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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Blattheuschrecken, Cicaden, Feldwanzen.
Phasma (Cyphocrania) gigas L., auch über 0,2 Met. lang, häugfig zu
Amboina in den Gärten nächst der Stadt, hier tanke-seitan, Teufels-
stab, genannt. An sie schliesst sich an das wandelnde Blatt, Phyllium
siccifolium L. sp., schon von Valentyn auf Amboina beobachtet und
mit besonderem Interesse beschrieben; man nennt es dort nach seiner
Angabe ay ulit laun, Blatt des Baumes Condondong (Evia acida,
Spondiaceae). Der Hortulanus des botanischen Gartens in Buitenzorg,
Herr Teysmann, hatte mehrere lebend von einer Reise nach den
Molukken mitgebracht und sie in seinem Hause in Buitenzorg ge-
züchtet; man sagte mir auf Java, sie fänden sich nur auf den Mo-
lukken, in der europäischen Literatur finde ich aber ihr Vaterland
viel weiter angegeben. Wie dieses einem verdorrten Blatte, so sieht
ein anderes, das ich auf Java zu Tjandjor (Preanger-Regentschaften)
selbst gesehen, Hymenopus coronatus Oliv. sp., einer Zusammen-
setzung aus frischen Blumenblättern einer Rose in Farbe und Form
täuschend ähnlich und hielt sich in der That auch gern auf Rosen
auf, wo es deshalb gar nicht ins Auge fällt. Ebenso ahmen die
genannten Stabheuschrecken (Phasma) dürre Reiser, die Fangheu-
schrecken (Mantis) sowie Pseudophyllus und Phylloptera noch grüne
Blätter und die Spitzheuschrecken (Truxalis) spitze, erst halb ent-
wickelte Grasblätter täuschend in Form und Farbe nach.

Grosse Cicaden40) hörte und sah ich in Sumatra und Borneo
nicht selten, z. B. im Binnenland bei Sintang eine der C. imperatoria
ähnliche Art; auf Ambonia C. ocellata; andere auf Flores und Timor.
In Borneo machte man mich auf grosse goldgrüne Feldwanzen
(Pycanum amethystinum), mit schwarz- und orange-gewürfeltem
Rande, aufmerksam, welche sehr stark, doch nicht unangenehm
riechen und an heissen Tage viel fliegen, doch auch an dürrem
Holz sitzend gefunden werden; die Dajaker sollen sie gerne essen.
In Sambas nannte man sie mir pengas, anderswo sollen dieselben
walang-sangat (Stechheuschrecke, nach anderen mündlichen Nach-
richten talinsangi) heissen. Noch schöner metallisch, blau und
purpurn ist Callidea, durch die Länge ihres Schildchens ausgezeichnet
(C. purpurata auf Amboina, Peroni auf Timor, andere auf Java).
Häufig von Sumatra bis Timor fand ich schwarzrothe Feuerwanzen
(Pyrrhocoris). Andere Feldwanzen werden in Java und Sumatra kape
genannt, was Ellenrieder zu Cappaea latinisirt hat, auch kapiding
und pinding.

Betreffs die geselligen staatenbildenden Insekten ist im

Blattheuschrecken, Cicaden, Feldwanzen.
Phasma (Cyphocrania) gigas L., auch über 0,2 Met. lang, häugfig zu
Amboina in den Gärten nächst der Stadt, hier tanke-seitan, Teufels-
stab, genannt. An sie schliesst sich an das wandelnde Blatt, Phyllium
siccifolium L. sp., schon von Valentyn auf Amboina beobachtet und
mit besonderem Interesse beschrieben; man nennt es dort nach seiner
Angabe ay ulit laun, Blatt des Baumes Condondong (Evia acida,
Spondiaceae). Der Hortulanus des botanischen Gartens in Buitenzorg,
Herr Teysmann, hatte mehrere lebend von einer Reise nach den
Molukken mitgebracht und sie in seinem Hause in Buitenzorg ge-
züchtet; man sagte mir auf Java, sie fänden sich nur auf den Mo-
lukken, in der europäischen Literatur finde ich aber ihr Vaterland
viel weiter angegeben. Wie dieses einem verdorrten Blatte, so sieht
ein anderes, das ich auf Java zu Tjandjor (Preanger-Regentschaften)
selbst gesehen, Hymenopus coronatus Oliv. sp., einer Zusammen-
setzung aus frischen Blumenblättern einer Rose in Farbe und Form
täuschend ähnlich und hielt sich in der That auch gern auf Rosen
auf, wo es deshalb gar nicht ins Auge fällt. Ebenso ahmen die
genannten Stabheuschrecken (Phasma) dürre Reiser, die Fangheu-
schrecken (Mantis) sowie Pseudophyllus und Phylloptera noch grüne
Blätter und die Spitzheuschrecken (Truxalis) spitze, erst halb ent-
wickelte Grasblätter täuschend in Form und Farbe nach.

