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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Pelagische Thiere. Milchsee von Banda.
den.90) Von andern schwimmenden Mollusken sind die veilchen-
blauen Janthinen im indischen Ocean häufig und auch die ähnlichen
aber unscheinbar graubraunen Recluzien kommen ebenso freischwim-
mend vor. Zuweilen findet man auch schwimmende Nacktschnecken;
so fischte ich unweit Singapore im offenen Meer im Oktober Scyl-
laea pelagica auf, freischwimmend durch bogenförmige Krümmungen
des ganzen Körpers; es ist dieselbe Schnecke, welche für das
schwimmende Sargasso im atlantischen Ocean charakteristisch ist,
und dieses Vorkommen spricht demnach auch dafür, dass das Sar-
gasso aus dem indischen Ocean durch Meeresströmungen in den
atlantischen gelangt.91) Von etwas grösseren wirbellosen Thieren
des offenen Meeres sind hauptsächlich noch die ihres Generations-
wechsels wegen berühmten Salpen und die Quallen als augen-
fällige Erscheinungen hervorzuheben; Salpen traf ich z. B. am Ein-
gang des Golfes von Siam, 16. November 1861, grössere Quallen in
Mehrzahl Ende August 1862 auf den Molukken, so bei Batjan ein
der Seelunge des Mittelmeeres ähnliches Rhizostoma von etwa ein
Fuss im Durchmesser, violett-rosenfarbig mit acht gabelförmigen
Armen, deren jeder einen blaugefärbten Nahrungskanal enthielt, und
bei Kajoa eine der gewöhnlichen Qualle unserer Ostsee ähnliche
Medusa (Aurelia) mit 16 Randlappen, kurzen vierspaltigen Armen
und vier röthlichvioletten Kreisen um die Mitte der Scheibe.

Von mikroskopisch kleinen lebenden Wesen an der Ober-
fläche des Meeres beobachtete ich z. B. in der Celebessee unter 4°
N. Br. und 120° O. L. v. Greenw. den 26. Juni 1862 Arten der
Gattungen Eucyrtidium, die von dreizackigen Kieselnadeln umgebe-
nen Gallertkügelchen von Sphaerozoum und die starren Schrauben-
zieherformen von Spirillum. Rumph berichtet, dass das Meerwasser
um die Inselgruppe Banda jährlich in den Sommermonaten zur Zeit
des Ostmonsuns des Nachts weisslich leuchte, so dass man Luft
und Wasser nicht gut unterscheiden könne; er gibt an, dass er
viele nesselnde Quallen (bezaantje's, wahrscheinlich Physalia) darin
gefunden und dass zuweilen am Ende dieser Zeit grosse Mengen
faulen stinkenden Schleimes ausgeworfen würden, auch dass Viele
der Meinung seien, diese Erscheinung rühre von einer grossen An-
zahl kleiner Thierchen her. Nähere Untersuchungen hierüber sind
mir nicht bekannt, und ich selbst kam in einer anderen Jahreszeit,
Anfangs Dezember, nach den Banda-Inseln, so dass ich keine Ge-
legenheit hatte, es zu untersuchen. Doch kann ich nicht umhin,

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Pelagische Thiere. Milchsee von Banda.
den.90) Von andern schwimmenden Mollusken sind die veilchen-
blauen Janthinen im indischen Ocean häufig und auch die ähnlichen
aber unscheinbar graubraunen Recluzien kommen ebenso freischwim-
mend vor. Zuweilen findet man auch schwimmende Nacktschnecken;
so fischte ich unweit Singapore im offenen Meer im Oktober Scyl-
laea pelagica auf, freischwimmend durch bogenförmige Krümmungen
des ganzen Körpers; es ist dieselbe Schnecke, welche für das
schwimmende Sargasso im atlantischen Ocean charakteristisch ist,
und dieses Vorkommen spricht demnach auch dafür, dass das Sar-
gasso aus dem indischen Ocean durch Meeresströmungen in den
atlantischen gelangt.91) Von etwas grösseren wirbellosen Thieren
des offenen Meeres sind hauptsächlich noch die ihres Generations-
wechsels wegen berühmten Salpen und die Quallen als augen-
fällige Erscheinungen hervorzuheben; Salpen traf ich z. B. am Ein-
gang des Golfes von Siam, 16. November 1861, grössere Quallen in
Mehrzahl Ende August 1862 auf den Molukken, so bei Batjan ein
der Seelunge des Mittelmeeres ähnliches Rhizostoma von etwa ein
Fuss im Durchmesser, violett-rosenfarbig mit acht gabelförmigen
Armen, deren jeder einen blaugefärbten Nahrungskanal enthielt, und
bei Kajoa eine der gewöhnlichen Qualle unserer Ostsee ähnliche
Medusa (Aurelia) mit 16 Randlappen, kurzen vierspaltigen Armen
und vier röthlichvioletten Kreisen um die Mitte der Scheibe.

