Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
Reptilien. Aal. Landschnecken.

Eigenthümlicher, aber noch ärmer sind die Reptilien vertreten
durch eine einzige5) Art von Eidechsen, (Lacerta Dugesii Milne
Edwards = Teira punctata Gray = Lac. Maderensis Fitzinger), diese
sah ich sehr zahlreich in S. Vincente, sowohl zwischen den Steinen
am Meeresstrande, als an den Mauern, so weit die Kultur reicht;
höher fand ich sie wenigstens nicht. Sie erscheint bald fast schwarz,
mit wenigen kleinen gelben Puncten, bald mehr erdfarbig, die
jüngeren mehr grün, mit einer blassen Längsbinde jederseits; die
Unterseite ist bei erwachsenen schwarzen schön orangeroth, bei
den jüngeren grünlichgelb, und während diese somit mehr an unsere
Lacerta agilis und muralis erinnern, zeigen jene von oben mehr
Aehnlichkeit mit L. viridis, von unten mit L. crocea. Ein rother
Bauch scheint überhaupt bei mehreren Arten der Gattung Lacerta
vorzukommen, ohne bei irgend einer Art allen Individuen und
Alterszuständen zuzukommen. Schlangen hat noch Niemand auf
Madeira gefunden, was schon Forster bekannt war, wie sie auch
manchen kleinen Inseln des Mittelmeeres ganz fehlen. Auch die
Batrachier würden fehlen, wenn nicht vor einiger Zeit ein Portugiese
einen Frosch aus Europa eingeführt hätte, eine Sage, welche mir
auf der Insel selbst bestätigt wurde. Die Kaulquappen sah, die
Stimme der erwachsenen hörte ich selbst in einer der Schluchten
nächst der Stadt.

Der einzige Süsswasserfisch ist der Aal, wie auf der Insel
Sardinien und auf den Azoren, und betrachtet man die wildbach-
artige Natur aller süssen Gewässer der Insel, so kann man auch
nicht mehr erwarten, höchstens noch Analoga unserer Groppe und
Forellen. Auch am hiesigen Aal variirt das Breitenverhältniss der
Schnauze, was mehr dafür spricht, keine Artentrennung darauf zu
gründen.

Die Landschnecken sind mehr an Arten, als an Individuen
reich, die Mehrzahl sind kleine Erd- und Mulmschnecken, so die
Pupen und viele kleine Helix. Erstere findet man zuweilen gesellig
an von Rasen mehr oder weniger bedeckten Felsstücken; eine Art,
P. laurinea, soll an Lorbeerbäumen vorkommen, vielleicht nur am
unteren dicken Theil, so weit von abgefallenem Laub bedeckt.
Helix undata Lowe ist vielleicht die grösste einheimische Schnecke,
sie kommt sowohl am Meeresufer, als auf den Bergabhängen, immer
unter Steinen vor; ähnlich die kleinere noch häufigere H. nitidiuscula
Sow.; kugelige Laubschnecken, unserer H. nemoralis oder auch nur

Reptilien. Aal. Landschnecken.

Eigenthümlicher, aber noch ärmer sind die Reptilien vertreten
durch eine einzige5) Art von Eidechsen, (Lacerta Dugesii Milne
Edwards = Teira punctata Gray = Lac. Maderensis Fitzinger), diese
sah ich sehr zahlreich in S. Vincente, sowohl zwischen den Steinen
am Meeresstrande, als an den Mauern, so weit die Kultur reicht;
höher fand ich sie wenigstens nicht. Sie erscheint bald fast schwarz,
mit wenigen kleinen gelben Puncten, bald mehr erdfarbig, die
jüngeren mehr grün, mit einer blassen Längsbinde jederseits; die
Unterseite ist bei erwachsenen schwarzen schön orangeroth, bei
den jüngeren grünlichgelb, und während diese somit mehr an unsere
Lacerta agilis und muralis erinnern, zeigen jene von oben mehr
Aehnlichkeit mit L. viridis, von unten mit L. crocea. Ein rother
Bauch scheint überhaupt bei mehreren Arten der Gattung Lacerta
vorzukommen, ohne bei irgend einer Art allen Individuen und
Alterszuständen zuzukommen. Schlangen hat noch Niemand auf
Madeira gefunden, was schon Forster bekannt war, wie sie auch
manchen kleinen Inseln des Mittelmeeres ganz fehlen. Auch die
Batrachier würden fehlen, wenn nicht vor einiger Zeit ein Portugiese
einen Frosch aus Europa eingeführt hätte, eine Sage, welche mir
auf der Insel selbst bestätigt wurde. Die Kaulquappen sah, die
Stimme der erwachsenen hörte ich selbst in einer der Schluchten
nächst der Stadt.

