Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.Riesenschlangen des indischen Archipels. die Ratte". Als Rattenvertilgerin wird sie daher auch in den Häu-sern geduldet und vielleicht auch ursprünglich dieses Nutzens wegen, vielleicht aber auch nach dem Satze: timor fecit deos, oder aus einer unklaren Confusion beider Gründe öfters als heilig be- trachtet. Wer eine tödtet, soll bald darauf selbst sterben, sagt der Aberglaube auf Amboina, obwohl schon der für seine Zeit hin- reichend aufgeklärte Prediger Valentyn keinen andern Schaden dar- nach verspürt zu haben bezeugt als die Zunahme der Ratten im eigenen Hause; auch dieses wusste der Aberglaube sich zurechtzu- legen: der Geist der Schlange habe über einen Prediger keine Macht. Ebenso wird sie von den Chinesen in ihren Dschunken gerne ge- sehen und als ein Pfand des Glückes betrachtet, wenn sie etwas frisst, als Unglück, wenn sie die Dschunke verlässt, und so hat die Schiffahrt der Chinesen vermuthlich zu ihrer weiten Verbreitung durch den Archipel beigetragen. Valentyn sagt ausdrücklich von Amboina in dem ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts: sie kommt gegenwärtig hier häufig vor, doch ist sie mit den chinesischen oder javanischen Schiffen herübergebracht. Auch ist sie in neuerer Zeit von der kleinen isolirten Bandagruppe und von China selbst ange- geben worden, was beides durch Verschleppung mittelst Schiffen seine Erklärung findet. Die Amboinagruppe der Molukken besitzt übrigens noch einen anderen Python, den P. (Liasis) amethystinus Schneid. sp., vielleicht Valentyn's rothe oder apfelblüthfarbne Schlange, Timor nebst dem anliegenden Samao den diesem sehr nahe stehenden P. Mackloti D. B., auf Timor mir als ular-menke bezeichnet. Beiden Hauptgruppen der Molukken gemeinschaftlich, aber Riesenschlangen des indischen Archipels. die Ratte«. Als Rattenvertilgerin wird sie daher auch in den Häu-sern geduldet und vielleicht auch ursprünglich dieses Nutzens wegen, vielleicht aber auch nach dem Satze: timor fecit deos, oder aus einer unklaren Confusion beider Gründe öfters als heilig be- trachtet. Wer eine tödtet, soll bald darauf selbst sterben, sagt der Aberglaube auf Amboina, obwohl schon der für seine Zeit hin- reichend aufgeklärte Prediger Valentyn keinen andern Schaden dar- nach verspürt zu haben bezeugt als die Zunahme der Ratten im eigenen Hause; auch dieses wusste der Aberglaube sich zurechtzu- legen: der Geist der Schlange habe über einen Prediger keine Macht. Ebenso wird sie von den Chinesen in ihren Dschunken gerne ge- sehen und als ein Pfand des Glückes betrachtet, wenn sie etwas frisst, als Unglück, wenn sie die Dschunke verlässt, und so hat die Schiffahrt der Chinesen vermuthlich zu ihrer weiten Verbreitung durch den Archipel beigetragen. Valentyn sagt ausdrücklich von Amboina in dem ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts: sie kommt gegenwärtig hier häufig vor, doch ist sie mit den chinesischen oder javanischen Schiffen herübergebracht. Auch ist sie in neuerer Zeit von der kleinen isolirten Bandagruppe und von China selbst ange- geben worden, was beides durch Verschleppung mittelst Schiffen seine Erklärung findet. Die Amboinagruppe der Molukken besitzt übrigens noch einen anderen Python, den P. (Liasis) amethystinus Schneid. sp., vielleicht Valentyn’s rothe oder apfelblüthfarbne Schlange, Timor nebst dem anliegenden Samao den diesem sehr nahe stehenden P. Mackloti D. B., auf Timor mir als ular-menke bezeichnet. 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Unter den<lb/> natterartigen (Colubrina) treten im indischen Archipel die dünnen,<lb/> theils schön grünen, theils lebhaft gezeichneten, theilweise spitz-<lb/> nasigen <hi rendition="#g">Baumschlangen</hi> hervor: Dendrophis pictus Boie, oben<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [284/0302]
Riesenschlangen des indischen Archipels.
die Ratte«. Als Rattenvertilgerin wird sie daher auch in den Häu-
sern geduldet und vielleicht auch ursprünglich dieses Nutzens
wegen, vielleicht aber auch nach dem Satze: timor fecit deos, oder
aus einer unklaren Confusion beider Gründe öfters als heilig be-
trachtet. Wer eine tödtet, soll bald darauf selbst sterben, sagt der
Aberglaube auf Amboina, obwohl schon der für seine Zeit hin-
reichend aufgeklärte Prediger Valentyn keinen andern Schaden dar-
nach verspürt zu haben bezeugt als die Zunahme der Ratten im
eigenen Hause; auch dieses wusste der Aberglaube sich zurechtzu-
legen: der Geist der Schlange habe über einen Prediger keine Macht.
Ebenso wird sie von den Chinesen in ihren Dschunken gerne ge-
sehen und als ein Pfand des Glückes betrachtet, wenn sie etwas
frisst, als Unglück, wenn sie die Dschunke verlässt, und so hat die
Schiffahrt der Chinesen vermuthlich zu ihrer weiten Verbreitung
durch den Archipel beigetragen. Valentyn sagt ausdrücklich von
Amboina in dem ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts: sie kommt
gegenwärtig hier häufig vor, doch ist sie mit den chinesischen oder
javanischen Schiffen herübergebracht. Auch ist sie in neuerer Zeit
von der kleinen isolirten Bandagruppe und von China selbst ange-
geben worden, was beides durch Verschleppung mittelst Schiffen
seine Erklärung findet. Die Amboinagruppe der Molukken besitzt
übrigens noch einen anderen Python, den P. (Liasis) amethystinus
Schneid. sp., vielleicht Valentyn’s rothe oder apfelblüthfarbne
Schlange, Timor nebst dem anliegenden Samao den diesem sehr
nahe stehenden P. Mackloti D. B., auf Timor mir als ular-menke
bezeichnet.
Beiden Hauptgruppen der Molukken gemeinschaftlich, aber
den Sunda-Inseln fremd, ist eine kleinere Verwandte der amerika-
nischen Boa, Enygrus carinatus Schneid. sp.; die zusammengedrückte
Form ihres Körpers liess in ihr eine Wasserbewohnerin vermuthen,
daher der Name En-ygrus, im Feuchten, nass, aber die kurze, ein-
gebogen gehaltene Schwanzspitze und die ockergelbe Erdfarbe wider-
sprechen dieser Vermuthung; in der That fand ich sie auch auf
Moti (zwischen Tidore und Makian) nicht im Wasser, sondern auf
dem Berge im Wald, unter trocknem Laub zwischen Baumwurzeln,
und hörte, dass sie auch in Häusern gefunden werde. Unter den
natterartigen (Colubrina) treten im indischen Archipel die dünnen,
theils schön grünen, theils lebhaft gezeichneten, theilweise spitz-
nasigen Baumschlangen hervor: Dendrophis pictus Boie, oben
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