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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXII. Verhältniss zu China.

Ihre Kinder erziehen und kleiden selbst die angesiedelten
Söhne der blumigen Mitte chinesisch; sie haben auch ihre eigenen
Tempel und bauen sich vielfach chinesische Häuser. Chinesische
Ladenschilde tragen ganze Reihen schwimmender Häuser. Fast im
ganzen Reiche sind die bezopften Eindringlinge verbreitet, zu Zeiten
erhoben sie sich schon gegen die Staatsgewalt; so 1847, als die
Kessel ihrer Zuckerraffinerieen besteuert werden sollten. Der Auf-
stand wurde gewaltsam unterdrückt; doch könnte ihr Reichthum,
festes Zusammenhalten und Gemeinsinn leicht einmal den siame-
sischen Thron gefährden. Einzelnen reichen Chinesen haben die
Könige schon Adelstitel verliehen.

Ueber Siam's früheres Verhältniss zu China giebt Sir John
Bowring
historische Notizen aus chinesischen Quellen; danach wäre
es im vierten Jahrhundert n. Chr. zuerst in den Annalen erwähnt.
Das heutige siamesische Reich wurde erst 1350, fast gleichzeitig
mit der chinesischen Min-Dynastie gegründet, die häufig, seit 1376
jährlich Tributgesandtschaften aus Ayutia empfing. 1382 erhielten
die siamesischen Gesandten vom Himmelssohn einen Staatspass, der
1492 erneut wurde, "weil die Würmer den alten frassen". Chine-
sische Maasse und Gewichte erbat sich der König von Siam schon
gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Das Verhältniss blieb ein freund-
schaftlich schützendes des mächtigen gegen den kleineren Fürsten;
die siamesischen Herrscher suchten beständig des Himmelssohnes
Gunst und ahmten dessen Hofsitten nach, erhielten auch von den
Min-Herrschern zuweilen Gegengeschenke für ihre kostbaren Sen-
dungen. -- Während der Wirren, welche dem Sturze der Min
vorangingen, und bis zum zehnten Jahre des Sun-tsi kam keine
siamesische Gesandtschaft nach China; dann aber, und besonders
seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Verkehr recht lebhaft.
1722 durfte zum ersten Mal siamesischer Reis zollfrei nach China
eingeführt werden, um dieselbe Zeit begann die chinesische Ein-
wanderung nach Siam; 1744 erlaubte ein kaiserliches Decret aus-
drücklich den Chinesen, in Siam Schiffe zu bauen. Den grossen
Kien-lon sollen die siamesischen Könige viele Jahre lang verge-
bens mit Anliegen um den Verkauf von Kupfer, Ginseng, Yaks, um
chinesische Staatskleider und der Hofceremonieen kundige Eunuchen
bestürmt haben; nur einmal wurde Kupfer, einmal Ginseng ge-
schickt. Die von Bowring gegebenen Nachrichten von der Investi-
tur eines siamesischen Königs durch den Hof von Pe-kin 1786

XXII. Verhältniss zu China.

Ihre Kinder erziehen und kleiden selbst die angesiedelten
Söhne der blumigen Mitte chinesisch; sie haben auch ihre eigenen
Tempel und bauen sich vielfach chinesische Häuser. Chinesische
Ladenschilde tragen ganze Reihen schwimmender Häuser. Fast im
ganzen Reiche sind die bezopften Eindringlinge verbreitet, zu Zeiten
erhoben sie sich schon gegen die Staatsgewalt; so 1847, als die
Kessel ihrer Zuckerraffinerieen besteuert werden sollten. Der Auf-
stand wurde gewaltsam unterdrückt; doch könnte ihr Reichthum,
festes Zusammenhalten und Gemeinsinn leicht einmal den siame-
sischen Thron gefährden. Einzelnen reichen Chinesen haben die
Könige schon Adelstitel verliehen.

