Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.Scincoiden, Blindschlangen, Riesenschlangen. Theil des Archipels scheint er ganz zu fehlen, während seine Ver-breitung nach Osten mindestens bis Neuguinea sich erstreckt. Zu Wahai auf Ceram erhielt ich eine neuholländische Riesenform von Scincoiden, Cyclodus flavigularis Wagl. (carinatus Günth.) und man sagte mir dort, dass er entsetzlich giftig sei, ein Wahn, der wohl nur der plumpen ungefälligen Gestalt des arglosen Thieres seinen Ursprung verdankt. Es ist dieses eine der grössern und auffälligen Thierarten der grossen Insel Ceram, welche dem anliegenden kleinen Amboina fehlen, wie unter den Vögeln der Kasuar, unter den Land- schnecken Helix ungulina, daher wohl schon öfters aus zweiter Hand über Amboina nach Europa gebracht, ohne dass man hier recht wusste, wo es zu Hause sei. Eine weitere australische Form des östlichen Archipels ist der augenlidlose Cryptoblepharus Bou- tonii D. B., den ich auf Amboina fand, und den das Leidner Mu- seum aus Timor besitzt. Die mehr cylindrischen kurzfüssigen Lygo- somen, in einzelnen Arten über den ganzen Archipel zerstreut, bilden den Uebergang zu den ganz regenwurmförmigen Scincoiden, welche in unserm Gebiet nur durch die Gattung Dibamus D. B. und die ihr sehr ähnliche neue Typhloscincus Peters30) vertreten sind; letztere brachten mir meine Bootsleute auf Ternate, denen ich für dergleichen Thiere zuvor gute Bezahlung versprochen, zusammen mit ächten Typhlops, T. braminus und flaviventris Peters, unter dem Namen ular-besi, Eisenschlange, auch ular-minjak, Oelschlange, wegen der glänzend stahlgrauen Farbe der Thiere; sie fanden die- selben im Walde, in lockerm Humus, wie bei uns die Regenwürmer. Unter den Schlangen sind zuerst zu erwähnen die Riesen- Scincoiden, Blindschlangen, Riesenschlangen. Theil des Archipels scheint er ganz zu fehlen, während seine Ver-breitung nach Osten mindestens bis Neuguinea sich erstreckt. Zu Wahai auf Ceram erhielt ich eine neuholländische Riesenform von Scincoiden, Cyclodus flavigularis Wagl. (carinatus Günth.) und man sagte mir dort, dass er entsetzlich giftig sei, ein Wahn, der wohl nur der plumpen ungefälligen Gestalt des arglosen Thieres seinen Ursprung verdankt. Es ist dieses eine der grössern und auffälligen Thierarten der grossen Insel Ceram, welche dem anliegenden kleinen Amboina fehlen, wie unter den Vögeln der Kasuar, unter den Land- schnecken Helix ungulina, daher wohl schon öfters aus zweiter Hand über Amboina nach Europa gebracht, ohne dass man hier recht wusste, wo es zu Hause sei. Eine weitere australische Form des östlichen Archipels ist der augenlidlose Cryptoblepharus Bou- tonii D. B., den ich auf Amboina fand, und den das Leidner Mu- seum aus Timor besitzt. Die mehr cylindrischen kurzfüssigen Lygo- somen, in einzelnen Arten über den ganzen Archipel zerstreut, bilden den Uebergang zu den ganz regenwurmförmigen Scincoiden, welche in unserm Gebiet nur durch die Gattung Dibamus D. B. und die ihr sehr ähnliche neue Typhloscincus Peters30) vertreten sind; letztere brachten mir meine Bootsleute auf Ternate, denen ich für dergleichen Thiere zuvor gute Bezahlung versprochen, zusammen mit ächten Typhlops, T. braminus und flaviventris Peters, unter dem Namen ular-besi, Eisenschlange, auch ular-minjak, Oelschlange, wegen der glänzend stahlgrauen Farbe der Thiere; sie fanden die- selben im Walde, in lockerm Humus, wie bei uns die Regenwürmer. 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Die Grösse der ersten übersteigt nicht<lb/> leicht 20, die der zweiten selten 10—15 Fuss. Der alte Valentyn,<lb/> welcher selbst die letztere in seinem Hause auf Amboina hatte, er-<lb/> zählt, wie »sie die Ratten gar nett zu fangen weiss; sie lässt die-<lb/> selben ohne sich zu rühren über ihren Leib laufen, aber wenn sie<lb/> von dem Kopf wegspringen, schnappt die Schlange zu und weg ist<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [283/0301]
Scincoiden, Blindschlangen, Riesenschlangen.
Theil des Archipels scheint er ganz zu fehlen, während seine Ver-
breitung nach Osten mindestens bis Neuguinea sich erstreckt. Zu
Wahai auf Ceram erhielt ich eine neuholländische Riesenform von
Scincoiden, Cyclodus flavigularis Wagl. (carinatus Günth.) und man
sagte mir dort, dass er entsetzlich giftig sei, ein Wahn, der wohl
nur der plumpen ungefälligen Gestalt des arglosen Thieres seinen
Ursprung verdankt. Es ist dieses eine der grössern und auffälligen
Thierarten der grossen Insel Ceram, welche dem anliegenden kleinen
Amboina fehlen, wie unter den Vögeln der Kasuar, unter den Land-
schnecken Helix ungulina, daher wohl schon öfters aus zweiter
Hand über Amboina nach Europa gebracht, ohne dass man hier
recht wusste, wo es zu Hause sei. Eine weitere australische Form
des östlichen Archipels ist der augenlidlose Cryptoblepharus Bou-
tonii D. B., den ich auf Amboina fand, und den das Leidner Mu-
seum aus Timor besitzt. Die mehr cylindrischen kurzfüssigen Lygo-
somen, in einzelnen Arten über den ganzen Archipel zerstreut, bilden
den Uebergang zu den ganz regenwurmförmigen Scincoiden, welche
in unserm Gebiet nur durch die Gattung Dibamus D. B. und die
ihr sehr ähnliche neue Typhloscincus Peters30) vertreten sind;
letztere brachten mir meine Bootsleute auf Ternate, denen ich für
dergleichen Thiere zuvor gute Bezahlung versprochen, zusammen mit
ächten Typhlops, T. braminus und flaviventris Peters, unter dem
Namen ular-besi, Eisenschlange, auch ular-minjak, Oelschlange,
wegen der glänzend stahlgrauen Farbe der Thiere; sie fanden die-
selben im Walde, in lockerm Humus, wie bei uns die Regenwürmer.
Unter den Schlangen sind zuerst zu erwähnen die Riesen-
schlangen des Archipels, die javanische ular-sawa, Reisfelder-
schlange, nach ihrem Aufenthalt genannt, Python molurus L. =
tigris Daud. = bivittatus Kuhl., Schleg. und der durch den ganzen
Archipel verbreitete P. reticulatus Schneid. = Schneideri Schleg.,
ular petola auf Amboina genannt, woraus die Zoologen das pseudo-
lateinische Wort petholatus als Ausdruck für die ähnlich bunte
Zeichnung anderer Schlangen und selbst Conchylien (Turbo petholatus
Linné) gemacht haben. Die Grösse der ersten übersteigt nicht
leicht 20, die der zweiten selten 10—15 Fuss. Der alte Valentyn,
welcher selbst die letztere in seinem Hause auf Amboina hatte, er-
zählt, wie »sie die Ratten gar nett zu fangen weiss; sie lässt die-
selben ohne sich zu rühren über ihren Leib laufen, aber wenn sie
von dem Kopf wegspringen, schnappt die Schlange zu und weg ist
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