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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Meerthiere des Sandgrundes auf Singapore.
lusken kommt neben den schon genannten Brackwassermuscheln
und einigen Cephalopoden namentlich Arca granosa L. auf den
Markt; die leeren Schalen derselben findet man häufig als Küchen-
abfall bei den Hütten der Eingeborenen und Chinesen, nicht nur
an der Küste, sondern auch weiter landeinwärts.

In den Tagen tiefster Ebbe fielen mir auf dem Markte meh-
rere Arten von Fischen und Crustaceen auf, welche ich vorher da-
selbst nicht gesehen, so Sygnathus biaculeatus, Hippocampus comes,
Matuta, Calappa, Lambrus und Squilla; diese mögen daher an etwas
tieferen, in dieser Zeit besser zugänglichen Stellen mit der Hand
gefangen werden. Der erstgenannte Sygnathus verräth durch seine
grasgrüne Farbe (mit rosenrothen Flecken an den Kanten), dass er
zwischen grünen Meerpflanzen lebt, und dieselben sind auch be-
kanntlich der Aufenthalt des wickelschwänzigen Seepferdchens;
Matuta aber lebt meines Wissens im Sande.

Um wirbellose Thiere zu finden, muss der Naturforscher
selbst an Ort und Stelle gehen. Am ärmsten ist im Allgemeinen
der Sandstrand; derselbe bot mir über Wasser nur zahlreiche
Flohkrebse (Talitrus) und unter dem Auswurfe des Meeres kleine
bunte Conchylien aus den Gattungen Rotella, Mitra u. a. Es ist
aber die einzige Bodenart, welche Meerphanerogamen liefert, die
grössere Strecken geschlossen überziehen, so beim Badeplatz an
der östlichen Gränze der Rhede der breitere säbelförmige Enhalus
acoroides und eine schmälere Zostera-ähnliche, beide gesellig unter-
einander. In der Nordsee pflegen die Zosteren von kleinen Schnecken,
Rissoa, bevölkert zu sein; diese fehlen aber dem indischen Ocean
und der Zoolog fand seine einzige Ausbeute an den Pfählen, die
hie und da zum Anbinden der Boote eingeschlagen waren; diese
trugen meist zahlreiche Meereicheln (Balanus) und nicht selten
kletterte auch eine schnellfüssige, braune, dunkler gefleckte Viereck-
krabbe daran umher, die, wenn ich sie nicht beim ersten Ueberfall
erhaschte, durch einen Sprung die weitere Verfolgung vereitelte,
ganz wie ich es früher in den Barene der venetianischen Lagunen
erfahren, und in der That war es auch eine dem venetianischen
Grapsus marmoratus nahe verwandte Art, Gr. (Metopsograpsus)
bidens.

Reicher ist die Fauna des steinigen Grundes. Der grösste
Theil des Strandes zu beiden Seiten der Stadt wird von Schlamm-
boden gebildet, welcher während der Ebbe in einem ziemlich breiten

Meerthiere des Sandgrundes auf Singapore.
lusken kommt neben den schon genannten Brackwassermuscheln
und einigen Cephalopoden namentlich Arca granosa L. auf den
Markt; die leeren Schalen derselben findet man häufig als Küchen-
abfall bei den Hütten der Eingeborenen und Chinesen, nicht nur
an der Küste, sondern auch weiter landeinwärts.

In den Tagen tiefster Ebbe fielen mir auf dem Markte meh-
rere Arten von Fischen und Crustaceen auf, welche ich vorher da-
selbst nicht gesehen, so Sygnathus biaculeatus, Hippocampus comes,
Matuta, Calappa, Lambrus und Squilla; diese mögen daher an etwas
tieferen, in dieser Zeit besser zugänglichen Stellen mit der Hand
gefangen werden. Der erstgenannte Sygnathus verräth durch seine
grasgrüne Farbe (mit rosenrothen Flecken an den Kanten), dass er
zwischen grünen Meerpflanzen lebt, und dieselben sind auch be-
kanntlich der Aufenthalt des wickelschwänzigen Seepferdchens;
Matuta aber lebt meines Wissens im Sande.

