Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

an der Praeparation
Welt-berühmte Herr Hof-Rath Wolff war
auch mit unter den Stipendiaten, und ward zu-
gleich mit examiniret, von 2. Uhr Nachmit-
tage bis um 6. Uhr. Jch hatte schon längst
Scharffii Metaphysicam beynahe auswendig ge-
lernet, und auch manche Stunde auf den
Scheiblerum gewendet, um mit den Päbstischen
Studenten desto besser disputiren zu können, so
offt ich mit ihnen in Compagnie kam; meynte
also wunder, wie ich in diesem Stücke im Exa-
mine
bestehen solte. Aber der Herr Hof-
Rath Wolff übertraff darinnen uns alle, so daß
auch die hohen des Raths, und die Assessores
der Geistlichkeit nicht wenig Vergnügen dar-
über bezeugten. Er kam nicht sonderlich in
Compagnie, vielweniger in die Häuser, wo
wir Gymnasiasten sowol aus dem Elisabethani-
schen, als Maria-Magdalenaeischen Gymnasio
offt zusammen zu kommen pflegten. Sonst
gieng er in Kleidern schlecht, doch reinlich ein-
her; wie er denn auch nur eines Gerbers
Sohn war, distinguirte sich aber sehr von an-
dern wegen seines fleißigen Studirens, und gu-
ten Profectuum, so er in Studiis hatte. Man-
che Studiosi, sowol auf den Gymnasiis, als
Academien, wollen vor der Zeit Staat ma-
chen, und meynen, es sey ein haupt-nothwen-
dig Stück, sich propre, und nett in Kleidern

zu

an der Præparation
Welt-beruͤhmte Herr Hof-Rath Wolff war
auch mit unter den Stipendiaten, und ward zu-
gleich mit examiniret, von 2. Uhr Nachmit-
tage bis um 6. Uhr. Jch hatte ſchon laͤngſt
Scharffii Metaphyſicam beynahe auswendig ge-
lernet, und auch manche Stunde auf den
Scheiblerum gewendet, um mit den Paͤbſtiſchen
Studenten deſto beſſer diſputiren zu koͤnnen, ſo
offt ich mit ihnen in Compagnie kam; meynte
alſo wunder, wie ich in dieſem Stuͤcke im Exa-
mine
beſtehen ſolte. Aber der Herr Hof-
Rath Wolff uͤbertraff darinnen uns alle, ſo daß
auch die hohen des Raths, und die Aſſeſſores
der Geiſtlichkeit nicht wenig Vergnuͤgen dar-
uͤber bezeugten. Er kam nicht ſonderlich in
Compagnie, vielweniger in die Haͤuſer, wo
wir Gymnaſiaſten ſowol aus dem Eliſabethani-
ſchen, als Maria-Magdalenæiſchen Gymnaſio
offt zuſammen zu kommen pflegten. Sonſt
gieng er in Kleidern ſchlecht, doch reinlich ein-
her; wie er denn auch nur eines Gerbers
Sohn war, diſtinguirte ſich aber ſehr von an-
dern wegen ſeines fleißigen Studirens, und gu-
ten Profectuum, ſo er in Studiis hatte. Man-
che Studioſi, ſowol auf den Gymnaſiis, als
Academien, wollen vor der Zeit Staat ma-
chen, und meynen, es ſey ein haupt-nothwen-
dig Stuͤck, ſich propre, und nett in Kleidern

