Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

wie auch noch selben Sommer
dem Leibe nachgiebet, und demselben zu gefallen,
oder desselben wegen die Dinge aus seinem An-
gesichte wegthut, die zu ängstlichen Bildern, und
Schrecken darüber Gelegenheit geben, ja wohl
gantze schlaflose Nächte mit ihrer verdrüßlichen
Gegenwart verursachen können, bis etwan GOtt
nach seiner Gnade dem Leibe aufhilfft, oder der
Seele ein größer Maaß des Vertrauens schenckt,
den Leib zu überwinden, und den daher entste-
henden Affecten, Furcht und Angst, wodurch
sie nicht wenig gequählet wird, zuwider zu thun;
wie es denn ein Stücke der Weisheit GOttes
zu seyn scheinet, den Menschen auf solche Weise
eine zeitlang höchst schwach werden zu lassen, um
ihm zu zeigen, was wir vor elende Menschen
sind, und wie wir vor iedwedem Dinge erschre-
cken, ja uns wohl gar fürchten, wo wir eine
Sache so, und nicht anders geleget, und gesetzet
haben, da es doch was indifferentes, und eines
so wenig, als das andere Sünde ist, dafern uns
GOtt mit seiner Hülffe und Stärcke nicht bey-
stehet; ja daß das Vertrauen auf GOtt selbst
auch so gar in geringen Dingen eine schwere
Sache, und Gabe GOttes sey, die durch Gebet
von GOTT müsse erkämpffet, und zur Stunde
der Anfechtung durch Geduld von GOTT er-
wartet werden.

Schier

wie auch noch ſelben Sommer
dem Leibe nachgiebet, und demſelben zu gefallen,
oder deſſelben wegen die Dinge aus ſeinem An-
geſichte wegthut, die zu aͤngſtlichen Bildern, und
Schrecken daruͤber Gelegenheit geben, ja wohl
gantze ſchlafloſe Naͤchte mit ihrer verdruͤßlichen
Gegenwart verurſachen koͤnnen, bis etwan GOtt
nach ſeiner Gnade dem Leibe aufhilfft, oder der
Seele ein groͤßer Maaß des Vertrauens ſchenckt,
den Leib zu uͤberwinden, und den daher entſte-
henden Affecten, Furcht und Angſt, wodurch
ſie nicht wenig gequaͤhlet wird, zuwider zu thun;
wie es denn ein Stuͤcke der Weisheit GOttes
zu ſeyn ſcheinet, den Menſchen auf ſolche Weiſe
eine zeitlang hoͤchſt ſchwach werden zu laſſen, um
ihm zu zeigen, was wir vor elende Menſchen
ſind, und wie wir vor iedwedem Dinge erſchre-
cken, ja uns wohl gar fuͤrchten, wo wir eine
Sache ſo, und nicht anders geleget, und geſetzet
haben, da es doch was indifferentes, und eines
ſo wenig, als das andere Suͤnde iſt, dafern uns
GOtt mit ſeiner Huͤlffe und Staͤrcke nicht bey-
ſtehet; ja daß das Vertrauen auf GOtt ſelbſt
auch ſo gar in geringen Dingen eine ſchwere
Sache, und Gabe GOttes ſey, die durch Gebet
von GOTT muͤſſe erkaͤmpffet, und zur Stunde
der Anfechtung durch Geduld von GOTT er-
wartet werden.

