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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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auf dem rothen Collegio:
viel Lust, Munterkeit und Freundlichkeit, daß
ich mit lauter Freude an meine Arbeit gieng.
Der vorige Informator, der mir diese Condition
zugewiesen, hatte bey ihm, weil er lahm, durch
fleißiges tractiren der Latinität und der Autorum
Classicorum
den Grund zu einem zukünfftigen
Schulmanne geleget; und ich wolte auch auf
diesen Grund bauen, oder den angefangenen
Bau fortsetzen; allein das Predigen steckte dem
Knaben im Hertzen von Mutter-Leibe an; und
da er mich am Ersten Pfingst-Tag 1702. in der
Niclas-Kirche mit Vergnügung und Verwun-
derung über meine wenige Gaben und Parrhesie
predigen gehöret, so war er nicht mehr zu bedeu-
ten. Er las Predigten, er machte Predigten,
er hielte zu Hause Predigten: Er bekam einen
Geschmack von Meditationibus, vom beweglichen
und scharffsinnigen, so daß ich alle Noth hatte,
ihn bey den Humanioribus zu erhalten. Jn
den Stunden, da ich Königs Theologiam Po-
sitivam
ihm erklärte, und die Polemic damit
verknüpffte, war er viel emsiger und aufmercksa-
mer, als wenn wir einen Autorem oder Poeten
vor uns hatten; insonderheit da etliche Studiosi
dazu traten, und ihn mit ihrem Fleiße noch mehr
anfeuerten. Die erbaulichen Predigten, die
er ietzt noch in seinem Amte hält, und seine schöne
Tractate, die er bisher unter dem Titel:

Davidi-

auf dem rothen Collegio:
viel Luſt, Munterkeit und Freundlichkeit, daß
ich mit lauter Freude an meine Arbeit gieng.
Der vorige Informator, der mir dieſe Condition
zugewieſen, hatte bey ihm, weil er lahm, durch
fleißiges tractiren der Latinitaͤt und der Autorum
Claſſicorum
den Grund zu einem zukuͤnfftigen
Schulmanne geleget; und ich wolte auch auf
dieſen Grund bauen, oder den angefangenen
Bau fortſetzen; allein das Predigen ſteckte dem
Knaben im Hertzen von Mutter-Leibe an; und
da er mich am Erſten Pfingſt-Tag 1702. in der
Niclas-Kirche mit Vergnuͤgung und Verwun-
derung uͤber meine wenige Gaben und Parrheſie
predigen gehoͤret, ſo war er nicht mehr zu bedeu-
ten. Er las Predigten, er machte Predigten,
er hielte zu Hauſe Predigten: Er bekam einen
Geſchmack von Meditationibus, vom beweglichen
und ſcharffſinnigen, ſo daß ich alle Noth hatte,
ihn bey den Humanioribus zu erhalten. Jn
den Stunden, da ich Koͤnigs Theologiam Po-
ſitivam
ihm erklaͤrte, und die Polemic damit
verknuͤpffte, war er viel emſiger und aufmerckſa-
mer, als wenn wir einen Autorem oder Poeten
vor uns hatten; inſonderheit da etliche Studioſi
dazu traten, und ihn mit ihrem Fleiße noch mehr
anfeuerten. Die erbaulichen Predigten, die
er ietzt noch in ſeinem Amte haͤlt, und ſeine ſchoͤne
Tractate, die er bisher unter dem Titel:

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[192/0238] auf dem rothen Collegio: viel Luſt, Munterkeit und Freundlichkeit, daß ich mit lauter Freude an meine Arbeit gieng. Der vorige Informator, der mir dieſe Condition zugewieſen, hatte bey ihm, weil er lahm, durch fleißiges tractiren der Latinitaͤt und der Autorum Claſſicorum den Grund zu einem zukuͤnfftigen Schulmanne geleget; und ich wolte auch auf dieſen Grund bauen, oder den angefangenen Bau fortſetzen; allein das Predigen ſteckte dem Knaben im Hertzen von Mutter-Leibe an; und da er mich am Erſten Pfingſt-Tag 1702. in der Niclas-Kirche mit Vergnuͤgung und Verwun- derung uͤber meine wenige Gaben und Parrheſie predigen gehoͤret, ſo war er nicht mehr zu bedeu- ten. Er las Predigten, er machte Predigten, er hielte zu Hauſe Predigten: Er bekam einen Geſchmack von Meditationibus, vom beweglichen und ſcharffſinnigen, ſo daß ich alle Noth hatte, ihn bey den Humanioribus zu erhalten. Jn den Stunden, da ich Koͤnigs Theologiam Po- ſitivam ihm erklaͤrte, und die Polemic damit verknuͤpffte, war er viel emſiger und aufmerckſa- mer, als wenn wir einen Autorem oder Poeten vor uns hatten; inſonderheit da etliche Studioſi dazu traten, und ihn mit ihrem Fleiße noch mehr anfeuerten. Die erbaulichen Predigten, die er ietzt noch in ſeinem Amte haͤlt, und ſeine ſchoͤne Tractate, die er bisher unter dem Titel: Davidi-

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/238>, abgerufen am 18.05.2024.