halten ihn kaiserliche Soldaten fest; auch von diesen macht er sich los und erreicht bei Tagesanbruch das Ostthor, wo er seine Leib- wache findet, die sofort nach dem Hause von des Na-wan Oheim marschiren muss. -- Am Ostthor harrt Gordon seiner Dampfer, schickt Capitän Bonnefoi mit den Franco-Chinesen in die Stadt, um dem Morden Einhalt zu thun, und wehrt dem ferneren Ein- dringen kaiserlicher Truppen. Ein Officier seines Stabes holt aus seinem Zelt den Sohn des Na-wan, der ihm die Enthauptung sämmtlicher Tae-pin-Führer berichtet.
Gordon hatte den Wan keineswegs ihre Sicherheit verbürgt, aber unter der Voraussetzung, dass Li ehrenhaft und menschlich handeln werde, zur Uebergabe zugeredet. Seine Entrüstung kannte keine Grenzen; mehrere Tage suchte er den Fu-tae vergebens; er wollte ihn hinrichten lassen und hatte sogar schon seinen Truppen befohlen, ihn zu greifen, kam aber noch zur Besinnung. Li war gewarnt und hielt sich verborgen. Gordon brandmarkte dessen Schandthat in einem Befehl an die "Siegreichen" auf das schärfste und erklärte, als englischer Officier der chinesischen Regierung nicht mehr dienen zu können, wenn der Fu-tae nicht exemplarisch bestraft würde. Um das Corps nicht sogleich aufzulösen, wollte er es dem General Brown zur Verfügung stellen.
Prinz Kun und alle Chinesen vertheidigten Li. Die Wan, hiess es, hätten sich auf die Bedingung ergeben, dass ihr Leben geschont würde, seien aber doch Unterthanen des Reiches und dessen Gesetzen unterworfen geblieben. Als sie zum Fu-tae hinauskamen, hatten sie ihr Haar nicht geschoren, die Waffen nicht abgelegt; ihr Benehmen "zeigte die äusserste Wildheit". Sie be- standen darauf, dass Su-tsau unter ihrem Schutze, alle Tae-pin- Soldaten unter ihrem Befehle bleiben müssten, und erklärten, nur unter dieser Bedingung zur Lehnspflicht zurückkehren zu wollen. Sie weigerten sich ihr Gefolge zu entlassen, wollten drei Stadt- thore besetzt halten und verlangten Sold für ihre Truppen. Man musste die Verhandlungen abbrechen und konnte die Wan nicht nach der Stadt zurückkehren lassen, wo bei der Stärke der Tae- pin eine furchtbare Katastrophe entstanden wäre. Also, argumen- tirt der Chinese, mussten sie enthauptet werden. Hatten die Wan sich auch mit dem Blute ihres Führers besudelt, so blieb das Verfahren, auch wenn alle jene Angaben richtig wären, doch
halten ihn kaiserliche Soldaten fest; auch von diesen macht er sich los und erreicht bei Tagesanbruch das Ostthor, wo er seine Leib- wache findet, die sofort nach dem Hause von des Na-waṅ Oheim marschiren muss. — Am Ostthor harrt Gordon seiner Dampfer, schickt Capitän Bonnefoi mit den Franco-Chinesen in die Stadt, um dem Morden Einhalt zu thun, und wehrt dem ferneren Ein- dringen kaiserlicher Truppen. Ein Officier seines Stabes holt aus seinem Zelt den Sohn des Na-waṅ, der ihm die Enthauptung sämmtlicher Tae-piṅ-Führer berichtet.
Gordon hatte den Waṅ keineswegs ihre Sicherheit verbürgt, aber unter der Voraussetzung, dass Li ehrenhaft und menschlich handeln werde, zur Uebergabe zugeredet. Seine Entrüstung kannte keine Grenzen; mehrere Tage suchte er den Fu-tae vergebens; er wollte ihn hinrichten lassen und hatte sogar schon seinen Truppen befohlen, ihn zu greifen, kam aber noch zur Besinnung. Li war gewarnt und hielt sich verborgen. Gordon brandmarkte dessen Schandthat in einem Befehl an die »Siegreichen« auf das schärfste und erklärte, als englischer Officier der chinesischen Regierung nicht mehr dienen zu können, wenn der Fu-tae nicht exemplarisch bestraft würde. Um das Corps nicht sogleich aufzulösen, wollte er es dem General Brown zur Verfügung stellen.