Der einzige Süsswasserfisch ist der Aal, wie auf der Insel
Sardinien und auf den Azoren, und betrachtet man die wildbach-
artige Natur aller süssen Gewässer der Insel, so kann man auch
nicht mehr erwarten, höchstens noch Analoga unserer Groppe und
Forellen. Auch am hiesigen Aal variirt das Breitenverhältniss der
Schnauze, was mehr dafür spricht, keine Artentrennung darauf zu
gründen.

Die Landschnecken sind mehr an Arten, als an Individuen
reich, die Mehrzahl sind kleine Erd- und Mulmschnecken, so die
Pupen und viele kleine Helix. Erstere findet man zuweilen gesellig
an von Rasen mehr oder weniger bedeckten Felsstücken; eine Art,
P. laurinea, soll an Lorbeerbäumen vorkommen, vielleicht nur am
unteren dicken Theil, so weit von abgefallenem Laub bedeckt.
Helix undata Lowe ist vielleicht die grösste einheimische Schnecke,
sie kommt sowohl am Meeresufer, als auf den Bergabhängen, immer
unter Steinen vor; ähnlich die kleinere noch häufigere H. nitidiuscula
Sow.; kugelige Laubschnecken, unserer H. nemoralis oder auch nur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0027" n="9"/>
            <fw place="top" type="header">Reptilien. Aal. Landschnecken.</fw><lb/>
            <p>Eigenthümlicher, aber noch ärmer sind die Reptilien vertreten<lb/>
durch eine einzige<hi rendition="#sup">5</hi>) Art von Eidechsen, (<hi rendition="#g">Lacerta Dugesii</hi> Milne<lb/>
Edwards = Teira punctata Gray = Lac. Maderensis Fitzinger), diese<lb/>
sah ich sehr zahlreich in S. Vincente, sowohl zwischen den Steinen<lb/>
am Meeresstrande, als an den Mauern, so weit die Kultur reicht;<lb/>
höher fand ich sie wenigstens nicht. Sie erscheint bald fast schwarz,<lb/>
mit wenigen kleinen gelben Puncten, bald mehr erdfarbig, die<lb/>
jüngeren mehr grün, mit einer blassen Längsbinde jederseits; die<lb/>
Unterseite ist bei erwachsenen schwarzen schön orangeroth, bei<lb/>
den jüngeren grünlichgelb, und während diese somit mehr an unsere<lb/>
Lacerta agilis und muralis erinnern, zeigen jene von oben mehr<lb/>
Aehnlichkeit mit L. viridis, von unten mit L. crocea. Ein rother<lb/>
Bauch scheint überhaupt bei mehreren Arten der Gattung Lacerta<lb/>
vorzukommen, ohne bei irgend einer Art allen Individuen und<lb/>
Alterszuständen zuzukommen. Schlangen hat noch Niemand auf<lb/><hi rendition="#k">Madeira</hi> gefunden, was schon Forster bekannt war, wie sie auch<lb/>
manchen kleinen Inseln des Mittelmeeres ganz fehlen. Auch die<lb/>
Batrachier würden fehlen, wenn nicht vor einiger Zeit ein Portugiese<lb/>
einen <hi rendition="#g">Frosch</hi> aus Europa eingeführt hätte, eine Sage, welche mir<lb/>
auf der Insel selbst bestätigt wurde. Die Kaulquappen sah, die<lb/>
Stimme der erwachsenen hörte ich selbst in einer der Schluchten<lb/>
nächst der Stadt.</p><lb/>
            <p>Der einzige Süsswasserfisch ist der <hi rendition="#g">Aal</hi>, wie auf der Insel<lb/>
Sardinien und auf den Azoren, und betrachtet man die wildbach-<lb/>
artige Natur aller süssen Gewässer der Insel, so kann man auch<lb/>
nicht mehr erwarten, höchstens noch Analoga unserer Groppe und<lb/>
Forellen. Auch am hiesigen Aal variirt das Breitenverhältniss der<lb/>
Schnauze, was mehr dafür spricht, keine Artentrennung darauf zu<lb/>
gründen.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Landschnecken</hi> sind mehr an Arten, als an Individuen<lb/>
