Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Welt
Welt, ja es begegnen dem Menschen solche
Wunder-volle Zufälle, die man aus natürlichen
Ursachen sehr schwer, oder gar nicht auflösen kan,
und die so beschaffen, daß man Stein, und Bein
schwören solte, GOtt thue solche erst ietzund, un-
mittelbar, außerordentlich, durch besondere Di-
rection,
über die Natur, und nicht durch die
gewöhnlichen Wege der Natur, sondern durch
gewisse Geister, welche in die Creaturen und
Menschen, und menschliche Seelen würcken
können. So ist es demnach gut, allerhand
solche Dinge zu lesen, zu hören, zu wissen, und
folgentlich zu examiniren, ob sie in der Natur
ihren Grund haben: ob dadurch das bekannte
Systema harmoniae, das heutiges Tages so viel
Approbation findet, und alle Wunder aus-
schließet, zweiffelhafft gemacht, und wol gar
über einen Hauffen könne geworffen werden;
oder ob solches Systema mit allem, und bey allem
dem ungewöhnlichen und Erstaunens-vollen, so
den Menschen offt zustösset, gar wohl stehen
könne.

Jch solte meynen, Obrigkeiten thäten auch
ein löbliches Werck, wenn sie, so offt sich in ei-
ner Stadt etwas ereignet, was außer dem ge-
wöhnlichen Lauffe der Natur zu seyn scheinet,
solches vor ihr Forum zögen, die gantze Sache
untersuchten, und die Acten hernach dem Publico,

und

in der Welt
Welt, ja es begegnen dem Menſchen ſolche
Wunder-volle Zufaͤlle, die man aus natuͤrlichen
Urſachen ſehr ſchwer, oder gar nicht aufloͤſen kan,
und die ſo beſchaffen, daß man Stein, und Bein
ſchwoͤren ſolte, GOtt thue ſolche erſt ietzund, un-
mittelbar, außerordentlich, durch beſondere Di-
rection,
uͤber die Natur, und nicht durch die
gewoͤhnlichen Wege der Natur, ſondern durch
gewiſſe Geiſter, welche in die Creaturen und
Menſchen, und menſchliche Seelen wuͤrcken
koͤnnen. So iſt es demnach gut, allerhand
ſolche Dinge zu leſen, zu hoͤren, zu wiſſen, und
folgentlich zu examiniren, ob ſie in der Natur
ihren Grund haben: ob dadurch das bekannte
Syſtema harmoniæ, das heutiges Tages ſo viel
Approbation findet, und alle Wunder aus-
ſchließet, zweiffelhafft gemacht, und wol gar
uͤber einen Hauffen koͤnne geworffen werden;
oder ob ſolches Syſtema mit allem, und bey allem
dem ungewoͤhnlichen und Erſtaunens-vollen, ſo
den Menſchen offt zuſtoͤſſet, gar wohl ſtehen
koͤnne.

