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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Lesen und Hören der Namen.
Zahl von Thiernamen; nachher wurde Medhurst's english and ja-
panese and japanese and english vocabulary, compiled from native
works, 1830, verglichen und mit Hülfe davon, wie von Hoffmann's
Grammatik, noch in Japan selbst das der Aussprache nach Nieder-
geschriebene mit der japanischen Orthographie verglichen. Medhurst's
Vocabular hat mir überhaupt an Ort und Stelle gute Dienste geleistet,
mit seiner Hülfe und durch meinen intelligenten Diener war ich bald
im Stande, zu rechnen und zu kaufen, zu beauftragen und zu fragen,
so weit es materielle, nahe liegende Dinge betraf; eine Erzählung
im Zusammenhange zu verstehen (nicht bloss aus einzelnen bekannten
Wörtern zu errathen) oder gar Geschriebenes vom Blatte weg zu
lesen, so weit habe ich es allerdings nicht gebracht.

Gewissermaassen als Rechtfertigung möge es mir erlaubt sein,
eine Stelle aus einem Briefe des verehrten Prof. Hoffmann, des
besten und langjährigen Kenners der japanischen Sprache in Europa,
hier anzuführen, welche sich auf den Besuch der japanischen Ge-
sandtschaft in Holland bezieht: "nun ich endlich im Stande bin,
mit einem Japaner ein Gespräch zu führen, wobei ich jedoch häufig
ersuchen muss, ein zu schnell gesprochenes Wort oder halb ver-
schlucktes Wort zu wiederholen oder deutlicher auszusprechen,
schäme ich mich nicht mehr, zu bekennen, dass ich, wenn zwei
Japaner mit einander reden, doch wenig davon verstehe." (Novem-
ber 1864.)

Jene Vergleichung erlaubt mir auch, mehrere der Angaben
Medhurst's bestimmter und wissenschaftlicher auszudrücken, indem
derselbe die japanischen Thiere oft durch nur entfernt ähnliche
europäische wiedergiebt, z. B. tanuki (Canis viverrinus) mit Dachs,
yamatori (Phasianus Sömmeringi) mit jungle fowl (wilder Hahn in
Ostindien), kisi (Ph. versicolor) mit Rebhuhn, ara (Serranus) mit
cod (Stockfisch) etc., was freilich dem Nichtgelehrten ziemlich gleich-
gültig, dem Zoologen aber ein Gräuel ist.

Sehr bald ergab sich nun, dass die Japaner nicht genau so
sprechen, wie sie schreiben, was sich zwar aus der Analogie aller
anderen Völker von vorn herein erwarten liess, aber in den spe-
ciellen Fällen doch immer wieder unerwartet und ärgerlich war.
Die Abweichungen waren an sich nicht gross, aber doch oft hin-
reichend, um ein sofortiges Verständniss zu verhindern, so sprachen
die Japaner, von denen ich lernte und die allerdings nicht zu den
höheren Ständen gehörten, regelmässig ska, stots', khi, welche

Lesen und Hören der Namen.
Zahl von Thiernamen; nachher wurde Medhurst’s english and ja-
panese and japanese and english vocabulary, compiled from native
works, 1830, verglichen und mit Hülfe davon, wie von Hoffmann’s
Grammatik, noch in Japan selbst das der Aussprache nach Nieder-
geschriebene mit der japanischen Orthographie verglichen. Medhurst’s
Vocabular hat mir überhaupt an Ort und Stelle gute Dienste geleistet,
mit seiner Hülfe und durch meinen intelligenten Diener war ich bald
im Stande, zu rechnen und zu kaufen, zu beauftragen und zu fragen,
so weit es materielle, nahe liegende Dinge betraf; eine Erzählung
im Zusammenhange zu verstehen (nicht bloss aus einzelnen bekannten
Wörtern zu errathen) oder gar Geschriebenes vom Blatte weg zu
lesen, so weit habe ich es allerdings nicht gebracht.

Gewissermaassen als Rechtfertigung möge es mir erlaubt sein,
eine Stelle aus einem Briefe des verehrten Prof. Hoffmann, des
besten und langjährigen Kenners der japanischen Sprache in Europa,
hier anzuführen, welche sich auf den Besuch der japanischen Ge-
sandtschaft in Holland bezieht: »nun ich endlich im Stande bin,
mit einem Japaner ein Gespräch zu führen, wobei ich jedoch häufig
ersuchen muss, ein zu schnell gesprochenes Wort oder halb ver-
schlucktes Wort zu wiederholen oder deutlicher auszusprechen,
schäme ich mich nicht mehr, zu bekennen, dass ich, wenn zwei
Japaner mit einander reden, doch wenig davon verstehe.« (Novem-
ber 1864.)

