Erden, und die vergängliche Lust der Welt. Die Wollüstigen, Geitzigen, und Ehrgeitzigen hangen mit gantzem Hertzen, und mit gantzer Seele an der fleischlichen Wollust, an den Reichthümern, und Ehre dieser Welt, und alle ihre andere Sünden, und gottlose Wercke sind Ausbrüche dieser ihrer herrschenden Sünden. Alle Traurigkeit, Angst, Kränckung, entste- het in der Welt bey dem Menschen, wenn er entweder das eingebildete Gut nicht erlangen kan, was er gern hätte; oder wenn er dessen, was er am meisten liebet, und woran er sich am meisten ergötzet, beraubet wird. Nun ver- lieret der Gottlose im Tode alle seine Güther, an denen er in diesem Leben alle seine Freude und Lust gehabt. GOtt, das höchste Gut, hat ihm niemahls angestanden, und kein Ver- gnügen gemacht; so muß er nothwendig im Tode in das höchste Ach, Jammer, und Weh, ewiges Hertzeleid, Angst, Traurigkeit, und Verzweiffelung verfallen. So offt er also mit gantzem Hertzen und herrschender Liebe die- sen irdischen Güthern nachläuffet, so laufft er eo ipso, und eben dadurch von GOTT weg, und kan unmöglich zu GOtt kommen; und ist eben so thöricht, als wenn einer hier gegen Mit- tag zu hinaus reisete, und wolte vorgeben, er reisete nach Halle zu; da er doch eben dieser
Stadt
ſo er offters vorgetragen,
Erden, und die vergaͤngliche Luſt der Welt. Die Wolluͤſtigen, Geitzigen, und Ehrgeitzigen hangen mit gantzem Hertzen, und mit gantzer Seele an der fleiſchlichen Wolluſt, an den Reichthuͤmern, und Ehre dieſer Welt, und alle ihre andere Suͤnden, und gottloſe Wercke ſind Ausbruͤche dieſer ihrer herrſchenden Suͤnden. Alle Traurigkeit, Angſt, Kraͤnckung, entſte- het in der Welt bey dem Menſchen, wenn er entweder das eingebildete Gut nicht erlangen kan, was er gern haͤtte; oder wenn er deſſen, was er am meiſten liebet, und woran er ſich am meiſten ergoͤtzet, beraubet wird. Nun ver- lieret der Gottloſe im Tode alle ſeine Guͤther, an denen er in dieſem Leben alle ſeine Freude und Luſt gehabt. GOtt, das hoͤchſte Gut, hat ihm niemahls angeſtanden, und kein Ver- gnuͤgen gemacht; ſo muß er nothwendig im Tode in das hoͤchſte Ach, Jammer, und Weh, ewiges Hertzeleid, Angſt, Traurigkeit, und Verzweiffelung verfallen. So offt er alſo mit gantzem Hertzen und herrſchender Liebe die- ſen irdiſchen Guͤthern nachlaͤuffet, ſo laufft er eo ipſo, und eben dadurch von GOTT weg, und kan unmoͤglich zu GOtt kommen; und iſt eben ſo thoͤricht, als wenn einer hier gegen Mit- tag zu hinaus reiſete, und wolte vorgeben, er reiſete nach Halle zu; da er doch eben dieſer
Stadt
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ſo er offters vorgetragen,
Erden, und die vergaͤngliche Luſt der Welt.
Die Wolluͤſtigen, Geitzigen, und Ehrgeitzigen
hangen mit gantzem Hertzen, und mit gantzer
Seele an der fleiſchlichen Wolluſt, an den
Reichthuͤmern, und Ehre dieſer Welt, und alle
ihre andere Suͤnden, und gottloſe Wercke ſind
Ausbruͤche dieſer ihrer herrſchenden Suͤnden.
Alle Traurigkeit, Angſt, Kraͤnckung, entſte-
het in der Welt bey dem Menſchen, wenn er
entweder das eingebildete Gut nicht erlangen
kan, was er gern haͤtte; oder wenn er deſſen,
was er am meiſten liebet, und woran er ſich am
meiſten ergoͤtzet, beraubet wird. Nun ver-
lieret der Gottloſe im Tode alle ſeine Guͤther,
an denen er in dieſem Leben alle ſeine Freude
und Luſt gehabt. GOtt, das hoͤchſte Gut,
hat ihm niemahls angeſtanden, und kein Ver-
gnuͤgen gemacht; ſo muß er nothwendig im
Tode in das hoͤchſte Ach, Jammer, und Weh,
ewiges Hertzeleid, Angſt, Traurigkeit, und
Verzweiffelung verfallen. So offt er alſo
mit gantzem Hertzen und herrſchender Liebe die-
ſen irdiſchen Guͤthern nachlaͤuffet, ſo laufft er
eo ipſo, und eben dadurch von GOTT weg,
und kan unmoͤglich zu GOtt kommen; und iſt
eben ſo thoͤricht, als wenn einer hier gegen Mit-
tag zu hinaus reiſete, und wolte vorgeben, er
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/569>, abgerufen am 22.11.2024.
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