Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

einer würcklichen Kranckheit
Wahn curiren. Jch will dir sagen, was ich
vor medios terminos damahls hatte, die mich
bewegten, daß ich statuirte, daß ich nicht gesund,
sondern eines Artztes bedürfftig wäre. Jch war
1) verstopfft im Leibe, 2) hatte keinen Appetit zum
Essen und Trincken, 3) stieß es mir den gantzen
Tag auf, 4) der Ober-Theil des Magens war
geschwollen, 5) es drückte mich auf der rechten
Brust, und fieng mich es auch an zuweilen auf
derselben zu stechen, so gar, daß ich des Nachts
nicht auf der rechten Seite liegen kunte, 6) wenn
ich mich kaum des Abends ins Bette geleget
hatte, so brach der Schweiß Hauffen-Weise
heraus, und währte bis an Morgen. 7) Jch
kunte vor Schwindel auf der Gasse nicht mehr
gehen, 8) offters spührte ich starckes Hertz-Klopf-
fen, 9) das Fleisch fiel zusehende vom Leibe, und
kamen alle Adern hervor, 10) in vola und in der
Fläche der Hände und der Füsse hatte ich solche
Hitze, daß, wo ich nur einen Stuhl, Tisch,
oder nur was kühlendes antraff, ich die flache
Hand drauf legte, um die Hitze nicht so sehr zu
empfinden, 11) nach der Mahlzeit war der rechte
Backe, und das rechte Ohr-Läpgen Feuer-roth,
und die lincke Seite hingegen blaß, so daß die,
so um mich waren, sich recht darüber verwunder-
ten; andere Dinge zugeschweigen, die mir ietzt
nicht mehr alle einfallen. Nun so will ich

alle

einer wuͤrcklichen Kranckheit
Wahn curiren. Jch will dir ſagen, was ich
vor medios terminos damahls hatte, die mich
bewegten, daß ich ſtatuirte, daß ich nicht geſund,
ſondern eines Artztes beduͤrfftig waͤre. Jch war
1) verſtopfft im Leibe, 2) hatte keinen Appetit zum
Eſſen und Trincken, 3) ſtieß es mir den gantzen
Tag auf, 4) der Ober-Theil des Magens war
geſchwollen, 5) es druͤckte mich auf der rechten
Bruſt, und fieng mich es auch an zuweilen auf
derſelben zu ſtechen, ſo gar, daß ich des Nachts
nicht auf der rechten Seite liegen kunte, 6) wenn
ich mich kaum des Abends ins Bette geleget
hatte, ſo brach der Schweiß Hauffen-Weiſe
heraus, und waͤhrte bis an Morgen. 7) Jch
kunte vor Schwindel auf der Gaſſe nicht mehr
gehen, 8) offters ſpuͤhrte ich ſtarckes Hertz-Klopf-
fen, 9) das Fleiſch fiel zuſehende vom Leibe, und
kamen alle Adern hervor, 10) in vola und in der
Flaͤche der Haͤnde und der Fuͤſſe hatte ich ſolche
Hitze, daß, wo ich nur einen Stuhl, Tiſch,
oder nur was kuͤhlendes antraff, ich die flache
Hand drauf legte, um die Hitze nicht ſo ſehr zu
empfinden, 11) nach der Mahlzeit war der rechte
Backe, und das rechte Ohr-Laͤpgen Feuer-roth,
und die lincke Seite hingegen blaß, ſo daß die,
ſo um mich waren, ſich recht daruͤber verwunder-
ten; andere Dinge zugeſchweigen, die mir ietzt
nicht mehr alle einfallen. Nun ſo will ich

