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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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eine Famulatur annehmen:
viel, ich hätte beynahe diesen Sommer bey ei-
nem Edelmann, so hier studirte, eine Famula-
tur
angenommen, und war doch Magister ha-
bilitatus.
Jch versprach mich, und hatte
alle Sorge und Noth, daß ich mich wieder von
ihm los wickelte. Gegen Michael gerieth
ich auf einen andern närrischen Anschlag, zu
dem ebenfalls das Mißtrauen mich verleitete.
Jch wolte auf das Paulinum ziehen, wo mich
die Wohnung nur 7. Fl. kostete. Jch that
es, und bezog eine kleine Stube auf dem fin-
stern Tabulat, zu dessen Ende damahls die Se-
cret
e waren. Es war mir aber unmöglich,
länger, als eine Nacht, daselbst zu bleiben.
Es war mir nicht anders, als ob ich im Secret
oder heimlichen Gemache selber schlieffe: ich
kunte vor Gestanck nicht einschlafen, und es
fiel mir Klippel-dicke, wie man zu reden pflegt,
in den Hals, gleich als ob ich davon ersticken
wolte. Was ich vor Angst und Streit mit
mir selber dieselbe gantze Nacht gehabt, was
ich des Morgens thun, ob ich bleiben, oder
nicht bleiben wolte, ist nicht mit Worten aus-
zudrücken. GOtt sey Danck, der mich des
Morgens frühe zum Entschluß kommen ließ,
Krafft dessen ich meine vorige Wohnung wie-
derum bezoh, und gegenwärtige im schwartzen
Brete anschlug.

Doch

eine Famulatur annehmen:
viel, ich haͤtte beynahe dieſen Sommer bey ei-
nem Edelmann, ſo hier ſtudirte, eine Famula-
tur
angenommen, und war doch Magiſter ha-
bilitatus.
Jch verſprach mich, und hatte
alle Sorge und Noth, daß ich mich wieder von
ihm los wickelte. Gegen Michael gerieth
ich auf einen andern naͤrriſchen Anſchlag, zu
dem ebenfalls das Mißtrauen mich verleitete.
Jch wolte auf das Paulinum ziehen, wo mich
die Wohnung nur 7. Fl. koſtete. Jch that
es, und bezog eine kleine Stube auf dem fin-
ſtern Tabulat, zu deſſen Ende damahls die Se-
cret
e waren. Es war mir aber unmoͤglich,
laͤnger, als eine Nacht, daſelbſt zu bleiben.
Es war mir nicht anders, als ob ich im Secret
oder heimlichen Gemache ſelber ſchlieffe: ich
kunte vor Geſtanck nicht einſchlafen, und es
fiel mir Klippel-dicke, wie man zu reden pflegt,
in den Hals, gleich als ob ich davon erſticken
wolte. Was ich vor Angſt und Streit mit
mir ſelber dieſelbe gantze Nacht gehabt, was
ich des Morgens thun, ob ich bleiben, oder
nicht bleiben wolte, iſt nicht mit Worten aus-
zudruͤcken. GOtt ſey Danck, der mich des
Morgens fruͤhe zum Entſchluß kommen ließ,
Krafft deſſen ich meine vorige Wohnung wie-
derum bezoh, und gegenwaͤrtige im ſchwartzen
Brete anſchlug.

Doch
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[184/0230] eine Famulatur annehmen: viel, ich haͤtte beynahe dieſen Sommer bey ei- nem Edelmann, ſo hier ſtudirte, eine Famula- tur angenommen, und war doch Magiſter ha- bilitatus. Jch verſprach mich, und hatte alle Sorge und Noth, daß ich mich wieder von ihm los wickelte. Gegen Michael gerieth ich auf einen andern naͤrriſchen Anſchlag, zu dem ebenfalls das Mißtrauen mich verleitete. Jch wolte auf das Paulinum ziehen, wo mich die Wohnung nur 7. Fl. koſtete. Jch that es, und bezog eine kleine Stube auf dem fin- ſtern Tabulat, zu deſſen Ende damahls die Se- crete waren. Es war mir aber unmoͤglich, laͤnger, als eine Nacht, daſelbſt zu bleiben. Es war mir nicht anders, als ob ich im Secret oder heimlichen Gemache ſelber ſchlieffe: ich kunte vor Geſtanck nicht einſchlafen, und es fiel mir Klippel-dicke, wie man zu reden pflegt, in den Hals, gleich als ob ich davon erſticken wolte. Was ich vor Angſt und Streit mit mir ſelber dieſelbe gantze Nacht gehabt, was ich des Morgens thun, ob ich bleiben, oder nicht bleiben wolte, iſt nicht mit Worten aus- zudruͤcken. GOtt ſey Danck, der mich des Morgens fruͤhe zum Entſchluß kommen ließ, Krafft deſſen ich meine vorige Wohnung wie- derum bezoh, und gegenwaͤrtige im ſchwartzen Brete anſchlug. Doch

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/230>, abgerufen am 25.11.2024.