Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

M. Odelem zu disputiren:
die Disputation drucken ließe, so trug er mir
an, gratis unter ihm zu respondiren. Jch
acceptirte es, und hielte mich in Wahrheit,
ohne Ruhm zu sagen, so wohl, daß ich mehr
Complimente und Gratulationes von den Her-
ren Opponenten bekam, als mein Praeses, und
der auch zu Ende, und beym hinausgehen,
gantz unwillig auf mich war, ohne Zweiffel,
weil ich mich besser, als er, gehalten. Es war
auch nicht anders. Denn ich konte die Rab-
bini
schen Passagen, mit denen er seine Disputa-
tion
ausgeschmücket hatte, nicht nur lesen, son-
dern auch interpretiren, und die da und dort
beygefügte lateinische Version vindiciren, oder
verbessern, woran es dem Herrn Praesidi gar
sehr fehlte. Dem ungeachtet, so ist er her-
nach, nachdem er das Studium Theologicum
changi
rt, ein berühmter Juriste, und gleichwie
er Thomasii Schüler gewesen, zugleich auch ein
großer Feind aller Geistlichkeit worden, den
Herr Doctor Loescher, und andere Theologi
wohl kennen werden. Aus dem Worte Me-
lodius
kommt Odelemius per Anagramma her-
aus; und ich wolte vor 10. Jahren ihn zum
Autore meiner bekannten Schrifft angeben; er
würde sich auch gerne dazu bekennet haben, es
kamen mir aber die Bewegungen wider mich
so schnell auf den Hals, daß ich meine Role

nicht

M. Odelem zu diſputiren:
die Diſputation drucken ließe, ſo trug er mir
an, gratis unter ihm zu reſpondiren. Jch
acceptirte es, und hielte mich in Wahrheit,
ohne Ruhm zu ſagen, ſo wohl, daß ich mehr
Complimente und Gratulationes von den Her-
ren Opponenten bekam, als mein Præſes, und
der auch zu Ende, und beym hinausgehen,
gantz unwillig auf mich war, ohne Zweiffel,
weil ich mich beſſer, als er, gehalten. Es war
auch nicht anders. Denn ich konte die Rab-
bini
ſchen Paſſagen, mit denen er ſeine Diſputa-
tion
ausgeſchmuͤcket hatte, nicht nur leſen, ſon-
dern auch interpretiren, und die da und dort
beygefuͤgte lateiniſche Verſion vindiciren, oder
verbeſſern, woran es dem Herrn Præſidi gar
ſehr fehlte. Dem ungeachtet, ſo iſt er her-
nach, nachdem er das Studium Theologicum
changi
rt, ein beruͤhmter Juriſte, und gleichwie
er Thomaſii Schuͤler geweſen, zugleich auch ein
großer Feind aller Geiſtlichkeit worden, den
Herr Doctor Lœſcher, und andere Theologi
wohl kennen werden. Aus dem Worte Me-
lodius
kommt Odelemius per Anagramma her-
aus; und ich wolte vor 10. Jahren ihn zum
Autore meiner bekannten Schrifft angeben; er
wuͤrde ſich auch gerne dazu bekennet haben, es
kamen mir aber die Bewegungen wider mich
ſo ſchnell auf den Hals, daß ich meine Rôle

