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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXII. Der Zweite König.
unterzeichnet. Der grosse Phrapran von Wat Dzen, Siam's schön-
stes Bauwerk, ragt kaum hundert Schritte von des Prinzen Palast
in die Lüfte; gegenüber spiegelten sich die goldenen Giebel und
Spitzen von Wat Po und der Palaststadt im prächtigen vielbeleb-
ten Strom. Es war ungewöhnlich kühl; die Siamesen zitterten an
allen Gliedern, wir selbst mussten wollene Kleider anlegen.

Graf Eulenburg theilte den Vertretern der anderen Mächte
die neuen Bestimmungen des preussischen Vertrages mit, deren
Vortheile sie mittelst der Clausel der meistbegünstigten Nation
genossen, und ärntete ihren wärmsten Dank.


Der Zweite König, der bis dahin unzugänglich war, liess
den Gesandten auf den 12. Februar zu einer Privataudienz be-
scheiden: den feierlichen Empfang erlaube seine Gesundheit nicht,
das königliche Schreiben solle jedoch mit denselben Ceremonieen
abgeholt werden, wie das an den Ersten König gerichtete. Zwei
Tage vor der anberaumten Audienz besuchte den Gesandten des
Zweiten Königs ältester Sohn, der neben seinem siamesischen den
Namen Georges Washington führte, ein junger Mann von freimüthi-
gem, doch bescheidenem Auftreten, der etwas englisch sprach.
Er wollte am Abend auf einem Dampfer seines Vaters nach der
Rhede fahren, um die preussischen Kriegsschiffe zu sehen und
Capitän Sundewall zur Theilnahme an der Audienz einzuladen. Graf
Eulenburg ersuchte ihn, den Attache von Brandt mitzunehmen, der
auf der Thetis mit den Originalen der Verträge nach Singapore,
von da auf dem englischen Postdampfer direct nach der Heimath
reisen sollte. Prinz Georges sagte mit sichtlichem Vergnügen zu
und holte Abends den Attache ab, mit welchem sich auch
Dr. Maron und der Gärtner Schottmüller auf der Thetis ein-
schifften. Am 12. Februar ging die Fregatte unter Segel. -- Der
Prinz brachte am Abend des 11. Februar den Commodore und
zwei Offiziere der Arkona mit zurück; er schien erfreut über den
ihm bereiteten Empfang.

Am Morgen des 12. Februar erschienen die Staatsboote
des Zweiten Königs: das Schreiben Seiner Preussischen Majestät
erhielt auf goldener Schale unter dem prächtigen Baldachin
des Hauptbootes den Ehrenplatz. Vom Landungsplatz wurden

XXII. Der Zweite König.
unterzeichnet. Der grosse Phrapraṅ von Wat Džeṅ, Siam’s schön-
stes Bauwerk, ragt kaum hundert Schritte von des Prinzen Palast
in die Lüfte; gegenüber spiegelten sich die goldenen Giebel und
Spitzen von Wat Po und der Palaststadt im prächtigen vielbeleb-
ten Strom. Es war ungewöhnlich kühl; die Siamesen zitterten an
allen Gliedern, wir selbst mussten wollene Kleider anlegen.

Graf Eulenburg theilte den Vertretern der anderen Mächte
die neuen Bestimmungen des preussischen Vertrages mit, deren
Vortheile sie mittelst der Clausel der meistbegünstigten Nation
genossen, und ärntete ihren wärmsten Dank.


