Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Käfer, Heuschrecken.
und unter den ersteren sind ganz besonders hervorzuheben: die
flache blattförmige Mormolyce auf Java und die zwar kleinere, aber
durch ein verhältnissmässig eben so langes Bruchstück ausgezeich-
nete Collyris. Häufig sind auch die Leuchtkäfer, Lampyris, ma-
laiisch kunang oder einfach api-api (Feuer) genannt, doch sah ich
sie hier nie so massenhaft, wie an den Stromufern in Siam. Valentyn
gibt an, dass sie auf den isolirten Banda-Inseln ganz fehlen sollen.
Eine in Palmstämmen lebende Käferlarve, malaiisch sabeta, schon
von Valentyn genannt, soll gegessen werden; vielleicht ist es Ca-
landra ferruginea, eine nahe Verwandte des in Surinam als Leckerei
geschätzten Palmwurms, Calandra palmarum. Ein kleiner Käfer,
vielleicht zur Gattung Melandrya, soll in Java zu Giftmischerei und
Verfertigung von Liebestränken gebraucht werden; es scheint aber
mehr Aberglauben, als reale Schädlichkeit zu sein.39)

Mehr bemerklich machen sich im Allgemeinen durch ihre
Grösse und einzelne Eigenschaften die Orthopteren. Eine der
europäischen ähnliche Werre, Gryllotalpa, hier ganz allgemein Erd-
hund, andjing-tana, genannt, kommt in Sumatra, Borneo und Java
oft des Abends in die offenen Häuser und auf die von einer Lampe
erleuchteten Tische geflogen. Häufig sind Grillen (Gryllus achatinus
und andere Arten), tjangkre, tshangkre, tjingkreq, nach ihrer Stimme,
und Heuschrecken (Acridien), balang oder bilalang. Von langhör-
nigen (Locustinen) fand ich Pseudophyllus durch das ganze Gebiet,
Gryllacris auf den drei grossen Sunda-Inseln, die spitzköpfigen
Conocephalus und Xiphidium auf Borneo, Salomona auf Amboina
und Adenare. Zu ihnen gehört auch der stachlige Megalodon ensifer,
welcher auf Java wie Hähne und Wachteln zum Kämpfen abgerichtet
werden soll. Valentyn erzählt, dass zu seiner Zeit auf Java und
Bali Heuschrecken von den Einwohnern gegessen wurden und dass
sie auch im Archipel zeitweise in grossen Schwärmen auftreten, so
1671 in Timor. Fangheuschrecken, Mantis, von brauner und von
grüner Farbe, sah ich öfters, namentlich auf Borneo, und auch sie
kamen Nachts in die Zimmer geflogen. Besonders charakteristisch
für den Archipel sind aber die dünnen, dürren Stabheuschrecken,
Phasma; Bacteria nematodes fand ich auf Java und Sumatra; in Ba-
tavia gab man mir eine stachlige braune Art (Heteropteryx de Haani)
als Rarität aus dem westlichen Borneo, und ich fand später sie
daselbst nicht ganz selten unter abgefallenem Laub im Sambasgebiet,
z. B. bei Sepang, stets flügellos. Die grösste aber ist das geflügelte

19*

Käfer, Heuschrecken.
und unter den ersteren sind ganz besonders hervorzuheben: die
flache blattförmige Mormolyce auf Java und die zwar kleinere, aber
durch ein verhältnissmässig eben so langes Bruchstück ausgezeich-
nete Collyris. Häufig sind auch die Leuchtkäfer, Lampyris, ma-
laiisch kunang oder einfach api-api (Feuer) genannt, doch sah ich
sie hier nie so massenhaft, wie an den Stromufern in Siam. Valentyn
gibt an, dass sie auf den isolirten Banda-Inseln ganz fehlen sollen.
Eine in Palmstämmen lebende Käferlarve, malaiisch sabeta, schon
von Valentyn genannt, soll gegessen werden; vielleicht ist es Ca-
landra ferruginea, eine nahe Verwandte des in Surinam als Leckerei
geschätzten Palmwurms, Calandra palmarum. Ein kleiner Käfer,
vielleicht zur Gattung Melandrya, soll in Java zu Giftmischerei und
Verfertigung von Liebestränken gebraucht werden; es scheint aber
mehr Aberglauben, als reale Schädlichkeit zu sein.39)