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0194" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">an der</hi><hi rendition="#aq">Præparation</hi></fw><lb/>
Welt-beru&#x0364;hmte Herr Hof-Rath Wolff war<lb/>
auch mit unter den <hi rendition="#aq">Stipendiat</hi>en, und ward zu-<lb/>
gleich mit <hi rendition="#aq">examini</hi>ret, von 2. Uhr Nachmit-<lb/>
tage bis um 6. Uhr. Jch hatte &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/><hi rendition="#aq">Scharffii Metaphy&#x017F;icam</hi> beynahe auswendig ge-<lb/>
lernet, und auch manche Stunde auf den<lb/><hi rendition="#aq">Scheiblerum</hi> gewendet, um mit den Pa&#x0364;b&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Studenten de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">di&#x017F;puti</hi>ren zu ko&#x0364;nnen, &#x017F;o<lb/>
offt ich mit ihnen in <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> kam; meynte<lb/>
al&#x017F;o wunder, wie ich in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke im <hi rendition="#aq">Exa-<lb/>
mine</hi> be&#x017F;tehen &#x017F;olte. Aber der Herr Hof-<lb/>
Rath Wolff u&#x0364;bertraff darinnen uns alle, &#x017F;o daß<lb/>
auch die hohen des Raths, und die <hi rendition="#aq">A&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ores</hi><lb/>
der Gei&#x017F;tlichkeit nicht wenig Vergnu&#x0364;gen dar-<lb/>
u&#x0364;ber bezeugten. Er kam nicht &#x017F;onderlich in<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie,</hi> vielweniger in die Ha&#x0364;u&#x017F;er, wo<lb/>
wir <hi rendition="#aq">Gymna&#x017F;ia&#x017F;t</hi>en &#x017F;owol aus dem <hi rendition="#aq">Eli&#x017F;abethani-</hi><lb/>
&#x017F;chen, als <hi rendition="#aq">Maria-Magdalenæi</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Gymna&#x017F;io</hi><lb/>
offt zu&#x017F;ammen zu kommen pflegten. Son&#x017F;t<lb/>
gieng er in Kleidern &#x017F;chlecht, doch reinlich ein-<lb/>
her; wie er denn auch nur eines Gerbers<lb/>
Sohn war, <hi rendition="#aq">di&#x017F;tingui</hi>rte &#x017F;ich aber &#x017F;ehr von an-<lb/>
dern wegen &#x017F;eines fleißigen <hi rendition="#aq">Studi</hi>rens, und gu-<lb/>
ten <hi rendition="#aq">Profectuum,</hi> &#x017F;o er in <hi rendition="#aq">Studiis</hi> hatte. Man-<lb/>
che <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;i,</hi> &#x017F;owol auf den <hi rendition="#aq">Gymna&#x017F;iis,</hi> als<lb/><hi rendition="#aq">Academi</hi>en, wollen vor der Zeit Staat ma-<lb/>
chen, und meynen, es &#x017F;ey ein haupt-nothwen-<lb/>
dig Stu&#x0364;ck, &#x017F;ich <hi rendition="#aq">propre,</hi> und nett in Kleidern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0194] an der Præparation Welt-beruͤhmte Herr Hof-Rath Wolff war auch mit unter den Stipendiaten, und ward zu- gleich mit examiniret, von 2. Uhr Nachmit- tage bis um 6. Uhr. Jch hatte ſchon laͤngſt Scharffii Metaphyſicam beynahe auswendig ge- lernet, und auch manche Stunde auf den Scheiblerum gewendet, um mit den Paͤbſtiſchen Studenten deſto beſſer diſputiren zu koͤnnen, ſo offt ich mit ihnen in Compagnie kam; meynte alſo wunder, wie ich in dieſem Stuͤcke im Exa- mine beſtehen ſolte. Aber der Herr Hof- Rath Wolff uͤbertraff darinnen uns alle, ſo daß auch die hohen des Raths, und die Aſſeſſores der Geiſtlichkeit nicht wenig Vergnuͤgen dar- uͤber bezeugten. Er kam nicht ſonderlich in Compagnie, vielweniger in die Haͤuſer, wo wir Gymnaſiaſten ſowol aus dem Eliſabethani- ſchen, als Maria-Magdalenæiſchen Gymnaſio offt zuſammen zu kommen pflegten. Sonſt gieng er in Kleidern ſchlecht, doch reinlich ein- her; wie er denn auch nur eines Gerbers Sohn war, diſtinguirte ſich aber ſehr von an- dern wegen ſeines fleißigen Studirens, und gu- ten Profectuum, ſo er in Studiis hatte. Man- che Studioſi, ſowol auf den Gymnaſiis, als Academien, wollen vor der Zeit Staat ma- chen, und meynen, es ſey ein haupt-nothwen- dig Stuͤck, ſich propre, und nett in Kleidern zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/194
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/194>, abgerufen am 11.10.2024.