Jene Vergleichung erlaubt mir auch, mehrere der Angaben
Medhurst’s bestimmter und wissenschaftlicher auszudrücken, indem
derselbe die japanischen Thiere oft durch nur entfernt ähnliche
europäische wiedergiebt, z. B. tanuki (Canis viverrinus) mit Dachs,
yamatori (Phasianus Sömmeringi) mit jungle fowl (wilder Hahn in
Ostindien), kisi (Ph. versicolor) mit Rebhuhn, ara (Serranus) mit
cod (Stockfisch) etc., was freilich dem Nichtgelehrten ziemlich gleich-
gültig, dem Zoologen aber ein Gräuel ist.

Sehr bald ergab sich nun, dass die Japaner nicht genau so
sprechen, wie sie schreiben, was sich zwar aus der Analogie aller
anderen Völker von vorn herein erwarten liess, aber in den spe-
ciellen Fällen doch immer wieder unerwartet und ärgerlich war.
Die Abweichungen waren an sich nicht gross, aber doch oft hin-
reichend, um ein sofortiges Verständniss zu verhindern, so sprachen
die Japaner, von denen ich lernte und die allerdings nicht zu den
höheren Ständen gehörten, regelmässig ska, stots’, χi, welche

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[68/0086] Lesen und Hören der Namen. Zahl von Thiernamen; nachher wurde Medhurst’s english and ja- panese and japanese and english vocabulary, compiled from native works, 1830, verglichen und mit Hülfe davon, wie von Hoffmann’s Grammatik, noch in Japan selbst das der Aussprache nach Nieder- geschriebene mit der japanischen Orthographie verglichen. Medhurst’s Vocabular hat mir überhaupt an Ort und Stelle gute Dienste geleistet, mit seiner Hülfe und durch meinen intelligenten Diener war ich bald im Stande, zu rechnen und zu kaufen, zu beauftragen und zu fragen, so weit es materielle, nahe liegende Dinge betraf; eine Erzählung im Zusammenhange zu verstehen (nicht bloss aus einzelnen bekannten Wörtern zu errathen) oder gar Geschriebenes vom Blatte weg zu lesen, so weit habe ich es allerdings nicht gebracht. Gewissermaassen als Rechtfertigung möge es mir erlaubt sein, eine Stelle aus einem Briefe des verehrten Prof. Hoffmann, des besten und langjährigen Kenners der japanischen Sprache in Europa, hier anzuführen, welche sich auf den Besuch der japanischen Ge- sandtschaft in Holland bezieht: »nun ich endlich im Stande bin, mit einem Japaner ein Gespräch zu führen, wobei ich jedoch häufig ersuchen muss, ein zu schnell gesprochenes Wort oder halb ver- schlucktes Wort zu wiederholen oder deutlicher auszusprechen, schäme ich mich nicht mehr, zu bekennen, dass ich, wenn zwei Japaner mit einander reden, doch wenig davon verstehe.« (Novem- ber 1864.) Jene Vergleichung erlaubt mir auch, mehrere der Angaben Medhurst’s bestimmter und wissenschaftlicher auszudrücken, indem derselbe die japanischen Thiere oft durch nur entfernt ähnliche europäische wiedergiebt, z. B. tanuki (Canis viverrinus) mit Dachs, yamatori (Phasianus Sömmeringi) mit jungle fowl (wilder Hahn in Ostindien), kisi (Ph. versicolor) mit Rebhuhn, ara (Serranus) mit cod (Stockfisch) etc., was freilich dem Nichtgelehrten ziemlich gleich- gültig, dem Zoologen aber ein Gräuel ist. Sehr bald ergab sich nun, dass die Japaner nicht genau so sprechen, wie sie schreiben, was sich zwar aus der Analogie aller anderen Völker von vorn herein erwarten liess, aber in den spe- ciellen Fällen doch immer wieder unerwartet und ärgerlich war. Die Abweichungen waren an sich nicht gross, aber doch oft hin- reichend, um ein sofortiges Verständniss zu verhindern, so sprachen die Japaner, von denen ich lernte und die allerdings nicht zu den höheren Ständen gehörten, regelmässig ska, stots’, χi, welche

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/86>, abgerufen am 26.11.2024.