng, da raseten, lermeten, und

tobe-

der boͤſen, und verkehrten Welt,
gar leicht bey dergleichen Faͤllen in Verdacht
haͤlt, denen man ſonſt wegen vieler Umſtaͤnde
in puncto ſexti nicht viel Gutes zutrauet, ſie
moͤgen verheyrathet, oder nicht verheyrathet
ſeyn; doch dafern der Haus-Wirth ein Pre-
diger iſt, ſo faͤllt aller Verdacht bey dergleichen
Faͤllen auf denſelben, wo er noch unverheyra-
thet iſt. Der unſaͤgliche Durſt und Verlan-
gen, das die Welt-Kinder haben von ihrem
Prediger, inſonderheit wenn er beruͤhmt und
beliebt iſt, zu hoͤren, daß er dieſe, oder jene
Suͤnde begangen, macht ſie zu ſolchen Zeiten
gantz blind, daß ſie zwiſchen dem wahrſcheinli-
chen, und unwahrſcheinlichen gar keinen Unter-
ſcheid zu machen faͤhig ſind. Jch glaube zwar,
daß einige, damit ſie nur in Geſellſchafften ſich
auf dergleichen Dinge was zu gute thun, und
einander luſtig machen koͤnnen, manchen Lehrer
im Hertzen alsdann vor unſchuldig halten, ob
ſie gleich mit den andern, ſo ihn verdaͤchtig hal-
ten, in Worten und zum Schein einſtimmig
ſind; es ſind aber auch deren genug, die das
expedit nobis hoc eſſe verum, Ergo eſt ve-
rum,
als das gemeine Vorurtheil, wozu die
Paſſionen die Menſchen verleiten, zum Grunde
ihrer Schluͤſſe und Urtheile machen.

Da der bekannte Caſus Anno 1723. in mei-
nem Hauſe vorgieng, da raſeten, lermeten, und

tobe-
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[555/0601] der boͤſen, und verkehrten Welt, gar leicht bey dergleichen Faͤllen in Verdacht haͤlt, denen man ſonſt wegen vieler Umſtaͤnde in puncto ſexti nicht viel Gutes zutrauet, ſie moͤgen verheyrathet, oder nicht verheyrathet ſeyn; doch dafern der Haus-Wirth ein Pre- diger iſt, ſo faͤllt aller Verdacht bey dergleichen Faͤllen auf denſelben, wo er noch unverheyra- thet iſt. Der unſaͤgliche Durſt und Verlan- gen, das die Welt-Kinder haben von ihrem Prediger, inſonderheit wenn er beruͤhmt und beliebt iſt, zu hoͤren, daß er dieſe, oder jene Suͤnde begangen, macht ſie zu ſolchen Zeiten gantz blind, daß ſie zwiſchen dem wahrſcheinli- chen, und unwahrſcheinlichen gar keinen Unter- ſcheid zu machen faͤhig ſind. Jch glaube zwar, daß einige, damit ſie nur in Geſellſchafften ſich auf dergleichen Dinge was zu gute thun, und einander luſtig machen koͤnnen, manchen Lehrer im Hertzen alsdann vor unſchuldig halten, ob ſie gleich mit den andern, ſo ihn verdaͤchtig hal- ten, in Worten und zum Schein einſtimmig ſind; es ſind aber auch deren genug, die das expedit nobis hoc eſſe verum, Ergo eſt ve- rum, als das gemeine Vorurtheil, wozu die Paſſionen die Menſchen verleiten, zum Grunde ihrer Schluͤſſe und Urtheile machen. Da der bekannte Caſus Anno 1723. in mei- nem Hauſe vorgieng, da raſeten, lermeten, und tobe-

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/601>, abgerufen am 22.11.2024.