Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

und consuliret Herr D. Stahlen,
tation angegeben. Jch schrieb sie demnach alle
auf einen Zeddul in der schönsten Ordnung, be-
gehrte von ihm in Ansehung meiner Kranckheit
ein Consilium medicum. Da ich nun meynte,
er würde unfehlbar diese Signa vor Signa hecticae
halten müssen, wo er nicht leugnen, und um-
stossen wolte, was er selbst in seiner eignen Di-
sputation
geschrieben, so wolte er doch nicht viel
draus machen: meynte, es würde mit diesem
Patienten nicht viel zu bedeuten haben: der-
selbe solle nur Aderlassen, seine Pillen brauchen,
und sich seines rothen Pulvers bedienen. Jch
gieng von ihm weg, und wuste nicht, was ich
von ihm, und andern Medicis gedencken solte.
Kennt dieser große Medicus, dacht ich im
Heimgehen bey mir selbst, nicht die Kranck-
heit aus den 10. oder 12. Signis, welche er selbst an-
gegeben, quid de caeteris fiet? Und ich sahe
doch gegen meine ehemalige völlige Leibes- und
Gesundheits-Gestalt zu rechnen, ietzund wie ein
Sceleton aus; so daß, alß mich im Rückwege
auf der Kutschen Mons. Rhönisch unvermuthet
antraff, er sich zu entsetzen anfieng, alß er mich
sahe, als der sich auf mein sonst völliges Ge-
sichte, und fette starcke Fäuste noch gar wohl zu
besinnen wuste.

Dieser Rhönisch hatte Anno 1705. bis 1706.
Collegia bey mir gehalten, und sich vor andern

Audi-
H h 4

und conſuliret Herr D. Stahlen,
tation angegeben. Jch ſchrieb ſie demnach alle
auf einen Zeddul in der ſchoͤnſten Ordnung, be-
gehrte von ihm in Anſehung meiner Kranckheit
ein Conſilium medicum. Da ich nun meynte,
er wuͤrde unfehlbar dieſe Signa vor Signa hecticæ
halten muͤſſen, wo er nicht leugnen, und um-
ſtoſſen wolte, was er ſelbſt in ſeiner eignen Di-
ſputation
geſchrieben, ſo wolte er doch nicht viel
draus machen: meynte, es wuͤrde mit dieſem
Patienten nicht viel zu bedeuten haben: der-
ſelbe ſolle nur Aderlaſſen, ſeine Pillen brauchen,
und ſich ſeines rothen Pulvers bedienen. Jch
gieng von ihm weg, und wuſte nicht, was ich
von ihm, und andern Medicis gedencken ſolte.
Kennt dieſer große Medicus, dacht ich im
Heimgehen bey mir ſelbſt, nicht die Kranck-
heit aus den 10. oder 12. Signis, welche er ſelbſt an-
gegeben, quid de cæteris fiet? Und ich ſahe
doch gegen meine ehemalige voͤllige Leibes- und
Geſundheits-Geſtalt zu rechnen, ietzund wie ein
Sceleton aus; ſo daß, alß mich im Ruͤckwege
auf der Kutſchen Monſ. Rhoͤniſch unvermuthet
antraff, er ſich zu entſetzen anfieng, alß er mich
ſahe, als der ſich auf mein ſonſt voͤlliges Ge-
ſichte, und fette ſtarcke Faͤuſte noch gar wohl zu
beſinnen wuſte.

Dieſer Rhoͤniſch hatte Anno 1705. bis 1706.
Collegia bey mir gehalten, und ſich vor andern