Der Zweite König, der bis dahin unzugänglich war, liess
den Gesandten auf den 12. Februar zu einer Privataudienz be-
scheiden: den feierlichen Empfang erlaube seine Gesundheit nicht,
das königliche Schreiben solle jedoch mit denselben Ceremonieen
abgeholt werden, wie das an den Ersten König gerichtete. Zwei
Tage vor der anberaumten Audienz besuchte den Gesandten des
Zweiten Königs ältester Sohn, der neben seinem siamesischen den
Namen Georges Washington führte, ein junger Mann von freimüthi-
gem, doch bescheidenem Auftreten, der etwas englisch sprach.
Er wollte am Abend auf einem Dampfer seines Vaters nach der
Rhede fahren, um die preussischen Kriegsschiffe zu sehen und
Capitän Sundewall zur Theilnahme an der Audienz einzuladen. Graf
Eulenburg ersuchte ihn, den Attaché von Brandt mitzunehmen, der
auf der Thetis mit den Originalen der Verträge nach Singapore,
von da auf dem englischen Postdampfer direct nach der Heimath
reisen sollte. Prinz Georges sagte mit sichtlichem Vergnügen zu
und holte Abends den Attaché ab, mit welchem sich auch
Dr. Maron und der Gärtner Schottmüller auf der Thetis ein-
schifften. Am 12. Februar ging die Fregatte unter Segel. — Der
Prinz brachte am Abend des 11. Februar den Commodore und
zwei Offiziere der Arkona mit zurück; er schien erfreut über den
ihm bereiteten Empfang.

Am Morgen des 12. Februar erschienen die Staatsboote
des Zweiten Königs: das Schreiben Seiner Preussischen Majestät
erhielt auf goldener Schale unter dem prächtigen Baldachin
des Hauptbootes den Ehrenplatz. Vom Landungsplatz wurden

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[315/0329] XXII. Der Zweite König. unterzeichnet. Der grosse Phrapraṅ von Wat Džeṅ, Siam’s schön- stes Bauwerk, ragt kaum hundert Schritte von des Prinzen Palast in die Lüfte; gegenüber spiegelten sich die goldenen Giebel und Spitzen von Wat Po und der Palaststadt im prächtigen vielbeleb- ten Strom. Es war ungewöhnlich kühl; die Siamesen zitterten an allen Gliedern, wir selbst mussten wollene Kleider anlegen. Graf Eulenburg theilte den Vertretern der anderen Mächte die neuen Bestimmungen des preussischen Vertrages mit, deren Vortheile sie mittelst der Clausel der meistbegünstigten Nation genossen, und ärntete ihren wärmsten Dank. Der Zweite König, der bis dahin unzugänglich war, liess den Gesandten auf den 12. Februar zu einer Privataudienz be- scheiden: den feierlichen Empfang erlaube seine Gesundheit nicht, das königliche Schreiben solle jedoch mit denselben Ceremonieen abgeholt werden, wie das an den Ersten König gerichtete. Zwei Tage vor der anberaumten Audienz besuchte den Gesandten des Zweiten Königs ältester Sohn, der neben seinem siamesischen den Namen Georges Washington führte, ein junger Mann von freimüthi- gem, doch bescheidenem Auftreten, der etwas englisch sprach. Er wollte am Abend auf einem Dampfer seines Vaters nach der Rhede fahren, um die preussischen Kriegsschiffe zu sehen und Capitän Sundewall zur Theilnahme an der Audienz einzuladen. Graf Eulenburg ersuchte ihn, den Attaché von Brandt mitzunehmen, der auf der Thetis mit den Originalen der Verträge nach Singapore, von da auf dem englischen Postdampfer direct nach der Heimath reisen sollte. Prinz Georges sagte mit sichtlichem Vergnügen zu und holte Abends den Attaché ab, mit welchem sich auch Dr. Maron und der Gärtner Schottmüller auf der Thetis ein- schifften. Am 12. Februar ging die Fregatte unter Segel. — Der Prinz brachte am Abend des 11. Februar den Commodore und zwei Offiziere der Arkona mit zurück; er schien erfreut über den ihm bereiteten Empfang. Am Morgen des 12. Februar erschienen die Staatsboote des Zweiten Königs: das Schreiben Seiner Preussischen Majestät erhielt auf goldener Schale unter dem prächtigen Baldachin des Hauptbootes den Ehrenplatz. Vom Landungsplatz wurden

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/329>, abgerufen am 27.11.2024.