Jch ſolte meynen, Obrigkeiten thaͤten auch
ein loͤbliches Werck, wenn ſie, ſo offt ſich in ei-
ner Stadt etwas ereignet, was außer dem ge-
woͤhnlichen Lauffe der Natur zu ſeyn ſcheinet,
ſolches vor ihr Forum zoͤgen, die gantze Sache
unterſuchten, und die Acten hernach dem Publico,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0100" n="54"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in der Welt</hi></fw><lb/>
Welt, ja es begegnen dem Men&#x017F;chen &#x017F;olche<lb/>
Wunder-volle Zufa&#x0364;lle, die man aus natu&#x0364;rlichen<lb/>
Ur&#x017F;achen &#x017F;ehr &#x017F;chwer, oder gar nicht auflo&#x0364;&#x017F;en kan,<lb/>
und die &#x017F;o be&#x017F;chaffen, daß man Stein, und Bein<lb/>
&#x017F;chwo&#x0364;ren &#x017F;olte, GOtt thue &#x017F;olche er&#x017F;t ietzund, un-<lb/>
mittelbar, außerordentlich, durch be&#x017F;ondere <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
rection,</hi> u&#x0364;ber die Natur, und nicht durch die<lb/>
gewo&#x0364;hnlichen Wege der Natur, &#x017F;ondern durch<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Gei&#x017F;ter, welche in die Creaturen und<lb/>
Men&#x017F;chen, und men&#x017F;chliche Seelen wu&#x0364;rcken<lb/>
ko&#x0364;nnen. So i&#x017F;t es demnach gut, allerhand<lb/>
&#x017F;olche Dinge zu le&#x017F;en, zu ho&#x0364;ren, zu wi&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
folgentlich zu <hi rendition="#aq">examini</hi>ren, ob &#x017F;ie in der Natur<lb/>
ihren Grund haben: ob dadurch das bekannte<lb/><hi rendition="#aq">Sy&#x017F;tema harmoniæ,</hi> das heutiges Tages &#x017F;o viel<lb/><hi rendition="#aq">Approbation</hi> findet, und alle Wunder aus-<lb/>
&#x017F;chließet, zweiffelhafft gemacht, und wol gar<lb/>
u&#x0364;ber einen Hauffen ko&#x0364;nne geworffen werden;<lb/>
oder ob &#x017F;olches <hi rendition="#aq">Sy&#x017F;tema</hi> mit allem, und bey allem<lb/>
dem ungewo&#x0364;hnlichen und Er&#x017F;taunens-vollen, &#x017F;o<lb/>
den Men&#x017F;chen offt zu&#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, gar wohl &#x017F;tehen<lb/>
ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>Jch &#x017F;olte meynen, Obrigkeiten tha&#x0364;ten auch<lb/>
ein lo&#x0364;bliches Werck, wenn &#x017F;ie, &#x017F;o offt &#x017F;ich in ei-<lb/>
ner Stadt etwas ereignet, was außer dem ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlichen Lauffe der Natur zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet,<lb/>
&#x017F;olches vor ihr <hi rendition="#aq">Forum</hi> zo&#x0364;gen, die gantze Sache<lb/>
unter&#x017F;uchten, und die <hi rendition="#aq">Act</hi>en hernach dem <hi rendition="#aq">Publico,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0100] in der Welt Welt, ja es begegnen dem Menſchen ſolche Wunder-volle Zufaͤlle, die man aus natuͤrlichen Urſachen ſehr ſchwer, oder gar nicht aufloͤſen kan, und die ſo beſchaffen, daß man Stein, und Bein ſchwoͤren ſolte, GOtt thue ſolche erſt ietzund, un- mittelbar, außerordentlich, durch beſondere Di- rection, uͤber die Natur, und nicht durch die gewoͤhnlichen Wege der Natur, ſondern durch gewiſſe Geiſter, welche in die Creaturen und Menſchen, und menſchliche Seelen wuͤrcken koͤnnen. So iſt es demnach gut, allerhand ſolche Dinge zu leſen, zu hoͤren, zu wiſſen, und folgentlich zu examiniren, ob ſie in der Natur ihren Grund haben: ob dadurch das bekannte Syſtema harmoniæ, das heutiges Tages ſo viel Approbation findet, und alle Wunder aus- ſchließet, zweiffelhafft gemacht, und wol gar uͤber einen Hauffen koͤnne geworffen werden; oder ob ſolches Syſtema mit allem, und bey allem dem ungewoͤhnlichen und Erſtaunens-vollen, ſo den Menſchen offt zuſtoͤſſet, gar wohl ſtehen koͤnne. Jch ſolte meynen, Obrigkeiten thaͤten auch ein loͤbliches Werck, wenn ſie, ſo offt ſich in ei- ner Stadt etwas ereignet, was außer dem ge- woͤhnlichen Lauffe der Natur zu ſeyn ſcheinet, ſolches vor ihr Forum zoͤgen, die gantze Sache unterſuchten, und die Acten hernach dem Publico, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/100
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/100>, abgerufen am 18.05.2024.