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0222" n="176"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">M. Odelem</hi><hi rendition="#b">zu</hi><hi rendition="#aq">di&#x017F;puti</hi><hi rendition="#b">ren:</hi></fw><lb/>
die <hi rendition="#aq">Di&#x017F;putation</hi> drucken ließe, &#x017F;o trug er mir<lb/>
an, <hi rendition="#aq">gratis</hi> unter ihm zu <hi rendition="#aq">re&#x017F;pondi</hi>ren. Jch<lb/><hi rendition="#aq">accepti</hi>rte es, und hielte mich in Wahrheit,<lb/>
ohne Ruhm zu &#x017F;agen, &#x017F;o wohl, daß ich mehr<lb/><hi rendition="#aq">Compliment</hi>e und <hi rendition="#aq">Gratulationes</hi> von den Her-<lb/>
ren <hi rendition="#aq">Opponent</hi>en bekam, als mein <hi rendition="#aq">Præ&#x017F;es,</hi> und<lb/>
der auch zu Ende, und beym hinausgehen,<lb/>
gantz unwillig auf mich war, ohne Zweiffel,<lb/>
weil ich mich be&#x017F;&#x017F;er, als er, gehalten. Es war<lb/>
auch nicht anders. Denn ich konte die <hi rendition="#aq">Rab-<lb/>
bini</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;ag</hi>en, mit denen er &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Di&#x017F;puta-<lb/>
tion</hi> ausge&#x017F;chmu&#x0364;cket hatte, nicht nur le&#x017F;en, &#x017F;on-<lb/>
dern auch <hi rendition="#aq">interpreti</hi>ren, und die da und dort<lb/>
beygefu&#x0364;gte lateini&#x017F;che <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;ion vindici</hi>ren, oder<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ern, woran es dem Herrn <hi rendition="#aq">Præ&#x017F;idi</hi> gar<lb/>
&#x017F;ehr fehlte. Dem ungeachtet, &#x017F;o i&#x017F;t er her-<lb/>
nach, nachdem er das <hi rendition="#aq">Studium Theologicum<lb/>
changi</hi>rt, ein beru&#x0364;hmter <hi rendition="#aq">Juri&#x017F;t</hi>e, und gleichwie<lb/>
er <hi rendition="#aq">Thoma&#x017F;ii</hi> Schu&#x0364;ler gewe&#x017F;en, zugleich auch ein<lb/>
großer Feind aller Gei&#x017F;tlichkeit worden, den<lb/>
Herr <hi rendition="#aq">Doctor L&#x0153;&#x017F;cher,</hi> und andere <hi rendition="#aq">Theologi</hi><lb/>
wohl kennen werden. Aus dem Worte <hi rendition="#aq">Me-<lb/>
lodius</hi> kommt <hi rendition="#aq">Odelemius per Anagramma</hi> her-<lb/>
aus; und ich wolte vor 10. Jahren ihn zum<lb/><hi rendition="#aq">Autore</hi> meiner bekannten Schrifft angeben; er<lb/>
wu&#x0364;rde &#x017F;ich auch gerne dazu bekennet haben, es<lb/>
kamen mir aber die Bewegungen wider mich<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chnell auf den Hals, daß ich meine <hi rendition="#aq">Rôle</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0222] M. Odelem zu diſputiren: die Diſputation drucken ließe, ſo trug er mir an, gratis unter ihm zu reſpondiren. Jch acceptirte es, und hielte mich in Wahrheit, ohne Ruhm zu ſagen, ſo wohl, daß ich mehr Complimente und Gratulationes von den Her- ren Opponenten bekam, als mein Præſes, und der auch zu Ende, und beym hinausgehen, gantz unwillig auf mich war, ohne Zweiffel, weil ich mich beſſer, als er, gehalten. Es war auch nicht anders. Denn ich konte die Rab- biniſchen Paſſagen, mit denen er ſeine Diſputa- tion ausgeſchmuͤcket hatte, nicht nur leſen, ſon- dern auch interpretiren, und die da und dort beygefuͤgte lateiniſche Verſion vindiciren, oder verbeſſern, woran es dem Herrn Præſidi gar ſehr fehlte. Dem ungeachtet, ſo iſt er her- nach, nachdem er das Studium Theologicum changirt, ein beruͤhmter Juriſte, und gleichwie er Thomaſii Schuͤler geweſen, zugleich auch ein großer Feind aller Geiſtlichkeit worden, den Herr Doctor Lœſcher, und andere Theologi wohl kennen werden. Aus dem Worte Me- lodius kommt Odelemius per Anagramma her- aus; und ich wolte vor 10. Jahren ihn zum Autore meiner bekannten Schrifft angeben; er wuͤrde ſich auch gerne dazu bekennet haben, es kamen mir aber die Bewegungen wider mich ſo ſchnell auf den Hals, daß ich meine Rôle nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/222
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/222>, abgerufen am 23.11.2024.