Mehr bemerklich machen sich im Allgemeinen durch ihre
Grösse und einzelne Eigenschaften die Orthopteren. Eine der
europäischen ähnliche Werre, Gryllotalpa, hier ganz allgemein Erd-
hund, andjing-tana, genannt, kommt in Sumatra, Borneo und Java
oft des Abends in die offenen Häuser und auf die von einer Lampe
erleuchteten Tische geflogen. Häufig sind Grillen (Gryllus achatinus
und andere Arten), tjangkre, tshangkre, tjingkreq, nach ihrer Stimme,
und Heuschrecken (Acridien), balang oder bilalang. Von langhör-
nigen (Locustinen) fand ich Pseudophyllus durch das ganze Gebiet,
Gryllacris auf den drei grossen Sunda-Inseln, die spitzköpfigen
Conocephalus und Xiphidium auf Borneo, Salomona auf Amboina
und Adenare. Zu ihnen gehört auch der stachlige Megalodon ensifer,
welcher auf Java wie Hähne und Wachteln zum Kämpfen abgerichtet
werden soll. Valentyn erzählt, dass zu seiner Zeit auf Java und
Bali Heuschrecken von den Einwohnern gegessen wurden und dass
sie auch im Archipel zeitweise in grossen Schwärmen auftreten, so
1671 in Timor. Fangheuschrecken, Mantis, von brauner und von
grüner Farbe, sah ich öfters, namentlich auf Borneo, und auch sie
kamen Nachts in die Zimmer geflogen. Besonders charakteristisch
für den Archipel sind aber die dünnen, dürren Stabheuschrecken,
Phasma; Bacteria nematodes fand ich auf Java und Sumatra; in Ba-
tavia gab man mir eine stachlige braune Art (Heteropteryx de Haani)
als Rarität aus dem westlichen Borneo, und ich fand später sie
daselbst nicht ganz selten unter abgefallenem Laub im Sambasgebiet,
z. B. bei Sepang, stets flügellos. Die grösste aber ist das geflügelte