Von mikroskopisch kleinen lebenden Wesen an der Ober-
fläche des Meeres beobachtete ich z. B. in der Celebessee unter 4°
N. Br. und 120° O. L. v. Greenw. den 26. Juni 1862 Arten der
Gattungen Eucyrtidium, die von dreizackigen Kieselnadeln umgebe-
nen Gallertkügelchen von Sphaerozoum und die starren Schrauben-
zieherformen von Spirillum. Rumph berichtet, dass das Meerwasser
um die Inselgruppe Banda jährlich in den Sommermonaten zur Zeit
des Ostmonsuns des Nachts weisslich leuchte, so dass man Luft
und Wasser nicht gut unterscheiden könne; er gibt an, dass er
viele nesselnde Quallen (bezaantje’s, wahrscheinlich Physalia) darin
gefunden und dass zuweilen am Ende dieser Zeit grosse Mengen
faulen stinkenden Schleimes ausgeworfen würden, auch dass Viele
der Meinung seien, diese Erscheinung rühre von einer grossen An-
zahl kleiner Thierchen her. Nähere Untersuchungen hierüber sind
mir nicht bekannt, und ich selbst kam in einer anderen Jahreszeit,
Anfangs Dezember, nach den Banda-Inseln, so dass ich keine Ge-
legenheit hatte, es zu untersuchen. Doch kann ich nicht umhin,

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[339/0357] Pelagische Thiere. Milchsee von Banda. den.90) Von andern schwimmenden Mollusken sind die veilchen- blauen Janthinen im indischen Ocean häufig und auch die ähnlichen aber unscheinbar graubraunen Recluzien kommen ebenso freischwim- mend vor. Zuweilen findet man auch schwimmende Nacktschnecken; so fischte ich unweit Singapore im offenen Meer im Oktober Scyl- laea pelagica auf, freischwimmend durch bogenförmige Krümmungen des ganzen Körpers; es ist dieselbe Schnecke, welche für das schwimmende Sargasso im atlantischen Ocean charakteristisch ist, und dieses Vorkommen spricht demnach auch dafür, dass das Sar- gasso aus dem indischen Ocean durch Meeresströmungen in den atlantischen gelangt.91) Von etwas grösseren wirbellosen Thieren des offenen Meeres sind hauptsächlich noch die ihres Generations- wechsels wegen berühmten Salpen und die Quallen als augen- fällige Erscheinungen hervorzuheben; Salpen traf ich z. B. am Ein- gang des Golfes von Siam, 16. November 1861, grössere Quallen in Mehrzahl Ende August 1862 auf den Molukken, so bei Batjan ein der Seelunge des Mittelmeeres ähnliches Rhizostoma von etwa ein Fuss im Durchmesser, violett-rosenfarbig mit acht gabelförmigen Armen, deren jeder einen blaugefärbten Nahrungskanal enthielt, und bei Kajoa eine der gewöhnlichen Qualle unserer Ostsee ähnliche Medusa (Aurelia) mit 16 Randlappen, kurzen vierspaltigen Armen und vier röthlichvioletten Kreisen um die Mitte der Scheibe. Von mikroskopisch kleinen lebenden Wesen an der Ober- fläche des Meeres beobachtete ich z. B. in der Celebessee unter 4° N. Br. und 120° O. L. v. Greenw. den 26. Juni 1862 Arten der Gattungen Eucyrtidium, die von dreizackigen Kieselnadeln umgebe- nen Gallertkügelchen von Sphaerozoum und die starren Schrauben- zieherformen von Spirillum. Rumph berichtet, dass das Meerwasser um die Inselgruppe Banda jährlich in den Sommermonaten zur Zeit des Ostmonsuns des Nachts weisslich leuchte, so dass man Luft und Wasser nicht gut unterscheiden könne; er gibt an, dass er viele nesselnde Quallen (bezaantje’s, wahrscheinlich Physalia) darin gefunden und dass zuweilen am Ende dieser Zeit grosse Mengen faulen stinkenden Schleimes ausgeworfen würden, auch dass Viele der Meinung seien, diese Erscheinung rühre von einer grossen An- zahl kleiner Thierchen her. Nähere Untersuchungen hierüber sind mir nicht bekannt, und ich selbst kam in einer anderen Jahreszeit, Anfangs Dezember, nach den Banda-Inseln, so dass ich keine Ge- legenheit hatte, es zu untersuchen. Doch kann ich nicht umhin, 22*

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/357>, abgerufen am 19.05.2024.