Um wirbellose Thiere zu finden, muss der Naturforscher
selbst an Ort und Stelle gehen. Am ärmsten ist im Allgemeinen
der Sandstrand; derselbe bot mir über Wasser nur zahlreiche
Flohkrebse (Talitrus) und unter dem Auswurfe des Meeres kleine
bunte Conchylien aus den Gattungen Rotella, Mitra u. a. Es ist
aber die einzige Bodenart, welche Meerphanerogamen liefert, die
grössere Strecken geschlossen überziehen, so beim Badeplatz an
der östlichen Gränze der Rhede der breitere säbelförmige Enhalus
acoroides und eine schmälere Zostera-ähnliche, beide gesellig unter-
einander. In der Nordsee pflegen die Zosteren von kleinen Schnecken,
Rissoa, bevölkert zu sein; diese fehlen aber dem indischen Ocean
und der Zoolog fand seine einzige Ausbeute an den Pfählen, die
hie und da zum Anbinden der Boote eingeschlagen waren; diese
trugen meist zahlreiche Meereicheln (Balanus) und nicht selten
kletterte auch eine schnellfüssige, braune, dunkler gefleckte Viereck-
krabbe daran umher, die, wenn ich sie nicht beim ersten Ueberfall
erhaschte, durch einen Sprung die weitere Verfolgung vereitelte,
ganz wie ich es früher in den Barene der venetianischen Lagunen
erfahren, und in der That war es auch eine dem venetianischen
Grapsus marmoratus nahe verwandte Art, Gr. (Metopsograpsus)
bidens.

Reicher ist die Fauna des steinigen Grundes. Der grösste
Theil des Strandes zu beiden Seiten der Stadt wird von Schlamm-
boden gebildet, welcher während der Ebbe in einem ziemlich breiten

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[236/0254] Meerthiere des Sandgrundes auf Singapore. lusken kommt neben den schon genannten Brackwassermuscheln und einigen Cephalopoden namentlich Arca granosa L. auf den Markt; die leeren Schalen derselben findet man häufig als Küchen- abfall bei den Hütten der Eingeborenen und Chinesen, nicht nur an der Küste, sondern auch weiter landeinwärts. In den Tagen tiefster Ebbe fielen mir auf dem Markte meh- rere Arten von Fischen und Crustaceen auf, welche ich vorher da- selbst nicht gesehen, so Sygnathus biaculeatus, Hippocampus comes, Matuta, Calappa, Lambrus und Squilla; diese mögen daher an etwas tieferen, in dieser Zeit besser zugänglichen Stellen mit der Hand gefangen werden. Der erstgenannte Sygnathus verräth durch seine grasgrüne Farbe (mit rosenrothen Flecken an den Kanten), dass er zwischen grünen Meerpflanzen lebt, und dieselben sind auch be- kanntlich der Aufenthalt des wickelschwänzigen Seepferdchens; Matuta aber lebt meines Wissens im Sande. Um wirbellose Thiere zu finden, muss der Naturforscher selbst an Ort und Stelle gehen. Am ärmsten ist im Allgemeinen der Sandstrand; derselbe bot mir über Wasser nur zahlreiche Flohkrebse (Talitrus) und unter dem Auswurfe des Meeres kleine bunte Conchylien aus den Gattungen Rotella, Mitra u. a. Es ist aber die einzige Bodenart, welche Meerphanerogamen liefert, die grössere Strecken geschlossen überziehen, so beim Badeplatz an der östlichen Gränze der Rhede der breitere säbelförmige Enhalus acoroides und eine schmälere Zostera-ähnliche, beide gesellig unter- einander. In der Nordsee pflegen die Zosteren von kleinen Schnecken, Rissoa, bevölkert zu sein; diese fehlen aber dem indischen Ocean und der Zoolog fand seine einzige Ausbeute an den Pfählen, die hie und da zum Anbinden der Boote eingeschlagen waren; diese trugen meist zahlreiche Meereicheln (Balanus) und nicht selten kletterte auch eine schnellfüssige, braune, dunkler gefleckte Viereck- krabbe daran umher, die, wenn ich sie nicht beim ersten Ueberfall erhaschte, durch einen Sprung die weitere Verfolgung vereitelte, ganz wie ich es früher in den Barene der venetianischen Lagunen erfahren, und in der That war es auch eine dem venetianischen Grapsus marmoratus nahe verwandte Art, Gr. (Metopsograpsus) bidens. Reicher ist die Fauna des steinigen Grundes. Der grösste Theil des Strandes zu beiden Seiten der Stadt wird von Schlamm- boden gebildet, welcher während der Ebbe in einem ziemlich breiten

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/254>, abgerufen am 17.05.2024.