Grosse Cicaden40) hörte und sah ich in Sumatra und Borneo
nicht selten, z. B. im Binnenland bei Sintang eine der C. imperatoria
ähnliche Art; auf Ambonia C. ocellata; andere auf Flores und Timor.
In Borneo machte man mich auf grosse goldgrüne Feldwanzen
(Pycanum amethystinum), mit schwarz- und orange-gewürfeltem
Rande, aufmerksam, welche sehr stark, doch nicht unangenehm
riechen und an heissen Tage viel fliegen, doch auch an dürrem
Holz sitzend gefunden werden; die Dajaker sollen sie gerne essen.
In Sambas nannte man sie mir pengas, anderswo sollen dieselben
walang-sangat (Stechheuschrecke, nach anderen mündlichen Nach-
richten talinsangi) heissen. Noch schöner metallisch, blau und
purpurn ist Callidea, durch die Länge ihres Schildchens ausgezeichnet
(C. purpurata auf Amboina, Peroni auf Timor, andere auf Java).
Häufig von Sumatra bis Timor fand ich schwarzrothe Feuerwanzen
(Pyrrhocoris). Andere Feldwanzen werden in Java und Sumatra kape
genannt, was Ellenrieder zu Cappaea latinisirt hat, auch kapiding
und pinding.

Betreffs die geselligen staatenbildenden Insekten ist im

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[292/0310] Blattheuschrecken, Cicaden, Feldwanzen. Phasma (Cyphocrania) gigas L., auch über 0,2 Met. lang, häugfig zu Amboina in den Gärten nächst der Stadt, hier tanke-seitan, Teufels- stab, genannt. An sie schliesst sich an das wandelnde Blatt, Phyllium siccifolium L. sp., schon von Valentyn auf Amboina beobachtet und mit besonderem Interesse beschrieben; man nennt es dort nach seiner Angabe ay ulit laun, Blatt des Baumes Condondong (Evia acida, Spondiaceae). Der Hortulanus des botanischen Gartens in Buitenzorg, Herr Teysmann, hatte mehrere lebend von einer Reise nach den Molukken mitgebracht und sie in seinem Hause in Buitenzorg ge- züchtet; man sagte mir auf Java, sie fänden sich nur auf den Mo- lukken, in der europäischen Literatur finde ich aber ihr Vaterland viel weiter angegeben. Wie dieses einem verdorrten Blatte, so sieht ein anderes, das ich auf Java zu Tjandjor (Preanger-Regentschaften) selbst gesehen, Hymenopus coronatus Oliv. sp., einer Zusammen- setzung aus frischen Blumenblättern einer Rose in Farbe und Form täuschend ähnlich und hielt sich in der That auch gern auf Rosen auf, wo es deshalb gar nicht ins Auge fällt. Ebenso ahmen die genannten Stabheuschrecken (Phasma) dürre Reiser, die Fangheu- schrecken (Mantis) sowie Pseudophyllus und Phylloptera noch grüne Blätter und die Spitzheuschrecken (Truxalis) spitze, erst halb ent- wickelte Grasblätter täuschend in Form und Farbe nach. Grosse Cicaden40) hörte und sah ich in Sumatra und Borneo nicht selten, z. B. im Binnenland bei Sintang eine der C. imperatoria ähnliche Art; auf Ambonia C. ocellata; andere auf Flores und Timor. In Borneo machte man mich auf grosse goldgrüne Feldwanzen (Pycanum amethystinum), mit schwarz- und orange-gewürfeltem Rande, aufmerksam, welche sehr stark, doch nicht unangenehm riechen und an heissen Tage viel fliegen, doch auch an dürrem Holz sitzend gefunden werden; die Dajaker sollen sie gerne essen. In Sambas nannte man sie mir pengas, anderswo sollen dieselben walang-sangat (Stechheuschrecke, nach anderen mündlichen Nach- richten talinsangi) heissen. Noch schöner metallisch, blau und purpurn ist Callidea, durch die Länge ihres Schildchens ausgezeichnet (C. purpurata auf Amboina, Peroni auf Timor, andere auf Java). Häufig von Sumatra bis Timor fand ich schwarzrothe Feuerwanzen (Pyrrhocoris). Andere Feldwanzen werden in Java und Sumatra kape genannt, was Ellenrieder zu Cappaea latinisirt hat, auch kapiding und pinding. Betreffs die geselligen staatenbildenden Insekten ist im

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/310>, abgerufen am 25.11.2024.