werthvolle Mittheilungen darüber in den Proceedings of the zoological of London, Jahrgang 1860--1862, gemacht hat. Diese treffliche Gelegenheit des Zusammenarbeitens mit einem localkundigen und erfahrenen Fachgenossen, nun so vergeblich gezeigt, machte mir den Abschied von der schönen Insel, den ersten auf dieser Reise, noch schwerer.
1. Landthiere.
Eigenthümliche Landsäugethiere besitzt Madeira keine, wie es mit der Mehrzahl der kleineren Inseln in allen fünf Erdtheilen der Fall ist; das einzige Wild, das mir und Anderen aufgestossen ist, sind die Kaninchen zwischen den Büschen von Ulex und Spartium am Pico Ruivo und anderwärts; eine historische Nachricht über ihre Einführung ist mir nicht bekannt, doch ist es an sich höchst wahrscheinlich, dass sie ihres Fleisches wegen eingeführt wurden. Mäuse und Ratten sind selbstverständlich mit den europäi- schen Schiffen auch hierher gekommen. Auffallender ist, dass auch die bis jetzt beobachteten Fledermäuse2) europäische Arten, die eine sogar eine speciell südeuropäische ist; es beweist das gewaltige Flugvermögen dieser Thiere, wenn man nicht etwa annehmen will, dass sie auf Schiffen, unfreiwillig von beiden Seiten, herüber- gekommen sind; aber auch auf den Bermudasinseln, die in einem ähnlichen Verhältniss zu Amerika stehen, wie Madeira und die anderen atlantischen Inseln zum alten Kontinent, finden sich nur nordamerikanische Arten von Fledermäusen, und man glaubt dort aus ihrer Anwesenheit nur während eines Theiles des Jahres auf eine regelmässige Wanderung von dort herüber schliessen zu dürfen. 3) Nicht viel weniger übereinstimmend mit der europäischen ist die befiederte Bevölkerung; in den Schluchten nahe der Stadt und bei den kleineren Ortschaften sahen wir nicht selten Thurmfalken und Bussarde, in den Wäldern hört man öfters die wilde Taube, an den Bächen und selbst am Meeresstrande begegnete mir wiederholt die gelbe Bachstelze. Auch die Amsel ist hier einheimisch und neben ausländischen Papageien ein beliebter Stubenvogel in Funchal. Von den 25 Arten Vögeln, welche als auf Madeira regelmässig vorkommend und sich fortpflanzend bekannt sind, sind nur sechs nicht auch in Europa zu Hause und von diesen fünf mit europäischen sehr nahe verwandt; die einzige recht fremdartige ist eine lorbeer- fressende Taube. 4)
Kaninchen. Fledermäuse. Vögel.
werthvolle Mittheilungen darüber in den Proceedings of the zoological of London, Jahrgang 1860—1862, gemacht hat. Diese treffliche Gelegenheit des Zusammenarbeitens mit einem localkundigen und erfahrenen Fachgenossen, nun so vergeblich gezeigt, machte mir den Abschied von der schönen Insel, den ersten auf dieser Reise, noch schwerer.
