gen dessen Veränderung man wol die gantze Welt hingäbe, wenn sie unser eigen wäre. So viel die Philosophi auch von natürlichen Dingen aufzulösen und zu reden wissen, so blei- ben ihnen die seltsamesten Phaenomena, die an den Menschen manchmahl wahrzunehmen, doch verborgene Dinge, so lange sie solche nicht selb- sten erfahren; wiewol sie auch alsdenn nicht deutlich, und a priori dieselben zu erkennen und zu erklären fähig sind. Jetzt, da ich solches schreibe, wohnt nicht weit von mir ein gewisser Literatus, der, wie man sagt, durch die Lanceam carneam, und noch dazu extraconjugalem auf eine Zeit lang sein Glücke gemacht. Er gehet als ein esprit fort in keine Kirche: Religions- Sachen sind ihm ein Gelächter, er ist, wie die Welt-Kinder eine Zeit lang zu seyn pflegen, stets lustig, und niemahls traurig. Er ist, wie jener Spanische Student, der in einem Exa- mine gefraget wurde, quid sit timor, und was die Furcht sey, und zur Antwort gab: Jn meinem Lande, wo ich her bin, oder in Spanien, wissen wir nicht, was die Furcht ist. Jch dencke aber manchmahl bey mir selbst, wenn ich ihn täglich sehe am Fenster lie- gen: Du armer Mensch, soltest du nur auf einen, oder zwey Tage mit der Kranckheit des schwachen Hauptes von GOTT heimgesuchet
werden,
als die Menſchen wiſſen,
gen deſſen Veraͤnderung man wol die gantze Welt hingaͤbe, wenn ſie unſer eigen waͤre. So viel die Philoſophi auch von natuͤrlichen Dingen aufzuloͤſen und zu reden wiſſen, ſo blei- ben ihnen die ſeltſameſten Phænomena, die an den Menſchen manchmahl wahrzunehmen, doch verborgene Dinge, ſo lange ſie ſolche nicht ſelb- ſten erfahren; wiewol ſie auch alsdenn nicht deutlich, und a priori dieſelben zu erkennen und zu erklaͤren faͤhig ſind. Jetzt, da ich ſolches ſchreibe, wohnt nicht weit von mir ein gewiſſer Literatus, der, wie man ſagt, durch die Lanceam carneam, und noch dazu extraconjugalem auf eine Zeit lang ſein Gluͤcke gemacht. Er gehet als ein eſprit fort in keine Kirche: Religions- Sachen ſind ihm ein Gelaͤchter, er iſt, wie die Welt-Kinder eine Zeit lang zu ſeyn pflegen, ſtets luſtig, und niemahls traurig. Er iſt, wie jener Spaniſche Student, der in einem Exa- mine gefraget wurde, quid ſit timor, und was die Furcht ſey, und zur Antwort gab: Jn meinem Lande, wo ich her bin, oder in Spanien, wiſſen wir nicht, was die Furcht iſt. Jch dencke aber manchmahl bey mir ſelbſt, wenn ich ihn taͤglich ſehe am Fenſter lie- gen: Du armer Menſch, ſolteſt du nur auf einen, oder zwey Tage mit der Kranckheit des ſchwachen Hauptes von GOTT heimgeſuchet
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als die Menſchen wiſſen,
gen deſſen Veraͤnderung man wol die gantze
Welt hingaͤbe, wenn ſie unſer eigen waͤre.
So viel die Philoſophi auch von natuͤrlichen
Dingen aufzuloͤſen und zu reden wiſſen, ſo blei-
ben ihnen die ſeltſameſten Phænomena, die an
den Menſchen manchmahl wahrzunehmen, doch
verborgene Dinge, ſo lange ſie ſolche nicht ſelb-
ſten erfahren; wiewol ſie auch alsdenn nicht
deutlich, und a priori dieſelben zu erkennen und
zu erklaͤren faͤhig ſind. Jetzt, da ich ſolches
ſchreibe, wohnt nicht weit von mir ein gewiſſer
Literatus, der, wie man ſagt, durch die Lanceam
carneam, und noch dazu extraconjugalem auf
eine Zeit lang ſein Gluͤcke gemacht. Er gehet
als ein eſprit fort in keine Kirche: Religions-
Sachen ſind ihm ein Gelaͤchter, er iſt, wie die
Welt-Kinder eine Zeit lang zu ſeyn pflegen,
ſtets luſtig, und niemahls traurig. Er iſt,
wie jener Spaniſche Student, der in einem Exa-
mine gefraget wurde, quid ſit timor, und was
die Furcht ſey, und zur Antwort gab: Jn
meinem Lande, wo ich her bin, oder in
Spanien, wiſſen wir nicht, was die Furcht
iſt. Jch dencke aber manchmahl bey mir
ſelbſt, wenn ich ihn taͤglich ſehe am Fenſter lie-
gen: Du armer Menſch, ſolteſt du nur auf
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/285>, abgerufen am 24.11.2024.
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