19*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0309" n="291"/><fw place="top" type="header">Käfer, Heuschrecken.</fw><lb/>
und unter den ersteren sind ganz besonders hervorzuheben: die<lb/>
flache blattförmige Mormolyce auf Java und die zwar kleinere, aber<lb/>
durch ein verhältnissmässig eben so langes Bruchstück ausgezeich-<lb/>
nete Collyris. Häufig sind auch die Leuchtkäfer, Lampyris, ma-<lb/>
laiisch kunang oder einfach api-api (Feuer) genannt, doch sah ich<lb/>
sie hier nie so massenhaft, wie an den Stromufern in Siam. Valentyn<lb/>
gibt an, dass sie auf den isolirten Banda-Inseln ganz fehlen sollen.<lb/>
Eine in Palmstämmen lebende Käferlarve, malaiisch sabeta, schon<lb/>
von Valentyn genannt, soll gegessen werden; vielleicht ist es Ca-<lb/>
landra ferruginea, eine nahe Verwandte des in Surinam als Leckerei<lb/>
geschätzten Palmwurms, Calandra palmarum. Ein kleiner Käfer,<lb/>
vielleicht zur Gattung Melandrya, soll in Java zu Giftmischerei und<lb/>
Verfertigung von Liebestränken gebraucht werden; es scheint aber<lb/>
mehr Aberglauben, als reale Schädlichkeit zu sein.<hi rendition="#sup">39</hi>)</p><lb/>
            <p>Mehr bemerklich machen sich im Allgemeinen durch ihre<lb/>
Grösse und einzelne Eigenschaften die <hi rendition="#g">Orthopteren</hi>. Eine der<lb/>
europäischen ähnliche Werre, Gryllotalpa, hier ganz allgemein Erd-<lb/>
hund, andjing-tana, genannt, kommt in Sumatra, Borneo und Java<lb/>
oft des Abends in die offenen Häuser und auf die von einer Lampe<lb/>
erleuchteten Tische geflogen. Häufig sind Grillen (Gryllus achatinus<lb/>
und andere Arten), tjangkre, tshangkre, tjingkreq, nach ihrer Stimme,<lb/>
und Heuschrecken (Acridien), balang oder bilalang. Von langhör-<lb/>
nigen (Locustinen) fand ich Pseudophyllus durch das ganze Gebiet,<lb/>
Gryllacris auf den drei grossen Sunda-Inseln, die spitzköpfigen<lb/>
Conocephalus und Xiphidium auf Borneo, Salomona auf Amboina<lb/>
und Adenare. Zu ihnen gehört auch der stachlige Megalodon ensifer,<lb/>
welcher auf Java wie Hähne und Wachteln zum Kämpfen abgerichtet<lb/>
werden soll. Valentyn erzählt, dass zu seiner Zeit auf Java und<lb/>
Bali Heuschrecken von den Einwohnern gegessen wurden und dass<lb/>
sie auch im Archipel zeitweise in grossen Schwärmen auftreten, so<lb/>
1671 in Timor. Fangheuschrecken, Mantis, von brauner und von<lb/>
grüner Farbe, sah ich öfters, namentlich auf Borneo, und auch sie<lb/>
kamen Nachts in die Zimmer geflogen. Besonders charakteristisch<lb/>
für den Archipel sind aber die dünnen, dürren Stabheuschrecken,<lb/>
Phasma; Bacteria nematodes fand ich auf Java und Sumatra; in Ba-<lb/>
tavia gab man mir eine stachlige braune Art (Heteropteryx de Haani)<lb/>
als Rarität aus dem westlichen Borneo, und ich fand später sie<lb/>
daselbst nicht ganz selten unter abgefallenem Laub im Sambasgebiet,<lb/>
z. B. bei Sepang, stets flügellos. Die grösste aber ist das geflügelte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">19*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0309] Käfer, Heuschrecken. und unter den ersteren sind ganz besonders hervorzuheben: die flache blattförmige Mormolyce auf Java und die zwar kleinere, aber durch ein verhältnissmässig eben so langes Bruchstück ausgezeich- nete Collyris. Häufig sind auch die Leuchtkäfer, Lampyris, ma- laiisch kunang oder einfach api-api (Feuer) genannt, doch sah ich sie hier nie so massenhaft, wie an den Stromufern in Siam. Valentyn gibt an, dass sie auf den isolirten Banda-Inseln ganz fehlen sollen. Eine in Palmstämmen lebende Käferlarve, malaiisch sabeta, schon von Valentyn genannt, soll gegessen werden; vielleicht ist es Ca- landra ferruginea, eine nahe Verwandte des in Surinam als Leckerei geschätzten Palmwurms, Calandra palmarum. Ein kleiner Käfer, vielleicht zur Gattung Melandrya, soll in Java zu Giftmischerei und Verfertigung von Liebestränken gebraucht werden; es scheint aber mehr Aberglauben, als reale Schädlichkeit zu sein.39) Mehr bemerklich machen sich im Allgemeinen durch ihre Grösse und einzelne Eigenschaften die Orthopteren. Eine der europäischen ähnliche Werre, Gryllotalpa, hier ganz allgemein Erd- hund, andjing-tana, genannt, kommt in Sumatra, Borneo und Java oft des Abends in die offenen Häuser und auf die von einer Lampe erleuchteten Tische geflogen. Häufig sind Grillen (Gryllus achatinus und andere Arten), tjangkre, tshangkre, tjingkreq, nach ihrer Stimme, und Heuschrecken (Acridien), balang oder bilalang. Von langhör- nigen (Locustinen) fand ich Pseudophyllus durch das ganze Gebiet, Gryllacris auf den drei grossen Sunda-Inseln, die spitzköpfigen Conocephalus und Xiphidium auf Borneo, Salomona auf Amboina und Adenare. Zu ihnen gehört auch der stachlige Megalodon ensifer, welcher auf Java wie Hähne und Wachteln zum Kämpfen abgerichtet werden soll. Valentyn erzählt, dass zu seiner Zeit auf Java und Bali Heuschrecken von den Einwohnern gegessen wurden und dass sie auch im Archipel zeitweise in grossen Schwärmen auftreten, so 1671 in Timor. Fangheuschrecken, Mantis, von brauner und von grüner Farbe, sah ich öfters, namentlich auf Borneo, und auch sie kamen Nachts in die Zimmer geflogen. Besonders charakteristisch für den Archipel sind aber die dünnen, dürren Stabheuschrecken, Phasma; Bacteria nematodes fand ich auf Java und Sumatra; in Ba- tavia gab man mir eine stachlige braune Art (Heteropteryx de Haani) als Rarität aus dem westlichen Borneo, und ich fand später sie daselbst nicht ganz selten unter abgefallenem Laub im Sambasgebiet, z. B. bei Sepang, stets flügellos. Die grösste aber ist das geflügelte 19*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/309
Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/309>, abgerufen am 17.05.2024.