1. Landthiere.
Eigenthümliche Landsäugethiere besitzt Madeira keine, wie es mit der Mehrzahl der kleineren Inseln in allen fünf Erdtheilen der Fall ist; das einzige Wild, das mir und Anderen aufgestossen ist, sind die Kaninchen zwischen den Büschen von Ulex und Spartium am Pico Ruivo und anderwärts; eine historische Nachricht über ihre Einführung ist mir nicht bekannt, doch ist es an sich höchst wahrscheinlich, dass sie ihres Fleisches wegen eingeführt wurden. Mäuse und Ratten sind selbstverständlich mit den europäi- schen Schiffen auch hierher gekommen. Auffallender ist, dass auch die bis jetzt beobachteten Fledermäuse2) europäische Arten, die eine sogar eine speciell südeuropäische ist; es beweist das gewaltige Flugvermögen dieser Thiere, wenn man nicht etwa annehmen will, dass sie auf Schiffen, unfreiwillig von beiden Seiten, herüber- gekommen sind; aber auch auf den Bermudasinseln, die in einem ähnlichen Verhältniss zu Amerika stehen, wie Madeira und die anderen atlantischen Inseln zum alten Kontinent, finden sich nur nordamerikanische Arten von Fledermäusen, und man glaubt dort aus ihrer Anwesenheit nur während eines Theiles des Jahres auf eine regelmässige Wanderung von dort herüber schliessen zu dürfen. 3) Nicht viel weniger übereinstimmend mit der europäischen ist die befiederte Bevölkerung; in den Schluchten nahe der Stadt und bei den kleineren Ortschaften sahen wir nicht selten Thurmfalken und Bussarde, in den Wäldern hört man öfters die wilde Taube, an den Bächen und selbst am Meeresstrande begegnete mir wiederholt die gelbe Bachstelze. Auch die Amsel ist hier einheimisch und neben ausländischen Papageien ein beliebter Stubenvogel in Funchal. Von den 25 Arten Vögeln, welche als auf Madeira regelmässig vorkommend und sich fortpflanzend bekannt sind, sind nur sechs nicht auch in Europa zu Hause und von diesen fünf mit europäischen sehr nahe verwandt; die einzige recht fremdartige ist eine lorbeer- fressende Taube. 4)
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Kaninchen. Fledermäuse. Vögel.
werthvolle Mittheilungen darüber in den Proceedings of the zoological
of London, Jahrgang 1860—1862, gemacht hat. Diese treffliche
Gelegenheit des Zusammenarbeitens mit einem localkundigen und
erfahrenen Fachgenossen, nun so vergeblich gezeigt, machte mir
den Abschied von der schönen Insel, den ersten auf dieser Reise,
noch schwerer.
1. Landthiere.
Eigenthümliche Landsäugethiere besitzt Madeira keine, wie
es mit der Mehrzahl der kleineren Inseln in allen fünf Erdtheilen
der Fall ist; das einzige Wild, das mir und Anderen aufgestossen
ist, sind die Kaninchen zwischen den Büschen von Ulex und
Spartium am Pico Ruivo und anderwärts; eine historische Nachricht
über ihre Einführung ist mir nicht bekannt, doch ist es an sich
höchst wahrscheinlich, dass sie ihres Fleisches wegen eingeführt
wurden. Mäuse und Ratten sind selbstverständlich mit den europäi-
schen Schiffen auch hierher gekommen. Auffallender ist, dass auch
die bis jetzt beobachteten Fledermäuse 2) europäische Arten, die
eine sogar eine speciell südeuropäische ist; es beweist das gewaltige
Flugvermögen dieser Thiere, wenn man nicht etwa annehmen will,
dass sie auf Schiffen, unfreiwillig von beiden Seiten, herüber-
gekommen sind; aber auch auf den Bermudasinseln, die in einem
ähnlichen Verhältniss zu Amerika stehen, wie Madeira und die
anderen atlantischen Inseln zum alten Kontinent, finden sich nur
nordamerikanische Arten von Fledermäusen, und man glaubt dort
aus ihrer Anwesenheit nur während eines Theiles des Jahres auf
eine regelmässige Wanderung von dort herüber schliessen zu dürfen. 3)
Nicht viel weniger übereinstimmend mit der europäischen ist die
befiederte Bevölkerung; in den Schluchten nahe der Stadt und bei
den kleineren Ortschaften sahen wir nicht selten Thurmfalken und
Bussarde, in den Wäldern hört man öfters die wilde Taube, an
den Bächen und selbst am Meeresstrande begegnete mir wiederholt
die gelbe Bachstelze. Auch die Amsel ist hier einheimisch und
neben ausländischen Papageien ein beliebter Stubenvogel in Funchal.
Von den 25 Arten Vögeln, welche als auf Madeira regelmässig
vorkommend und sich fortpflanzend bekannt sind, sind nur sechs
nicht auch in Europa zu Hause und von diesen fünf mit europäischen
sehr nahe verwandt; die einzige recht fremdartige ist eine lorbeer-
fressende Taube. 4)
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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