Ueber Siam’s früheres Verhältniss zu China giebt Sir John
Bowring
historische Notizen aus chinesischen Quellen; danach wäre
es im vierten Jahrhundert n. Chr. zuerst in den Annalen erwähnt.
Das heutige siamesische Reich wurde erst 1350, fast gleichzeitig
mit der chinesischen Miṅ-Dynastie gegründet, die häufig, seit 1376
jährlich Tributgesandtschaften aus Ayutia empfing. 1382 erhielten
die siamesischen Gesandten vom Himmelssohn einen Staatspass, der
1492 erneut wurde, »weil die Würmer den alten frassen«. Chine-
sische Maasse und Gewichte erbat sich der König von Siam schon
gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Das Verhältniss blieb ein freund-
schaftlich schützendes des mächtigen gegen den kleineren Fürsten;
die siamesischen Herrscher suchten beständig des Himmelssohnes
Gunst und ahmten dessen Hofsitten nach, erhielten auch von den
Miṅ-Herrschern zuweilen Gegengeschenke für ihre kostbaren Sen-
dungen. — Während der Wirren, welche dem Sturze der Miṅ
vorangingen, und bis zum zehnten Jahre des Šun-tši kam keine
siamesische Gesandtschaft nach China; dann aber, und besonders
seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Verkehr recht lebhaft.
1722 durfte zum ersten Mal siamesischer Reis zollfrei nach China
eingeführt werden, um dieselbe Zeit begann die chinesische Ein-
wanderung nach Siam; 1744 erlaubte ein kaiserliches Decret aus-
drücklich den Chinesen, in Siam Schiffe zu bauen. Den grossen
Kien-loṅ sollen die siamesischen Könige viele Jahre lang verge-
bens mit Anliegen um den Verkauf von Kupfer, Ginseng, Yaks, um
chinesische Staatskleider und der Hofceremonieen kundige Eunuchen
bestürmt haben; nur einmal wurde Kupfer, einmal Ginseng ge-
schickt. Die von Bowring gegebenen Nachrichten von der Investi-
tur eines siamesischen Königs durch den Hof von Pe-kiṅ 1786

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[335/0349] XXII. Verhältniss zu China. Ihre Kinder erziehen und kleiden selbst die angesiedelten Söhne der blumigen Mitte chinesisch; sie haben auch ihre eigenen Tempel und bauen sich vielfach chinesische Häuser. Chinesische Ladenschilde tragen ganze Reihen schwimmender Häuser. Fast im ganzen Reiche sind die bezopften Eindringlinge verbreitet, zu Zeiten erhoben sie sich schon gegen die Staatsgewalt; so 1847, als die Kessel ihrer Zuckerraffinerieen besteuert werden sollten. Der Auf- stand wurde gewaltsam unterdrückt; doch könnte ihr Reichthum, festes Zusammenhalten und Gemeinsinn leicht einmal den siame- sischen Thron gefährden. Einzelnen reichen Chinesen haben die Könige schon Adelstitel verliehen. Ueber Siam’s früheres Verhältniss zu China giebt Sir John Bowring historische Notizen aus chinesischen Quellen; danach wäre es im vierten Jahrhundert n. Chr. zuerst in den Annalen erwähnt. Das heutige siamesische Reich wurde erst 1350, fast gleichzeitig mit der chinesischen Miṅ-Dynastie gegründet, die häufig, seit 1376 jährlich Tributgesandtschaften aus Ayutia empfing. 1382 erhielten die siamesischen Gesandten vom Himmelssohn einen Staatspass, der 1492 erneut wurde, »weil die Würmer den alten frassen«. Chine- sische Maasse und Gewichte erbat sich der König von Siam schon gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Das Verhältniss blieb ein freund- schaftlich schützendes des mächtigen gegen den kleineren Fürsten; die siamesischen Herrscher suchten beständig des Himmelssohnes Gunst und ahmten dessen Hofsitten nach, erhielten auch von den Miṅ-Herrschern zuweilen Gegengeschenke für ihre kostbaren Sen- dungen. — Während der Wirren, welche dem Sturze der Miṅ vorangingen, und bis zum zehnten Jahre des Šun-tši kam keine siamesische Gesandtschaft nach China; dann aber, und besonders seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Verkehr recht lebhaft. 1722 durfte zum ersten Mal siamesischer Reis zollfrei nach China eingeführt werden, um dieselbe Zeit begann die chinesische Ein- wanderung nach Siam; 1744 erlaubte ein kaiserliches Decret aus- drücklich den Chinesen, in Siam Schiffe zu bauen. Den grossen Kien-loṅ sollen die siamesischen Könige viele Jahre lang verge- bens mit Anliegen um den Verkauf von Kupfer, Ginseng, Yaks, um chinesische Staatskleider und der Hofceremonieen kundige Eunuchen bestürmt haben; nur einmal wurde Kupfer, einmal Ginseng ge- schickt. Die von Bowring gegebenen Nachrichten von der Investi- tur eines siamesischen Königs durch den Hof von Pe-kiṅ 1786

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/349>, abgerufen am 27.11.2024.