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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Siamesische Vögel. Elephant.
sie zu sehen. Dem englischen Consul, Sir Robert Schomburgk, war
eine neue Art derselben gebracht worden, aber zur Zeit unserer
Anwesenheit nur erst das Weibchen; dieselbe ist unterdessen als
Diardigallus Crawfurdii Gray beschrieben worden, eine Verwandte
des 40 Jahre früher vom französischen Reisenden Diard in Cochin-
china entdeckten Gallus Diardi.6) In Käfigen bei den Eingeborenen
sah ich öfters den javanischen beo, Gracula religiosa L., Turtel-
tauben, Columba tigrina Tem. und striata L. und den weissgetüp-
felten Bengali, Estrelda amandava L. Letzterer ist wahrscheinlich
der von Pallegoix Colibri genannte Vogel, der in Siam hochgeschätzt
und ein Ausfuhrartikel sei. Nach demselben gehen auch die schönen
blauen Bälge der Eisvögel, siamesisch pik nok katen, als Handels-
artikel nach China zu Kleiderverzierungen, das Hundert zu drei-
bis fünfhundert Francs; hiezu fange man die Vögel, indem man
einen lebenden am Ufer in einem Käfig aufstelle, auf dessen Stimme
andere eifersüchtig herbeieilen und mit den bereit gehaltenen Netzen
berückt werden. Pfauen und Papageien (Palaeornis) sollen im
Innern des Landes leben; wir sahen keine derselben. Die Menge
der Webervögel bei der alten Hauptstadt Ayutia wird schon von
ältern Besuchern erwähnt.7)

6. Wilde Säugethiere.

Unter den vierfüssigen Thieren spielt selbstverständlich der
Elephant, siamesisch tshang, die Hauptrolle. Im Innern soll er
noch häufig sein; in Bangkok besitzt meines Wissens nur der König
Elephanten, wir sahen deren mehrere in den königlichen Ställen,
sie wurden regelmässig des Abends an den Fluss in die Schwemme
geritten. Nur wenige hatten grosse Zähne. Da hier noch aller
Verkehr zu Wasser geschieht, so haben sie wenig zu thun und
scheinen mehr nur der Pracht wegen gehalten zu werden. Weiter
aufwärts, im unebenen Land, sind sie das hauptsächlichste Trans-
portmittel für Reisende und Lasten. Der sogenannte weisse Elephant,
in einer eigenen Abtheilung des königlichen Palastes gehalten, war
ein junges Thier von merklich hellerer Farbe als die andern, aber
immer noch mittelgrau. (Vgl. Reisebericht IV., S. 275.) Zu seiner
Unterhaltung sind ihm ein paar Meerkatzen beigegeben; im Allge-
meinen führt er aber ein einsames langweiliges Leben, und ist daher
auch oft verdriesslich gestimmt. Die Hauptmasse seiner Nahrung
besteht, wie bei den andern Elephanten, in Gras oder Heu; Gras

Siamesische Vögel. Elephant.
sie zu sehen. Dem englischen Consul, Sir Robert Schomburgk, war
eine neue Art derselben gebracht worden, aber zur Zeit unserer
Anwesenheit nur erst das Weibchen; dieselbe ist unterdessen als
Diardigallus Crawfurdii Gray beschrieben worden, eine Verwandte
des 40 Jahre früher vom französischen Reisenden Diard in Cochin-
china entdeckten Gallus Diardi.6) In Käfigen bei den Eingeborenen
sah ich öfters den javanischen beo, Gracula religiosa L., Turtel-
tauben, Columba tigrina Tem. und striata L. und den weissgetüp-
felten Bengali, Estrelda amandava L. Letzterer ist wahrscheinlich
der von Pallegoix Colibri genannte Vogel, der in Siam hochgeschätzt
und ein Ausfuhrartikel sei. Nach demselben gehen auch die schönen
blauen Bälge der Eisvögel, siamesisch pik nok katen, als Handels-
artikel nach China zu Kleiderverzierungen, das Hundert zu drei-
bis fünfhundert Francs; hiezu fange man die Vögel, indem man
einen lebenden am Ufer in einem Käfig aufstelle, auf dessen Stimme
andere eifersüchtig herbeieilen und mit den bereit gehaltenen Netzen
berückt werden. Pfauen und Papageien (Palaeornis) sollen im
Innern des Landes leben; wir sahen keine derselben. Die Menge
der Webervögel bei der alten Hauptstadt Ayutia wird schon von
ältern Besuchern erwähnt.7)

