Du bist, o Alpenrose, Der Blumen Kron' und Preis, Die einz'ge Dornenlose In Deiner Schwestern Kreis; Du wohnst als Königinne So recht auf höchstem Thron, Und blühst in reiner Minne Dem freien Alpensohn.
M. Klotz.
Hinter Oberhausen am Thunersee erhebt sich eine jähe, spitze Felsenfluh, so unzugänglich, daß selbst Gemsen sie zu erklimmen scheuen. Kein Wildheuer steigt hinauf, um das dort wachsende Futtergras mit Lebensgefahr zu mähen, kein Wurzelgräber sucht an diesen Wänden seinen kümmerlichen Erwerb. Und doch wachsen da droben die schönsten und seltensten Alpenpflanzen, wie man sie weit umher nicht in so prangenden, tiefleuchtenden Blüthen findet, besonders die purpurbraunen, fast schwarzrothen "Fluhblüemli" oder "Badönickli" (Primula veris elatior), -- eine Zierde der "Schwebelhüetli", wie sie die Oberländerinnen an sommerlichen Festtagen tragen.
In altersgrauer Zeit lebte zu Oberhausen ein sehr reicher Bauer mit seinem einzigen Töchterlein. Es war das schönste
Berlepsch, die Alpen. 7
Die Alpenroſe.
Du biſt, o Alpenroſe, Der Blumen Kron' und Preis, Die einz'ge Dornenloſe In Deiner Schweſtern Kreis; Du wohnſt als Königinne So recht auf höchſtem Thron, Und blühſt in reiner Minne Dem freien Alpenſohn.
M. Klotz.
Hinter Oberhauſen am Thunerſee erhebt ſich eine jähe, ſpitze Felſenfluh, ſo unzugänglich, daß ſelbſt Gemſen ſie zu erklimmen ſcheuen. Kein Wildheuer ſteigt hinauf, um das dort wachſende Futtergras mit Lebensgefahr zu mähen, kein Wurzelgräber ſucht an dieſen Wänden ſeinen kümmerlichen Erwerb. Und doch wachſen da droben die ſchönſten und ſeltenſten Alpenpflanzen, wie man ſie weit umher nicht in ſo prangenden, tiefleuchtenden Blüthen findet, beſonders die purpurbraunen, faſt ſchwarzrothen „Fluhblüemli“ oder „Badönickli“ (Primula veris elatior), — eine Zierde der „Schwebelhüetli“, wie ſie die Oberländerinnen an ſommerlichen Feſttagen tragen.
In altersgrauer Zeit lebte zu Oberhauſen ein ſehr reicher Bauer mit ſeinem einzigen Töchterlein. Es war das ſchönſte
Berlepſch, die Alpen. 7
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[[97]/0123]
Die Alpenroſe.
Du biſt, o Alpenroſe,
Der Blumen Kron' und Preis,
Die einz'ge Dornenloſe
In Deiner Schweſtern Kreis;
Du wohnſt als Königinne
So recht auf höchſtem Thron,
Und blühſt in reiner Minne
Dem freien Alpenſohn.
M. Klotz.
Hinter Oberhauſen am Thunerſee erhebt ſich eine jähe, ſpitze
Felſenfluh, ſo unzugänglich, daß ſelbſt Gemſen ſie zu erklimmen
ſcheuen. Kein Wildheuer ſteigt hinauf, um das dort wachſende
Futtergras mit Lebensgefahr zu mähen, kein Wurzelgräber ſucht an
dieſen Wänden ſeinen kümmerlichen Erwerb. Und doch wachſen
da droben die ſchönſten und ſeltenſten Alpenpflanzen, wie man ſie
weit umher nicht in ſo prangenden, tiefleuchtenden Blüthen findet,
beſonders die purpurbraunen, faſt ſchwarzrothen „Fluhblüemli“
oder „Badönickli“ (Primula veris elatior), — eine Zierde der
„Schwebelhüetli“, wie ſie die Oberländerinnen an ſommerlichen
Feſttagen tragen.
In altersgrauer Zeit lebte zu Oberhauſen ein ſehr reicher
Bauer mit ſeinem einzigen Töchterlein. Es war das ſchönſte
Berlepſch, die Alpen. 7
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. [97]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/123>, abgerufen am 22.11.2024.
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