Audi-
H h 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0533" n="487"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und <hi rendition="#aq">con&#x017F;uli</hi>ret Herr <hi rendition="#aq">D.</hi> Stahlen,</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">tation</hi> angegeben. Jch &#x017F;chrieb &#x017F;ie demnach alle<lb/>
auf einen Zeddul in der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Ordnung, be-<lb/>
gehrte von ihm in An&#x017F;ehung meiner Kranckheit<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ilium medicum.</hi> <hi rendition="#fr">Da ich nun meynte,</hi><lb/>
er wu&#x0364;rde unfehlbar die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Signa</hi> vor <hi rendition="#aq">Signa hecticæ</hi><lb/>
halten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wo er nicht leugnen, und um-<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en wolte, was er &#x017F;elb&#x017F;t in &#x017F;einer eignen <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
&#x017F;putation</hi> ge&#x017F;chrieben, &#x017F;o wolte er doch nicht viel<lb/>
draus machen: meynte, es wu&#x0364;rde mit die&#x017F;em<lb/>
Patienten nicht viel zu bedeuten haben: der-<lb/>
&#x017F;elbe &#x017F;olle nur Aderla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;eine Pillen brauchen,<lb/>
und &#x017F;ich &#x017F;eines rothen Pulvers bedienen. Jch<lb/>
gieng von ihm weg, und wu&#x017F;te nicht, was ich<lb/>
von ihm, und andern <hi rendition="#aq">Medicis</hi> gedencken &#x017F;olte.<lb/>
Kennt die&#x017F;er <hi rendition="#fr">große</hi> <hi rendition="#aq">Medicus,</hi> dacht ich im<lb/>
Heimgehen bey mir &#x017F;elb&#x017F;t, nicht die Kranck-<lb/>
heit aus den 10. oder 12. <hi rendition="#aq">Signis,</hi> welche er &#x017F;elb&#x017F;t an-<lb/>
gegeben, <hi rendition="#aq">quid de cæteris fiet?</hi> Und ich &#x017F;ahe<lb/>
doch gegen meine ehemalige vo&#x0364;llige Leibes- und<lb/>
Ge&#x017F;undheits-Ge&#x017F;talt zu rechnen, ietzund wie ein<lb/><hi rendition="#aq">Sceleton</hi> aus; &#x017F;o daß, alß mich im Ru&#x0364;ckwege<lb/>
auf der Kut&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;.</hi> Rho&#x0364;ni&#x017F;ch unvermuthet<lb/>
antraff, er &#x017F;ich zu ent&#x017F;etzen anfieng, alß er mich<lb/>
&#x017F;ahe, als der &#x017F;ich auf mein &#x017F;on&#x017F;t vo&#x0364;lliges Ge-<lb/>
&#x017F;ichte, und fette &#x017F;tarcke Fa&#x0364;u&#x017F;te noch gar wohl zu<lb/>
be&#x017F;innen wu&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Rho&#x0364;ni&#x017F;ch hatte <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1705. bis 1706.<lb/><hi rendition="#aq">Collegia</hi> bey mir gehalten, und &#x017F;ich vor andern<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 4</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Audi-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[487/0533] und conſuliret Herr D. Stahlen, tation angegeben. Jch ſchrieb ſie demnach alle auf einen Zeddul in der ſchoͤnſten Ordnung, be- gehrte von ihm in Anſehung meiner Kranckheit ein Conſilium medicum. Da ich nun meynte, er wuͤrde unfehlbar dieſe Signa vor Signa hecticæ halten muͤſſen, wo er nicht leugnen, und um- ſtoſſen wolte, was er ſelbſt in ſeiner eignen Di- ſputation geſchrieben, ſo wolte er doch nicht viel draus machen: meynte, es wuͤrde mit dieſem Patienten nicht viel zu bedeuten haben: der- ſelbe ſolle nur Aderlaſſen, ſeine Pillen brauchen, und ſich ſeines rothen Pulvers bedienen. Jch gieng von ihm weg, und wuſte nicht, was ich von ihm, und andern Medicis gedencken ſolte. Kennt dieſer große Medicus, dacht ich im Heimgehen bey mir ſelbſt, nicht die Kranck- heit aus den 10. oder 12. Signis, welche er ſelbſt an- gegeben, quid de cæteris fiet? Und ich ſahe doch gegen meine ehemalige voͤllige Leibes- und Geſundheits-Geſtalt zu rechnen, ietzund wie ein Sceleton aus; ſo daß, alß mich im Ruͤckwege auf der Kutſchen Monſ. Rhoͤniſch unvermuthet antraff, er ſich zu entſetzen anfieng, alß er mich ſahe, als der ſich auf mein ſonſt voͤlliges Ge- ſichte, und fette ſtarcke Faͤuſte noch gar wohl zu beſinnen wuſte. Dieſer Rhoͤniſch hatte Anno 1705. bis 1706. Collegia bey mir gehalten, und ſich vor andern Audi- H h 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/533
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/533>, abgerufen am 22.11.2024.