tödtet; weil es wider alle menschliche Natur zu seyn scheinet, daß ein Mensch seinen eigenen Tod auf eine erschreckliche Weise durch tödtli- che Waffen verursachen soll. Jndem nie- mand sein eigen Fleisch hasset, so erschrickt fast iederman, wenn dergleichen Zufall sich ereignet. Die Menschen erzehlen es einander mit fürch- terlichen, und ängstlichen Worten und Gebehr- den; und wie ehemahls Bileam wünschte, daß er sterben möchte des Todes der Ge- rechten: so ist alsdenn fast niemand, der nicht dencken solte: Ach GOTT behüte einen iedweden Menschen vor einem sol- chem Ende. Da ich nun zu meinem Zweck näher komme, so muß ich, wie ich oben ver- sprochen, weisen, wie anfangs das Bild von einem solchem Tode in eines Menschen Ge- müth entstehe: wie er auf die Einbildung ge- rathe, daß ein solcher Tod auch der seinige seyn werde: wie es zugehe, daß zuweilen das geschiehet, was er doch gefürchtet und sich nur eingebildet, daß es geschehen werde, und durch was vor Mittel ihm geholffen werde, daß das nicht geschiehet, was er gefürchtet.
Wie einmahl das Bild vom Selbst- Mord in das Gehirne eines Menschen komme, und wie solcher Gedancke bey ihm entstehe, ist leicht aus dem, was ich bisher gesaget, zu ersehen.
Wenn
und erloͤſet werden,
toͤdtet; weil es wider alle menſchliche Natur zu ſeyn ſcheinet, daß ein Menſch ſeinen eigenen Tod auf eine erſchreckliche Weiſe durch toͤdtli- che Waffen verurſachen ſoll. Jndem nie- mand ſein eigen Fleiſch haſſet, ſo erſchrickt faſt iederman, wenn dergleichen Zufall ſich ereignet. Die Menſchen erzehlen es einander mit fuͤrch- terlichen, und aͤngſtlichen Worten und Gebehr- den; und wie ehemahls Bileam wuͤnſchte, daß er ſterben moͤchte des Todes der Ge- rechten: ſo iſt alsdenn faſt niemand, der nicht dencken ſolte: Ach GOTT behuͤte einen iedweden Menſchen vor einem ſol- chem Ende. Da ich nun zu meinem Zweck naͤher komme, ſo muß ich, wie ich oben ver- ſprochen, weiſen, wie anfangs das Bild von einem ſolchem Tode in eines Menſchen Ge- muͤth entſtehe: wie er auf die Einbildung ge- rathe, daß ein ſolcher Tod auch der ſeinige ſeyn werde: wie es zugehe, daß zuweilen das geſchiehet, was er doch gefuͤrchtet und ſich nur eingebildet, daß es geſchehen werde, und durch was vor Mittel ihm geholffen werde, daß das nicht geſchiehet, was er gefuͤrchtet.
Wie einmahl das Bild vom Selbſt- Mord in das Gehirne eines Menſchen komme, und wie ſolcher Gedancke bey ihm entſtehe, iſt leicht aus dem, was ich bisher geſaget, zu erſehen.
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[308/0354]
und erloͤſet werden,
toͤdtet; weil es wider alle menſchliche Natur
zu ſeyn ſcheinet, daß ein Menſch ſeinen eigenen
Tod auf eine erſchreckliche Weiſe durch toͤdtli-
che Waffen verurſachen ſoll. Jndem nie-
mand ſein eigen Fleiſch haſſet, ſo erſchrickt faſt
iederman, wenn dergleichen Zufall ſich ereignet.
Die Menſchen erzehlen es einander mit fuͤrch-
terlichen, und aͤngſtlichen Worten und Gebehr-
den; und wie ehemahls Bileam wuͤnſchte,
daß er ſterben moͤchte des Todes der Ge-
rechten: ſo iſt alsdenn faſt niemand, der
nicht dencken ſolte: Ach GOTT behuͤte
einen iedweden Menſchen vor einem ſol-
chem Ende. Da ich nun zu meinem Zweck
naͤher komme, ſo muß ich, wie ich oben ver-
ſprochen, weiſen, wie anfangs das Bild von
einem ſolchem Tode in eines Menſchen Ge-
muͤth entſtehe: wie er auf die Einbildung ge-
rathe, daß ein ſolcher Tod auch der ſeinige
ſeyn werde: wie es zugehe, daß zuweilen das
geſchiehet, was er doch gefuͤrchtet und ſich nur
eingebildet, daß es geſchehen werde, und durch
was vor Mittel ihm geholffen werde, daß
das nicht geſchiehet, was er gefuͤrchtet.
Wie einmahl das Bild vom Selbſt-
Mord in das Gehirne eines Menſchen komme,
und wie ſolcher Gedancke bey ihm entſtehe, iſt
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/354>, abgerufen am 22.11.2024.
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