reich, die Mehrzahl sind kleine Erd- und Mulmschnecken, so die<lb/>
Pupen und viele kleine Helix. Erstere findet man zuweilen gesellig<lb/>
an von Rasen mehr oder weniger bedeckten Felsstücken; eine Art,<lb/>
P. laurinea, soll an Lorbeerbäumen vorkommen, vielleicht nur am<lb/>
unteren dicken Theil, so weit von abgefallenem Laub bedeckt.<lb/>
Helix undata Lowe ist vielleicht die grösste einheimische Schnecke,<lb/>
sie kommt sowohl am Meeresufer, als auf den Bergabhängen, immer<lb/>
unter Steinen vor; ähnlich die kleinere noch häufigere H. nitidiuscula<lb/>
Sow.; kugelige Laubschnecken, unserer H. nemoralis oder auch nur<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0027] Reptilien. Aal. Landschnecken. Eigenthümlicher, aber noch ärmer sind die Reptilien vertreten durch eine einzige5) Art von Eidechsen, (Lacerta Dugesii Milne Edwards = Teira punctata Gray = Lac. Maderensis Fitzinger), diese sah ich sehr zahlreich in S. Vincente, sowohl zwischen den Steinen am Meeresstrande, als an den Mauern, so weit die Kultur reicht; höher fand ich sie wenigstens nicht. Sie erscheint bald fast schwarz, mit wenigen kleinen gelben Puncten, bald mehr erdfarbig, die jüngeren mehr grün, mit einer blassen Längsbinde jederseits; die Unterseite ist bei erwachsenen schwarzen schön orangeroth, bei den jüngeren grünlichgelb, und während diese somit mehr an unsere Lacerta agilis und muralis erinnern, zeigen jene von oben mehr Aehnlichkeit mit L. viridis, von unten mit L. crocea. Ein rother Bauch scheint überhaupt bei mehreren Arten der Gattung Lacerta vorzukommen, ohne bei irgend einer Art allen Individuen und Alterszuständen zuzukommen. Schlangen hat noch Niemand auf Madeira gefunden, was schon Forster bekannt war, wie sie auch manchen kleinen Inseln des Mittelmeeres ganz fehlen. Auch die Batrachier würden fehlen, wenn nicht vor einiger Zeit ein Portugiese einen Frosch aus Europa eingeführt hätte, eine Sage, welche mir auf der Insel selbst bestätigt wurde. Die Kaulquappen sah, die Stimme der erwachsenen hörte ich selbst in einer der Schluchten nächst der Stadt. Der einzige Süsswasserfisch ist der Aal, wie auf der Insel Sardinien und auf den Azoren, und betrachtet man die wildbach- artige Natur aller süssen Gewässer der Insel, so kann man auch nicht mehr erwarten, höchstens noch Analoga unserer Groppe und Forellen. Auch am hiesigen Aal variirt das Breitenverhältniss der Schnauze, was mehr dafür spricht, keine Artentrennung darauf zu gründen. Die Landschnecken sind mehr an Arten, als an Individuen reich, die Mehrzahl sind kleine Erd- und Mulmschnecken, so die Pupen und viele kleine Helix. Erstere findet man zuweilen gesellig an von Rasen mehr oder weniger bedeckten Felsstücken; eine Art, P. laurinea, soll an Lorbeerbäumen vorkommen, vielleicht nur am unteren dicken Theil, so weit von abgefallenem Laub bedeckt. Helix undata Lowe ist vielleicht die grösste einheimische Schnecke, sie kommt sowohl am Meeresufer, als auf den Bergabhängen, immer unter Steinen vor; ähnlich die kleinere noch häufigere H. nitidiuscula Sow.; kugelige Laubschnecken, unserer H. nemoralis oder auch nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/27
Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/27>, abgerufen am 25.04.2024.