alle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0525" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">einer wu&#x0364;rcklichen Kranckheit</hi></fw><lb/>
Wahn <hi rendition="#aq">curi</hi>ren. Jch will dir &#x017F;agen, was ich<lb/>
vor <hi rendition="#aq">medios terminos</hi> damahls hatte, die mich<lb/>
bewegten, daß ich <hi rendition="#aq">&#x017F;tatui</hi>rte, daß ich nicht ge&#x017F;und,<lb/>
&#x017F;ondern eines Artztes bedu&#x0364;rfftig wa&#x0364;re. Jch war<lb/>
1) ver&#x017F;topfft im Leibe, 2) hatte keinen <hi rendition="#aq">Appetit</hi> zum<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en und Trincken, 3) &#x017F;tieß es mir den gantzen<lb/>
Tag auf, 4) der Ober-Theil des Magens war<lb/>
ge&#x017F;chwollen, 5) es dru&#x0364;ckte mich auf der rechten<lb/>
Bru&#x017F;t, und fieng mich es auch an zuweilen auf<lb/>
der&#x017F;elben zu &#x017F;techen, &#x017F;o gar, daß ich des Nachts<lb/>
nicht auf der rechten Seite liegen kunte, 6) wenn<lb/>
ich mich kaum des Abends ins Bette geleget<lb/>
hatte, &#x017F;o brach der Schweiß Hauffen-Wei&#x017F;e<lb/>
heraus, und wa&#x0364;hrte bis an Morgen. 7) Jch<lb/>
kunte vor Schwindel auf der Ga&#x017F;&#x017F;e nicht mehr<lb/>
gehen, 8) offters &#x017F;pu&#x0364;hrte ich &#x017F;tarckes Hertz-Klopf-<lb/>
fen, 9) das Flei&#x017F;ch fiel zu&#x017F;ehende vom Leibe, und<lb/>
kamen alle Adern hervor, 10) <hi rendition="#aq">in vola</hi> und in der<lb/>
Fla&#x0364;che der Ha&#x0364;nde und der Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hatte ich &#x017F;olche<lb/>
Hitze, daß, wo ich nur einen Stuhl, Ti&#x017F;ch,<lb/>
oder nur was ku&#x0364;hlendes antraff, ich die flache<lb/>
Hand drauf legte, um die Hitze nicht &#x017F;o &#x017F;ehr zu<lb/>
empfinden, 11) nach der Mahlzeit war der rechte<lb/>
Backe, und das rechte Ohr-La&#x0364;pgen Feuer-roth,<lb/>
und die lincke Seite hingegen blaß, &#x017F;o daß die,<lb/>
&#x017F;o um mich waren, &#x017F;ich recht daru&#x0364;ber verwunder-<lb/>
ten; andere Dinge zuge&#x017F;chweigen, die mir ietzt<lb/>
nicht mehr alle einfallen. Nun &#x017F;o will ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0525] einer wuͤrcklichen Kranckheit Wahn curiren. Jch will dir ſagen, was ich vor medios terminos damahls hatte, die mich bewegten, daß ich ſtatuirte, daß ich nicht geſund, ſondern eines Artztes beduͤrfftig waͤre. Jch war 1) verſtopfft im Leibe, 2) hatte keinen Appetit zum Eſſen und Trincken, 3) ſtieß es mir den gantzen Tag auf, 4) der Ober-Theil des Magens war geſchwollen, 5) es druͤckte mich auf der rechten Bruſt, und fieng mich es auch an zuweilen auf derſelben zu ſtechen, ſo gar, daß ich des Nachts nicht auf der rechten Seite liegen kunte, 6) wenn ich mich kaum des Abends ins Bette geleget hatte, ſo brach der Schweiß Hauffen-Weiſe heraus, und waͤhrte bis an Morgen. 7) Jch kunte vor Schwindel auf der Gaſſe nicht mehr gehen, 8) offters ſpuͤhrte ich ſtarckes Hertz-Klopf- fen, 9) das Fleiſch fiel zuſehende vom Leibe, und kamen alle Adern hervor, 10) in vola und in der Flaͤche der Haͤnde und der Fuͤſſe hatte ich ſolche Hitze, daß, wo ich nur einen Stuhl, Tiſch, oder nur was kuͤhlendes antraff, ich die flache Hand drauf legte, um die Hitze nicht ſo ſehr zu empfinden, 11) nach der Mahlzeit war der rechte Backe, und das rechte Ohr-Laͤpgen Feuer-roth, und die lincke Seite hingegen blaß, ſo daß die, ſo um mich waren, ſich recht daruͤber verwunder- ten; andere Dinge zugeſchweigen, die mir ietzt nicht mehr alle einfallen. Nun ſo will ich alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/525
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/525>, abgerufen am 03.07.2024.