Herpes, beobachtet, übrigens als Folge, nicht als Ursache der Krankheit betrachtet.
Tausendfüsse, Myriopoden, verschiedener Gestalt sind durch den ganzen Archipel zahlreich, doch sah ich die grösseren hauptsächlich auf den grossen Sunda-Inseln, Sumatra und Borneo, so die flachen, rothbraunen oder grünlichen giftführenden Scole- pendern, malaiisch halalipan oder alipan, die unschuldigen cylin- drischen Julus (Spirostreptus Brandt), auf Amboina ular tjintjin, Ringschlange, auf Ternate kolomi genannt, die zur Vertheidigung nur einen dunkelrothen beschmutzenden Saft von sich geben und sich in eine Spirale einrollen, meist schwarz, mit rothen oder blassen Füsschen, beide mehrere Zoll lang, und endlich die breiteren glänzend- glatten Zephronia Gray (Sphaeropoeus Hercules Brandt), die ich im mittleren Sumatra häufig gefunden, zu einer wallnussgrossen Kugel bei Beunruhigung sich zusammenrollend, nicht selten gesellig im Wald unter altem Holz. Gleichmässiger im Osten wie im Westen, überall nicht selten, fand ich die platten mattschwarzen Polydes- mus, 44) die sich durch mehr von einander abgesetzte Segmente mit oft hübscher Skulptur auszeichnen, übrigens so träge wie die Julus sind. Von leuchtenden Tausendfüssen hatte ich mehrmals gehört und finde auch in den malaiischen Vocabularien ein eigenes, freilich sonderbar klingendes Wort, almair, für dieselben; gesehen habe ich das Leuchten nur einmal, im westlichen Borneo zu Bengkayang, als wir spät Abends noch in der Veranda sassen: es war ein kleines, dünnes Thierchen, von ähnlichem Ansehen, wie der europäische Geophilus, das in seiner ganzen Ausdehnung und continuirlich schwach leuchtete, aber zwischen den Planken entkam, ehe ich mich seiner versichern konnte.
Unter den Anneliden sind in Ostasien die Landblutegel (Haemadipsa) berüchtigt; vorzüglich von Ceylon sind ernste Klagen über sie als Landplage laut geworden. Auf Sumatra und im west- lichen Borneo sind sie mir mehrmals vorgekommen und haben mich auch einige Tropfen Blutes gekostet, immer nur in sehr feuchten Bergwäldern, und ohne dass ich je an mir oder anderen von ern- sten Folgen ihrer Angriffe etwas erfuhr. Freilich fühlte ich mich ein wenig unbehaglich, wenn ich eine Sekunde stehen bleibend von allen Seiten über die feuchten Blätter viele solcher kleiner Blutegel wie Spannerraupen gegen meine Füsse heranmarschiren sah, auf vier bis fünf Fuss im Umkreis, oder plötzlich an meinem leinenen
Tausendfüsse, Land-Blutegel.
Herpes, beobachtet, übrigens als Folge, nicht als Ursache der Krankheit betrachtet.
Tausendfüsse, Myriopoden, verschiedener Gestalt sind durch den ganzen Archipel zahlreich, doch sah ich die grösseren hauptsächlich auf den grossen Sunda-Inseln, Sumatra und Borneo, so die flachen, rothbraunen oder grünlichen giftführenden Scole- pendern, malaiisch halalipan oder alipan, die unschuldigen cylin- drischen Julus (Spirostreptus Brandt), auf Amboina ular tjintjin, Ringschlange, auf Ternate kolomi genannt, die zur Vertheidigung nur einen dunkelrothen beschmutzenden Saft von sich geben und sich in eine Spirale einrollen, meist schwarz, mit rothen oder blassen Füsschen, beide mehrere Zoll lang, und endlich die breiteren glänzend- glatten Zephronia Gray (Sphaeropoeus Hercules Brandt), die ich im mittleren Sumatra häufig gefunden, zu einer wallnussgrossen Kugel bei Beunruhigung sich zusammenrollend, nicht selten gesellig im Wald unter altem Holz. Gleichmässiger im Osten wie im Westen, überall nicht selten, fand ich die platten mattschwarzen Polydes- mus, 44) die sich durch mehr von einander abgesetzte Segmente mit oft hübscher Skulptur auszeichnen, übrigens so träge wie die Julus sind. Von leuchtenden Tausendfüssen hatte ich mehrmals gehört und finde auch in den malaiischen Vocabularien ein eigenes, freilich sonderbar klingendes Wort, almair, für dieselben; gesehen habe ich das Leuchten nur einmal, im westlichen Borneo zu Bengkayang, als wir spät Abends noch in der Veranda sassen: es war ein kleines, dünnes Thierchen, von ähnlichem Ansehen, wie der europäische Geophilus, das in seiner ganzen Ausdehnung und continuirlich schwach leuchtete, aber zwischen den Planken entkam, ehe ich mich seiner versichern konnte.
