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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Verschiedene Formen der Siluroiden.
am obern Kapuas ikan pisang, Bananenfisch, genannt, Bagroides
melanopterus Blkr.; bei Liocassis stenomus finden sich grosse schwarze
Flecken, die mehr oder weniger unter sich verbunden sind. Bei
einer andern Gruppe welsartiger Fische bleibt zwar noch die
Schwanzflosse frei und gegabelt, aber die Afterflosse dehnt sich
ungemein lang, während die Rückenflosse verkümmert oder ganz
verschwindet (Gattung Cryptopterus im weiteren Sinne); der Kopf
ist verhältnissmässig klein, der Körper seitlich zusammengedrückt,
die Färbung hell, matt metallglänzend, öfters ein dunkelstahlblauer
oder schwarzer Seitenfleck hinter dem Kiemendeckel oder auch an
der Basis der Schwanzflosse; diese Fische, die auf Borneo ziemlich
häufig sind und eine ansehnliche Grösse erreichen, werden von den
Malaien im Allgemeinen lais genannt; Cryptopterus micropogon, von
dem ich am Binnensee Danau Sriang ein Exemplar von 0,33 Met.
Länge erhielt, nannte man mir dort lais-tima nach seiner Zinnfarbe
(tima mal. Zinn). Ebenda erhielt ich eine andere auffällige Gattung,
welche mit den systematischen Charakteren der welsartigen Fische,
namentlich auch dem gezähnelten starken Stachel der Brustflosse,
hier blattförmig, die plattgedrückte breitmäulige Gestalt des See-
teufels verbindet, hier tuka genannt (Chaca C. V.); die Körperfarbe
ist dunkelbraun, oben mit einigen divergirenden gelben Streifen,
unten auffallenderweise dunkler, fast schwarz. Das Thier lebt wahr-
scheinlich am Grunde sumpfiger Gewässer; die auffällige Kleinheit
der Augen und die zahlreichen kurzen Fühlfäden an den Seiten des
Kopfes deuten darauf hin, dass er mehr mit Tasten als Sehen sich
behilft. Eine andere charakteristische Form sind die langgestreckten
braunen Clarias, in Borneo kale oder k'li genannt, vorn cylindrisch,
hinten mehr zusammengedrückt, einfarbig oder hell getüpfelt, mit
langgedehnter niedriger gleichartiger Rücken- und Afterflosse; sie
besitzen ausser den normalen Kiemen noch eine accessorische Höhle
mit verzweigten Kiemenblättern unter dem Schädel, worin sie Wasser
längere Zeit aufbewahren können; sie können sich dadurch in zeit-
weise austrocknenden Gewässern am Leben erhalten, sollen sogar
über Land nach andern Gewässern wandern.

Eine analoge Einrichtung von derselben physiologischen Be-
deutung besitzt bekanntlich eine andere Familie, die der Labyrinth-
fische
oder Blätterkiemer, welche zwar nicht artenreich, aber doch
für Indien und seinen Archipel sehr charakteristisch ist. Die Laby-
rinthfische im engeren Sinne sind kurze seitlich zusammengedrückte

Verschiedene Formen der Siluroiden.
am obern Kapuas ikan pisang, Bananenfisch, genannt, Bagroides
melanopterus Blkr.; bei Liocassis stenomus finden sich grosse schwarze
Flecken, die mehr oder weniger unter sich verbunden sind. Bei
einer andern Gruppe welsartiger Fische bleibt zwar noch die
Schwanzflosse frei und gegabelt, aber die Afterflosse dehnt sich
ungemein lang, während die Rückenflosse verkümmert oder ganz
verschwindet (Gattung Cryptopterus im weiteren Sinne); der Kopf
ist verhältnissmässig klein, der Körper seitlich zusammengedrückt,
die Färbung hell, matt metallglänzend, öfters ein dunkelstahlblauer
oder schwarzer Seitenfleck hinter dem Kiemendeckel oder auch an
der Basis der Schwanzflosse; diese Fische, die auf Borneo ziemlich
häufig sind und eine ansehnliche Grösse erreichen, werden von den
Malaien im Allgemeinen lais genannt; Cryptopterus micropogon, von
dem ich am Binnensee Danau Sriang ein Exemplar von 0,33 Met.
Länge erhielt, nannte man mir dort lais-tima nach seiner Zinnfarbe
(tima mal. Zinn). Ebenda erhielt ich eine andere auffällige Gattung,
welche mit den systematischen Charakteren der welsartigen Fische,
namentlich auch dem gezähnelten starken Stachel der Brustflosse,
hier blattförmig, die plattgedrückte breitmäulige Gestalt des See-
teufels verbindet, hier tuka genannt (Chaca C. V.); die Körperfarbe
ist dunkelbraun, oben mit einigen divergirenden gelben Streifen,
unten auffallenderweise dunkler, fast schwarz. Das Thier lebt wahr-
scheinlich am Grunde sumpfiger Gewässer; die auffällige Kleinheit
der Augen und die zahlreichen kurzen Fühlfäden an den Seiten des
Kopfes deuten darauf hin, dass er mehr mit Tasten als Sehen sich
behilft. Eine andere charakteristische Form sind die langgestreckten
braunen Clarias, in Borneo kalé oder k’li genannt, vorn cylindrisch,
hinten mehr zusammengedrückt, einfarbig oder hell getüpfelt, mit
langgedehnter niedriger gleichartiger Rücken- und Afterflosse; sie
besitzen ausser den normalen Kiemen noch eine accessorische Höhle
mit verzweigten Kiemenblättern unter dem Schädel, worin sie Wasser
längere Zeit aufbewahren können; sie können sich dadurch in zeit-
weise austrocknenden Gewässern am Leben erhalten, sollen sogar
über Land nach andern Gewässern wandern.

