Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

Erwehlt eine gute
nicht nur aus dem predigen ihr Haupt-Werck,
und ihr einiges Nothwendige machen, und,
wann sie mit einem Fusse noch auf der Kutschen,
auf welcher sie nach Leipzig kommen, mit dem
andern schon auf der Cantzel stehen, sondern auch
noch dazu den Fehler begehen, daß sie bald An-
fangs den Candidatis, und Predigern, so im
Amte stehen, es gleiche thun, und Predigten an-
nehmen wollen, welche ihnen eine Woche, ja
manchmal nur einen Tag zuvor angetragen wer-
den, und dabey alles andere Studiren, und Colle-
gia
bey seite, setzen und versäumen müssen.

Anno 1699.
§. 39.

Sonst war diesen ersten Sommer, und so-
bald ich hergekommen, guter Rath theuer, wie
ich mein Studiren anfangen solte; weil der eine
dieß, der andere jenes rieth, so muste ich nur die
Sache auf meine eigene Hörner nehmen. Jch
gieng als ein Hospes bald in dieses, bald in jenes
Collegium, wie vor diesem auf dem Obst-Marckte,
nicht zu kauffen, sondern nur zu naschen und zu
kosten. Herr Professor Krantz hatte mir durch
seine ungemeine Beredtsamkeit und Fertigkeit, so
er bey seinem dociren sehen ließ, meinen Ge-
schmack dermaßen verwöhnet, so daß mir der
meisten damahligen Lehrer stottern und husten

nicht

Erwehlt eine gute
nicht nur aus dem predigen ihr Haupt-Werck,
und ihr einiges Nothwendige machen, und,
wann ſie mit einem Fuſſe noch auf der Kutſchen,
auf welcher ſie nach Leipzig kommen, mit dem
andern ſchon auf der Cantzel ſtehen, ſondern auch
noch dazu den Fehler begehen, daß ſie bald An-
fangs den Candidatis, und Predigern, ſo im
Amte ſtehen, es gleiche thun, und Predigten an-
nehmen wollen, welche ihnen eine Woche, ja
manchmal nur einen Tag zuvor angetragen wer-
den, und dabey alles andere Studiren, und Colle-
gia
bey ſeite, ſetzen und verſaͤumen muͤſſen.

Anno 1699.
§. 39.

Sonſt war dieſen erſten Sommer, und ſo-
bald ich hergekommen, guter Rath theuer, wie
ich mein Studiren anfangen ſolte; weil der eine
dieß, der andere jenes rieth, ſo muſte ich nur die
Sache auf meine eigene Hoͤrner nehmen. Jch
gieng als ein Hoſpes bald in dieſes, bald in jenes
Collegium, wie vor dieſem auf dem Obſt-Marckte,
nicht zu kauffen, ſondern nur zu naſchen und zu
koſten. Herr Profeſſor Krantz hatte mir durch
ſeine ungemeine Beredtſamkeit und Fertigkeit, ſo
er bey ſeinem dociren ſehen ließ, meinen Ge-
ſchmack dermaßen verwoͤhnet, ſo daß mir der
meiſten damahligen Lehrer ſtottern und huſten

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0203" n="157"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erwehlt eine gute</hi></fw><lb/>
nicht nur aus dem predigen ihr Haupt-Werck,<lb/>
und ihr einiges Nothwendige machen, und,<lb/>
wann &#x017F;ie mit einem Fu&#x017F;&#x017F;e noch auf der Kut&#x017F;chen,<lb/>
auf welcher &#x017F;ie nach Leipzig kommen, mit dem<lb/>
andern &#x017F;chon auf der Cantzel &#x017F;tehen, &#x017F;ondern auch<lb/>
noch dazu den Fehler begehen, daß &#x017F;ie bald An-<lb/>
fangs den <hi rendition="#aq">Candidatis,</hi> und Predigern, &#x017F;o im<lb/>
Amte &#x017F;tehen, es gleiche thun, und Predigten an-<lb/>
nehmen wollen, welche ihnen eine Woche, ja<lb/>
manchmal nur einen Tag zuvor angetragen wer-<lb/>
den, und dabey alles andere <hi rendition="#aq">Studi</hi>ren, und <hi rendition="#aq">Colle-<lb/>
gia</hi> bey &#x017F;eite, &#x017F;etzen und ver&#x017F;a&#x0364;umen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anno</hi></hi> 1699.<lb/>
§. 39.</head><lb/>
        <p>Son&#x017F;t war die&#x017F;en er&#x017F;ten Sommer, und &#x017F;o-<lb/>
bald ich hergekommen, guter Rath theuer, wie<lb/>
ich mein <hi rendition="#aq">Studi</hi>ren anfangen &#x017F;olte; weil der eine<lb/>
dieß, der andere jenes rieth, &#x017F;o mu&#x017F;te ich nur die<lb/>
Sache auf meine eigene Ho&#x0364;rner nehmen. Jch<lb/>
gieng als ein <hi rendition="#aq">Ho&#x017F;pes</hi> bald in die&#x017F;es, bald in jenes<lb/><hi rendition="#aq">Collegium,</hi> wie vor die&#x017F;em auf dem Ob&#x017F;t-Marckte,<lb/>
nicht zu kauffen, &#x017F;ondern nur zu na&#x017F;chen und zu<lb/>
ko&#x017F;ten. Herr <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;or</hi> Krantz hatte mir durch<lb/>
&#x017F;eine ungemeine Beredt&#x017F;amkeit und Fertigkeit, &#x017F;o<lb/>
er bey &#x017F;einem <hi rendition="#aq">doci</hi>ren &#x017F;ehen ließ, meinen Ge-<lb/>
&#x017F;chmack dermaßen verwo&#x0364;hnet, &#x017F;o daß mir der<lb/>
mei&#x017F;ten damahligen Lehrer &#x017F;tottern und hu&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0203] Erwehlt eine gute nicht nur aus dem predigen ihr Haupt-Werck, und ihr einiges Nothwendige machen, und, wann ſie mit einem Fuſſe noch auf der Kutſchen, auf welcher ſie nach Leipzig kommen, mit dem andern ſchon auf der Cantzel ſtehen, ſondern auch noch dazu den Fehler begehen, daß ſie bald An- fangs den Candidatis, und Predigern, ſo im Amte ſtehen, es gleiche thun, und Predigten an- nehmen wollen, welche ihnen eine Woche, ja manchmal nur einen Tag zuvor angetragen wer- den, und dabey alles andere Studiren, und Colle- gia bey ſeite, ſetzen und verſaͤumen muͤſſen. Anno 1699. §. 39. Sonſt war dieſen erſten Sommer, und ſo- bald ich hergekommen, guter Rath theuer, wie ich mein Studiren anfangen ſolte; weil der eine dieß, der andere jenes rieth, ſo muſte ich nur die Sache auf meine eigene Hoͤrner nehmen. Jch gieng als ein Hoſpes bald in dieſes, bald in jenes Collegium, wie vor dieſem auf dem Obſt-Marckte, nicht zu kauffen, ſondern nur zu naſchen und zu koſten. Herr Profeſſor Krantz hatte mir durch ſeine ungemeine Beredtſamkeit und Fertigkeit, ſo er bey ſeinem dociren ſehen ließ, meinen Ge- ſchmack dermaßen verwoͤhnet, ſo daß mir der meiſten damahligen Lehrer ſtottern und huſten nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/203
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/203>, abgerufen am 22.11.2024.