Schier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0301" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wie auch noch &#x017F;elben Sommer</hi></fw><lb/>
dem Leibe nachgiebet, und dem&#x017F;elben zu gefallen,<lb/>
oder de&#x017F;&#x017F;elben wegen die Dinge aus &#x017F;einem An-<lb/>
ge&#x017F;ichte wegthut, die zu a&#x0364;ng&#x017F;tlichen Bildern, und<lb/>
Schrecken daru&#x0364;ber Gelegenheit geben, ja wohl<lb/>
gantze &#x017F;chlaflo&#x017F;e Na&#x0364;chte mit ihrer verdru&#x0364;ßlichen<lb/>
Gegenwart verur&#x017F;achen ko&#x0364;nnen, bis etwan GOtt<lb/>
nach &#x017F;einer Gnade dem Leibe aufhilfft, oder der<lb/>
Seele ein gro&#x0364;ßer Maaß des Vertrauens &#x017F;chenckt,<lb/>
den Leib zu u&#x0364;berwinden, und den daher ent&#x017F;te-<lb/>
henden <hi rendition="#aq">Affect</hi>en, Furcht und Ang&#x017F;t, wodurch<lb/>
&#x017F;ie nicht wenig gequa&#x0364;hlet wird, zuwider zu thun;<lb/>
wie es denn ein Stu&#x0364;cke der Weisheit GOttes<lb/>
zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet, den Men&#x017F;chen auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e<lb/>
eine zeitlang ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;chwach werden zu la&#x017F;&#x017F;en, um<lb/>
ihm zu zeigen, was wir vor elende Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;ind, und wie wir vor iedwedem Dinge er&#x017F;chre-<lb/>
cken, ja uns wohl gar fu&#x0364;rchten, wo wir eine<lb/>
Sache &#x017F;o, und nicht anders geleget, und ge&#x017F;etzet<lb/>
haben, da es doch was <hi rendition="#aq">indifferent</hi>es, und eines<lb/>
&#x017F;o wenig, als das andere Su&#x0364;nde i&#x017F;t, dafern uns<lb/>
GOtt mit &#x017F;einer Hu&#x0364;lffe und Sta&#x0364;rcke nicht bey-<lb/>
&#x017F;tehet; ja daß das Vertrauen auf GOtt &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auch &#x017F;o gar in geringen Dingen eine &#x017F;chwere<lb/>
Sache, und Gabe GOttes &#x017F;ey, die durch Gebet<lb/>
von GOTT mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e erka&#x0364;mpffet, und zur Stunde<lb/>
der Anfechtung durch Geduld von GOTT er-<lb/>
wartet werden.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Schier</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0301] wie auch noch ſelben Sommer dem Leibe nachgiebet, und demſelben zu gefallen, oder deſſelben wegen die Dinge aus ſeinem An- geſichte wegthut, die zu aͤngſtlichen Bildern, und Schrecken daruͤber Gelegenheit geben, ja wohl gantze ſchlafloſe Naͤchte mit ihrer verdruͤßlichen Gegenwart verurſachen koͤnnen, bis etwan GOtt nach ſeiner Gnade dem Leibe aufhilfft, oder der Seele ein groͤßer Maaß des Vertrauens ſchenckt, den Leib zu uͤberwinden, und den daher entſte- henden Affecten, Furcht und Angſt, wodurch ſie nicht wenig gequaͤhlet wird, zuwider zu thun; wie es denn ein Stuͤcke der Weisheit GOttes zu ſeyn ſcheinet, den Menſchen auf ſolche Weiſe eine zeitlang hoͤchſt ſchwach werden zu laſſen, um ihm zu zeigen, was wir vor elende Menſchen ſind, und wie wir vor iedwedem Dinge erſchre- cken, ja uns wohl gar fuͤrchten, wo wir eine Sache ſo, und nicht anders geleget, und geſetzet haben, da es doch was indifferentes, und eines ſo wenig, als das andere Suͤnde iſt, dafern uns GOtt mit ſeiner Huͤlffe und Staͤrcke nicht bey- ſtehet; ja daß das Vertrauen auf GOtt ſelbſt auch ſo gar in geringen Dingen eine ſchwere Sache, und Gabe GOttes ſey, die durch Gebet von GOTT muͤſſe erkaͤmpffet, und zur Stunde der Anfechtung durch Geduld von GOTT er- wartet werden. Schier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/301
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/301>, abgerufen am 22.11.2024.