Eine analoge Einrichtung von derselben physiologischen Be-
deutung besitzt bekanntlich eine andere Familie, die der Labyrinth-
fische
oder Blätterkiemer, welche zwar nicht artenreich, aber doch
für Indien und seinen Archipel sehr charakteristisch ist. Die Laby-
rinthfische im engeren Sinne sind kurze seitlich zusammengedrückte

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[302/0320] Verschiedene Formen der Siluroiden. am obern Kapuas ikan pisang, Bananenfisch, genannt, Bagroides melanopterus Blkr.; bei Liocassis stenomus finden sich grosse schwarze Flecken, die mehr oder weniger unter sich verbunden sind. Bei einer andern Gruppe welsartiger Fische bleibt zwar noch die Schwanzflosse frei und gegabelt, aber die Afterflosse dehnt sich ungemein lang, während die Rückenflosse verkümmert oder ganz verschwindet (Gattung Cryptopterus im weiteren Sinne); der Kopf ist verhältnissmässig klein, der Körper seitlich zusammengedrückt, die Färbung hell, matt metallglänzend, öfters ein dunkelstahlblauer oder schwarzer Seitenfleck hinter dem Kiemendeckel oder auch an der Basis der Schwanzflosse; diese Fische, die auf Borneo ziemlich häufig sind und eine ansehnliche Grösse erreichen, werden von den Malaien im Allgemeinen lais genannt; Cryptopterus micropogon, von dem ich am Binnensee Danau Sriang ein Exemplar von 0,33 Met. Länge erhielt, nannte man mir dort lais-tima nach seiner Zinnfarbe (tima mal. Zinn). Ebenda erhielt ich eine andere auffällige Gattung, welche mit den systematischen Charakteren der welsartigen Fische, namentlich auch dem gezähnelten starken Stachel der Brustflosse, hier blattförmig, die plattgedrückte breitmäulige Gestalt des See- teufels verbindet, hier tuka genannt (Chaca C. V.); die Körperfarbe ist dunkelbraun, oben mit einigen divergirenden gelben Streifen, unten auffallenderweise dunkler, fast schwarz. Das Thier lebt wahr- scheinlich am Grunde sumpfiger Gewässer; die auffällige Kleinheit der Augen und die zahlreichen kurzen Fühlfäden an den Seiten des Kopfes deuten darauf hin, dass er mehr mit Tasten als Sehen sich behilft. Eine andere charakteristische Form sind die langgestreckten braunen Clarias, in Borneo kalé oder k’li genannt, vorn cylindrisch, hinten mehr zusammengedrückt, einfarbig oder hell getüpfelt, mit langgedehnter niedriger gleichartiger Rücken- und Afterflosse; sie besitzen ausser den normalen Kiemen noch eine accessorische Höhle mit verzweigten Kiemenblättern unter dem Schädel, worin sie Wasser längere Zeit aufbewahren können; sie können sich dadurch in zeit- weise austrocknenden Gewässern am Leben erhalten, sollen sogar über Land nach andern Gewässern wandern. Eine analoge Einrichtung von derselben physiologischen Be- deutung besitzt bekanntlich eine andere Familie, die der Labyrinth- fische oder Blätterkiemer, welche zwar nicht artenreich, aber doch für Indien und seinen Archipel sehr charakteristisch ist. Die Laby- rinthfische im engeren Sinne sind kurze seitlich zusammengedrückte

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/320>, abgerufen am 26.11.2024.