Unter den Anneliden sind in Ostasien die Landblutegel (Haemadipsa) berüchtigt; vorzüglich von Ceylon sind ernste Klagen über sie als Landplage laut geworden. Auf Sumatra und im west- lichen Borneo sind sie mir mehrmals vorgekommen und haben mich auch einige Tropfen Blutes gekostet, immer nur in sehr feuchten Bergwäldern, und ohne dass ich je an mir oder anderen von ern- sten Folgen ihrer Angriffe etwas erfuhr. Freilich fühlte ich mich ein wenig unbehaglich, wenn ich eine Sekunde stehen bleibend von allen Seiten über die feuchten Blätter viele solcher kleiner Blutegel wie Spannerraupen gegen meine Füsse heranmarschiren sah, auf vier bis fünf Fuss im Umkreis, oder plötzlich an meinem leinenen
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Tausendfüsse, Land-Blutegel.
Herpes, beobachtet, übrigens als Folge, nicht als Ursache der
Krankheit betrachtet.
Tausendfüsse, Myriopoden, verschiedener Gestalt sind
durch den ganzen Archipel zahlreich, doch sah ich die grösseren
hauptsächlich auf den grossen Sunda-Inseln, Sumatra und Borneo,
so die flachen, rothbraunen oder grünlichen giftführenden Scole-
pendern, malaiisch halalipan oder alipan, die unschuldigen cylin-
drischen Julus (Spirostreptus Brandt), auf Amboina ular tjintjin,
Ringschlange, auf Ternate kolomi genannt, die zur Vertheidigung
nur einen dunkelrothen beschmutzenden Saft von sich geben und
sich in eine Spirale einrollen, meist schwarz, mit rothen oder blassen
Füsschen, beide mehrere Zoll lang, und endlich die breiteren glänzend-
glatten Zephronia Gray (Sphaeropoeus Hercules Brandt), die ich im
mittleren Sumatra häufig gefunden, zu einer wallnussgrossen Kugel
bei Beunruhigung sich zusammenrollend, nicht selten gesellig im
Wald unter altem Holz. Gleichmässiger im Osten wie im Westen,
überall nicht selten, fand ich die platten mattschwarzen Polydes-
mus, 44) die sich durch mehr von einander abgesetzte Segmente mit
oft hübscher Skulptur auszeichnen, übrigens so träge wie die Julus
sind. Von leuchtenden Tausendfüssen hatte ich mehrmals gehört
und finde auch in den malaiischen Vocabularien ein eigenes, freilich
sonderbar klingendes Wort, almair, für dieselben; gesehen habe ich
das Leuchten nur einmal, im westlichen Borneo zu Bengkayang, als
wir spät Abends noch in der Veranda sassen: es war ein kleines,
dünnes Thierchen, von ähnlichem Ansehen, wie der europäische
Geophilus, das in seiner ganzen Ausdehnung und continuirlich
schwach leuchtete, aber zwischen den Planken entkam, ehe ich
mich seiner versichern konnte.
Unter den Anneliden sind in Ostasien die Landblutegel
(Haemadipsa) berüchtigt; vorzüglich von Ceylon sind ernste Klagen
über sie als Landplage laut geworden. Auf Sumatra und im west-
lichen Borneo sind sie mir mehrmals vorgekommen und haben mich
auch einige Tropfen Blutes gekostet, immer nur in sehr feuchten
Bergwäldern, und ohne dass ich je an mir oder anderen von ern-
sten Folgen ihrer Angriffe etwas erfuhr. Freilich fühlte ich mich
ein wenig unbehaglich, wenn ich eine Sekunde stehen bleibend von
allen Seiten über die feuchten Blätter viele solcher kleiner Blutegel
wie Spannerraupen gegen meine Füsse heranmarschiren sah, auf
vier bis fünf Fuss im Umkreis, oder plötzlich an meinem leinenen
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/314>, abgerufen am 25.11.2024.
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