Prinz Kuṅ und alle Chinesen vertheidigten Li. Die Waṅ, hiess es, hätten sich auf die Bedingung ergeben, dass ihr Leben geschont würde, seien aber doch Unterthanen des Reiches und dessen Gesetzen unterworfen geblieben. Als sie zum Fu-tae hinauskamen, hatten sie ihr Haar nicht geschoren, die Waffen nicht abgelegt; ihr Benehmen »zeigte die äusserste Wildheit«. Sie be- standen darauf, dass Su-tšau unter ihrem Schutze, alle Tae-piṅ- Soldaten unter ihrem Befehle bleiben müssten, und erklärten, nur unter dieser Bedingung zur Lehnspflicht zurückkehren zu wollen. Sie weigerten sich ihr Gefolge zu entlassen, wollten drei Stadt- thore besetzt halten und verlangten Sold für ihre Truppen. Man musste die Verhandlungen abbrechen und konnte die Waṅ nicht nach der Stadt zurückkehren lassen, wo bei der Stärke der Tae- piṅ eine furchtbare Katastrophe entstanden wäre. Also, argumen- tirt der Chinese, mussten sie enthauptet werden. Hatten die Waṅ sich auch mit dem Blute ihres Führers besudelt, so blieb das Verfahren, auch wenn alle jene Angaben richtig wären, doch
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[422/0436]
Major Gordon und Fu-tae Li. Anh. IV.
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wache findet, die sofort nach dem Hause von des Na-waṅ Oheim
marschiren muss. — Am Ostthor harrt Gordon seiner Dampfer,
schickt Capitän Bonnefoi mit den Franco-Chinesen in die Stadt,
um dem Morden Einhalt zu thun, und wehrt dem ferneren Ein-
dringen kaiserlicher Truppen. Ein Officier seines Stabes holt aus
seinem Zelt den Sohn des Na-waṅ, der ihm die Enthauptung
sämmtlicher Tae-piṅ-Führer berichtet.
Gordon hatte den Waṅ keineswegs ihre Sicherheit verbürgt,
aber unter der Voraussetzung, dass Li ehrenhaft und menschlich
handeln werde, zur Uebergabe zugeredet. Seine Entrüstung kannte
keine Grenzen; mehrere Tage suchte er den Fu-tae vergebens; er
wollte ihn hinrichten lassen und hatte sogar schon seinen Truppen
befohlen, ihn zu greifen, kam aber noch zur Besinnung. Li war
gewarnt und hielt sich verborgen. Gordon brandmarkte dessen
Schandthat in einem Befehl an die »Siegreichen« auf das schärfste
und erklärte, als englischer Officier der chinesischen Regierung
nicht mehr dienen zu können, wenn der Fu-tae nicht exemplarisch
bestraft würde. Um das Corps nicht sogleich aufzulösen, wollte er
es dem General Brown zur Verfügung stellen.
Prinz Kuṅ und alle Chinesen vertheidigten Li. Die Waṅ,
hiess es, hätten sich auf die Bedingung ergeben, dass ihr Leben
geschont würde, seien aber doch Unterthanen des Reiches und
dessen Gesetzen unterworfen geblieben. Als sie zum Fu-tae
hinauskamen, hatten sie ihr Haar nicht geschoren, die Waffen nicht
abgelegt; ihr Benehmen »zeigte die äusserste Wildheit«. Sie be-
standen darauf, dass Su-tšau unter ihrem Schutze, alle Tae-piṅ-
Soldaten unter ihrem Befehle bleiben müssten, und erklärten, nur
unter dieser Bedingung zur Lehnspflicht zurückkehren zu wollen.
Sie weigerten sich ihr Gefolge zu entlassen, wollten drei Stadt-
thore besetzt halten und verlangten Sold für ihre Truppen. Man
musste die Verhandlungen abbrechen und konnte die Waṅ nicht
nach der Stadt zurückkehren lassen, wo bei der Stärke der Tae-
piṅ eine furchtbare Katastrophe entstanden wäre. Also, argumen-
tirt der Chinese, mussten sie enthauptet werden. Hatten die
Waṅ sich auch mit dem Blute ihres Führers besudelt, so blieb
das Verfahren, auch wenn alle jene Angaben richtig wären, doch
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/436>, abgerufen am 16.07.2024.
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