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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.

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Rother Schnee.
wird, wächst, und endlich, wenn es ihm und seinen Geschwistern
zu eng im umgebenden Elternhause wird, den gemeinsamen Kiesel¬
panzer sprengen, um nun auf eigene Faust zu leben und zu rudern
in dem kleinen Weltall, das unserem Auge fast wie ein Nichts er¬
scheint, -- oder sie pflanzen sich durch Absenker fort, die als wasser¬
helle Bläschen wie minutiöse Schweißtropfen am Originalpanzer
heraustreten, wachsen, sich ablösen, strohgelb, dann roth werden,
bis sie dem Mutterthiere gleich sind.

Die Beobachter nehmen endlich noch eine dritte Fortpflanzungs-
Art, nämlich durch Eier, an, erklären jedoch ihre dahin bezüg¬
lichen Wahrnehmungen für sehr ungenügend, um mit einiger
Zuverlässigkeit eine Behauptung aufstellen zu können. Thatsache
ist es, daß man in allem rothen Schnee kleine Kügelchen von ro¬
ther Farbe findet, die oft unter den stärksten Vergrößerungen nur
wie Punkte erscheinen, und neben denen sich alle Stufen der wach¬
senden Größe bis zu derjenigen der vollkommenen Disceräen
erkennen lassen, -- eben so wie die Uebergänge von der runden
Kugelform zu der Eiform.

Außer diesen Infusorien zeigt sich in allen Arten des rothen
Schnees noch ein zweites Produkt, das aus einer dunkelrothen,
ins Blaue oder Braune spielenden Kugel besteht, um welche eine
Menge heller, durchsichtiger, konischer oder pyramidal zugespitzter
Körper angesetzt sich zeigen, die der Erscheinung das Ansehen
eines rosettirt geschliffenen Steines, oder eines mit kleinen Dia¬
manten besetzten Rubins geben. Das Verhältniß der inneren,
rothen Kugel zu den aufgesetzten, wie Krystalle glänzenden Stück¬
chen ist sehr verschieden, und da diese räthselhaften Organismen
sich nicht bewegen, so wissen die Beobachter nicht, ob sie dieselben
ins Pflanzenreich zu den Protococcus-Arten, oder zu den Infusions-
Thierchen zählen sollen.

Ein drittes, noch weniger beobachtetes Individuum, welches
nach allen Untersuchungen nie im rothen Schnee fehlt, aber gleich¬

Rother Schnee.
wird, wächſt, und endlich, wenn es ihm und ſeinen Geſchwiſtern
zu eng im umgebenden Elternhauſe wird, den gemeinſamen Kieſel¬
panzer ſprengen, um nun auf eigene Fauſt zu leben und zu rudern
in dem kleinen Weltall, das unſerem Auge faſt wie ein Nichts er¬
ſcheint, — oder ſie pflanzen ſich durch Abſenker fort, die als waſſer¬
helle Bläschen wie minutiöſe Schweißtropfen am Originalpanzer
heraustreten, wachſen, ſich ablöſen, ſtrohgelb, dann roth werden,
bis ſie dem Mutterthiere gleich ſind.

Die Beobachter nehmen endlich noch eine dritte Fortpflanzungs-
Art, nämlich durch Eier, an, erklären jedoch ihre dahin bezüg¬
lichen Wahrnehmungen für ſehr ungenügend, um mit einiger
Zuverläſſigkeit eine Behauptung aufſtellen zu können. Thatſache
iſt es, daß man in allem rothen Schnee kleine Kügelchen von ro¬
ther Farbe findet, die oft unter den ſtärkſten Vergrößerungen nur
wie Punkte erſcheinen, und neben denen ſich alle Stufen der wach¬
ſenden Größe bis zu derjenigen der vollkommenen Disceräen
erkennen laſſen, — eben ſo wie die Uebergänge von der runden
Kugelform zu der Eiform.

Außer dieſen Infuſorien zeigt ſich in allen Arten des rothen
Schnees noch ein zweites Produkt, das aus einer dunkelrothen,
ins Blaue oder Braune ſpielenden Kugel beſteht, um welche eine
Menge heller, durchſichtiger, koniſcher oder pyramidal zugeſpitzter
Körper angeſetzt ſich zeigen, die der Erſcheinung das Anſehen
eines roſettirt geſchliffenen Steines, oder eines mit kleinen Dia¬
manten beſetzten Rubins geben. Das Verhältniß der inneren,
rothen Kugel zu den aufgeſetzten, wie Kryſtalle glänzenden Stück¬
chen iſt ſehr verſchieden, und da dieſe räthſelhaften Organismen
ſich nicht bewegen, ſo wiſſen die Beobachter nicht, ob ſie dieſelben
ins Pflanzenreich zu den Protococcus-Arten, oder zu den Infuſions-
Thierchen zählen ſollen.

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[181/0209] Rother Schnee. wird, wächſt, und endlich, wenn es ihm und ſeinen Geſchwiſtern zu eng im umgebenden Elternhauſe wird, den gemeinſamen Kieſel¬ panzer ſprengen, um nun auf eigene Fauſt zu leben und zu rudern in dem kleinen Weltall, das unſerem Auge faſt wie ein Nichts er¬ ſcheint, — oder ſie pflanzen ſich durch Abſenker fort, die als waſſer¬ helle Bläschen wie minutiöſe Schweißtropfen am Originalpanzer heraustreten, wachſen, ſich ablöſen, ſtrohgelb, dann roth werden, bis ſie dem Mutterthiere gleich ſind. Die Beobachter nehmen endlich noch eine dritte Fortpflanzungs- Art, nämlich durch Eier, an, erklären jedoch ihre dahin bezüg¬ lichen Wahrnehmungen für ſehr ungenügend, um mit einiger Zuverläſſigkeit eine Behauptung aufſtellen zu können. Thatſache iſt es, daß man in allem rothen Schnee kleine Kügelchen von ro¬ ther Farbe findet, die oft unter den ſtärkſten Vergrößerungen nur wie Punkte erſcheinen, und neben denen ſich alle Stufen der wach¬ ſenden Größe bis zu derjenigen der vollkommenen Disceräen erkennen laſſen, — eben ſo wie die Uebergänge von der runden Kugelform zu der Eiform. Außer dieſen Infuſorien zeigt ſich in allen Arten des rothen Schnees noch ein zweites Produkt, das aus einer dunkelrothen, ins Blaue oder Braune ſpielenden Kugel beſteht, um welche eine Menge heller, durchſichtiger, koniſcher oder pyramidal zugeſpitzter Körper angeſetzt ſich zeigen, die der Erſcheinung das Anſehen eines roſettirt geſchliffenen Steines, oder eines mit kleinen Dia¬ manten beſetzten Rubins geben. Das Verhältniß der inneren, rothen Kugel zu den aufgeſetzten, wie Kryſtalle glänzenden Stück¬ chen iſt ſehr verſchieden, und da dieſe räthſelhaften Organismen ſich nicht bewegen, ſo wiſſen die Beobachter nicht, ob ſie dieſelben ins Pflanzenreich zu den Protococcus-Arten, oder zu den Infuſions- Thierchen zählen ſollen. Ein drittes, noch weniger beobachtetes Individuum, welches nach allen Unterſuchungen nie im rothen Schnee fehlt, aber gleich¬

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Zitationshilfe: Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/209>, abgerufen am 25.11.2024.