standen, daß er willens gewesen mich umzubrin- gen, und viel Freude bezeiget, daß solches nicht geschehen.
Anno 1702. §. 48.
Das folgende Jahr An. 1702. im Früh- Jahr starb meine Mutter; und ich erkannte, daß ich wohlgethan, daß ich dieselbe, und ihr we- niges Vermögen mir zu Nutze gemachet, weil sie noch gelebet; denn sonst würde nach ihrem Tode meine Promotion in Magistrum noch lange seyn verschoben worden. Jch beweinte ihren Tod sehr, und noch mehr mich selbsten. Denn nun, sprach ich bey mir selbsten, magst du dein Beten verdoppeln; denn die ist todt, die viel- leicht bisher manches Unglück durch ihr Gebet von dir abgewendet, das dich sonst würde betrof- fen haben. Ob ich mich wohl nichts Böses zu GOtt versahe, vielweniger ihn vor meinen Feind hielt, sintemahl ich zulängliche Merckmahle sei- ner Liebe hatte, welche offters reichlich in mein Hertze durch seinen Geist ausgegossen wurde; ie- dennoch weil ich schon viel seltsame Wege GOt- tes mit den Menschen an andern wahrgenom- men, und An. 1695. im 20. Jahre meines Alters sowol seine Güte, als auch seinen Zorn geschme- cket; so besorgte ich immer nach meiner noch
über-
Nach dem Tode der Mutter
ſtanden, daß er willens geweſen mich umzubrin- gen, und viel Freude bezeiget, daß ſolches nicht geſchehen.
Anno 1702. §. 48.
Das folgende Jahr An. 1702. im Fruͤh- Jahr ſtarb meine Mutter; und ich erkannte, daß ich wohlgethan, daß ich dieſelbe, und ihr we- niges Vermoͤgen mir zu Nutze gemachet, weil ſie noch gelebet; denn ſonſt wuͤrde nach ihrem Tode meine Promotion in Magiſtrum noch lange ſeyn verſchoben worden. Jch beweinte ihren Tod ſehr, und noch mehr mich ſelbſten. Denn nun, ſprach ich bey mir ſelbſten, magſt du dein Beten verdoppeln; denn die iſt todt, die viel- leicht bisher manches Ungluͤck durch ihr Gebet von dir abgewendet, das dich ſonſt wuͤrde betrof- fen haben. Ob ich mich wohl nichts Boͤſes zu GOtt verſahe, vielweniger ihn vor meinen Feind hielt, ſintemahl ich zulaͤngliche Merckmahle ſei- ner Liebe hatte, welche offters reichlich in mein Hertze durch ſeinen Geiſt ausgegoſſen wurde; ie- dennoch weil ich ſchon viel ſeltſame Wege GOt- tes mit den Menſchen an andern wahrgenom- men, und An. 1695. im 20. Jahre meines Alters ſowol ſeine Guͤte, als auch ſeinen Zorn geſchme- cket; ſo beſorgte ich immer nach meiner noch
uͤber-
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Nach dem Tode der Mutter
ſtanden, daß er willens geweſen mich umzubrin-
gen, und viel Freude bezeiget, daß ſolches nicht
geſchehen.
Anno 1702.
§. 48.
Das folgende Jahr An. 1702. im Fruͤh-
Jahr ſtarb meine Mutter; und ich erkannte,
daß ich wohlgethan, daß ich dieſelbe, und ihr we-
niges Vermoͤgen mir zu Nutze gemachet, weil
ſie noch gelebet; denn ſonſt wuͤrde nach ihrem
Tode meine Promotion in Magiſtrum noch lange
ſeyn verſchoben worden. Jch beweinte ihren
Tod ſehr, und noch mehr mich ſelbſten. Denn
nun, ſprach ich bey mir ſelbſten, magſt du dein
Beten verdoppeln; denn die iſt todt, die viel-
leicht bisher manches Ungluͤck durch ihr Gebet
von dir abgewendet, das dich ſonſt wuͤrde betrof-
fen haben. Ob ich mich wohl nichts Boͤſes zu
GOtt verſahe, vielweniger ihn vor meinen Feind
hielt, ſintemahl ich zulaͤngliche Merckmahle ſei-
ner Liebe hatte, welche offters reichlich in mein
Hertze durch ſeinen Geiſt ausgegoſſen wurde; ie-
dennoch weil ich ſchon viel ſeltſame Wege GOt-
tes mit den Menſchen an andern wahrgenom-
men, und An. 1695. im 20. Jahre meines Alters
ſowol ſeine Guͤte, als auch ſeinen Zorn geſchme-
cket; ſo beſorgte ich immer nach meiner noch
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/236>, abgerufen am 24.11.2024.
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