6. Wilde Säugethiere.

Unter den vierfüssigen Thieren spielt selbstverständlich der
Elephant, siamesisch tshang, die Hauptrolle. Im Innern soll er
noch häufig sein; in Bangkok besitzt meines Wissens nur der König
Elephanten, wir sahen deren mehrere in den königlichen Ställen,
sie wurden regelmässig des Abends an den Fluss in die Schwemme
geritten. Nur wenige hatten grosse Zähne. Da hier noch aller
Verkehr zu Wasser geschieht, so haben sie wenig zu thun und
scheinen mehr nur der Pracht wegen gehalten zu werden. Weiter
aufwärts, im unebenen Land, sind sie das hauptsächlichste Trans-
portmittel für Reisende und Lasten. Der sogenannte weisse Elephant,
in einer eigenen Abtheilung des königlichen Palastes gehalten, war
ein junges Thier von merklich hellerer Farbe als die andern, aber
immer noch mittelgrau. (Vgl. Reisebericht IV., S. 275.) Zu seiner
Unterhaltung sind ihm ein paar Meerkatzen beigegeben; im Allge-
meinen führt er aber ein einsames langweiliges Leben, und ist daher
auch oft verdriesslich gestimmt. Die Hauptmasse seiner Nahrung
besteht, wie bei den andern Elephanten, in Gras oder Heu; Gras

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[217/0235] Siamesische Vögel. Elephant. sie zu sehen. Dem englischen Consul, Sir Robert Schomburgk, war eine neue Art derselben gebracht worden, aber zur Zeit unserer Anwesenheit nur erst das Weibchen; dieselbe ist unterdessen als Diardigallus Crawfurdii Gray beschrieben worden, eine Verwandte des 40 Jahre früher vom französischen Reisenden Diard in Cochin- china entdeckten Gallus Diardi.6) In Käfigen bei den Eingeborenen sah ich öfters den javanischen beo, Gracula religiosa L., Turtel- tauben, Columba tigrina Tem. und striata L. und den weissgetüp- felten Bengali, Estrelda amandava L. Letzterer ist wahrscheinlich der von Pallegoix Colibri genannte Vogel, der in Siam hochgeschätzt und ein Ausfuhrartikel sei. Nach demselben gehen auch die schönen blauen Bälge der Eisvögel, siamesisch pik nok katen, als Handels- artikel nach China zu Kleiderverzierungen, das Hundert zu drei- bis fünfhundert Francs; hiezu fange man die Vögel, indem man einen lebenden am Ufer in einem Käfig aufstelle, auf dessen Stimme andere eifersüchtig herbeieilen und mit den bereit gehaltenen Netzen berückt werden. Pfauen und Papageien (Palaeornis) sollen im Innern des Landes leben; wir sahen keine derselben. Die Menge der Webervögel bei der alten Hauptstadt Ayutia wird schon von ältern Besuchern erwähnt.7) 6. Wilde Säugethiere. Unter den vierfüssigen Thieren spielt selbstverständlich der Elephant, siamesisch tshang, die Hauptrolle. Im Innern soll er noch häufig sein; in Bangkok besitzt meines Wissens nur der König Elephanten, wir sahen deren mehrere in den königlichen Ställen, sie wurden regelmässig des Abends an den Fluss in die Schwemme geritten. Nur wenige hatten grosse Zähne. Da hier noch aller Verkehr zu Wasser geschieht, so haben sie wenig zu thun und scheinen mehr nur der Pracht wegen gehalten zu werden. Weiter aufwärts, im unebenen Land, sind sie das hauptsächlichste Trans- portmittel für Reisende und Lasten. Der sogenannte weisse Elephant, in einer eigenen Abtheilung des königlichen Palastes gehalten, war ein junges Thier von merklich hellerer Farbe als die andern, aber immer noch mittelgrau. (Vgl. Reisebericht IV., S. 275.) Zu seiner Unterhaltung sind ihm ein paar Meerkatzen beigegeben; im Allge- meinen führt er aber ein einsames langweiliges Leben, und ist daher auch oft verdriesslich gestimmt. Die Hauptmasse seiner Nahrung besteht, wie bei den andern Elephanten, in Gras oder Heu; Gras

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/235>, abgerufen am 02.05.2024.