Ein Artikel der früheren Verträge bestimmte, dass in der Binnenstadt von Bankok und bis vier englische Meilen von deren Mauern nur solche Fremden Grundbesitz erwerben dürften, die seit zehn Jahren in Siam lebten oder von der siamesischen Regierung ausdrückliche Erlaubniss erhielten. -- Nun war Bankok fast der einzige Ort, wo Fremde mit Vortheil wohnen konnten; die Erwer- bung von Grundbesitz in Siam überhaupt erforderte also zehnjähri- gen Aufenthalt. Die neuen Ankömmlinge wurden durch jene Be- stimmung von den ältern Ansiedlern abhängig, deren Grundstücke sie um jeden Preis miethen mussten, wenn die Regierung ihnen nicht die ausdrückliche Erlaubniss zu selbstständiger Landerwerbung gab. Deshalb liess Graf Eulenburg im neuen Entwurf diese Klausel fort. Ihre Aufnahme in den englischen Vertrag, der allen anderen zum Muster diente, war theils durch altes Misstrauen gegen die Fremden, theils durch das Eigenthumsrecht der siamesischen Könige am Grund und Boden des ganzen Reiches veranlasst worden. So- viel wir erfuhren, erwirbt der Siamese Grundbesitz überhaupt nur als Erbpächter und zahlt dafür einen bestimmten Zins; der König behält das Recht, jedes von seinen Unterthanen besessene Grund- stück zu Staatszwecken ohne Entgelt, zu seinen Privatzwecken gegen Entschädigung einzuziehen. Nun fürchtete wohl die siamesi- sche Staatsgewalt mit Grund, dass Fremde sich jeder Verfügung des Königs über ihre als Eigenthum erworbenen Grundstücke widersetzen würden, und erschwerte deshalb die Erwerbung in demjenigen Gebiet, wo der König den Boden leicht einmal für seine Zwecke brauchen konnte, d. h. in der Binnenstadt und inner- halb eines vier englische Meilen von deren Mauern entfernten Um- kreises. Letzteren den Fremden bedingungslos zugänglich zu machen, schien sehr wünschenswerth; die Binnenstadt eignete sich schlecht zur Niederlassung und musste selbstredend zur freien Ver- fügung des Königs bleiben,
In demselben Artikel liess Graf Eulenburg die Bestim- mung fort, nach welcher die siamesische Regierung befugt sein sollte, ein von Fremden erworbenes Grundstück gegen Erstat- tung des Kaufpreises zurückzufordern, wenn dasselbe nicht bin- nen drei Jahren cultivirt und verbessert würde. Diese unge- schickte Bestimmung konnte bei völliger Unklarheit über die Ausdrücke "Cultur und Verbesserung" leicht zu Vexationen führen.
Der Vertrag. XXI.
Ein Artikel der früheren Verträge bestimmte, dass in der Binnenstadt von Baṅkok und bis vier englische Meilen von deren Mauern nur solche Fremden Grundbesitz erwerben dürften, die seit zehn Jahren in Siam lebten oder von der siamesischen Regierung ausdrückliche Erlaubniss erhielten. — Nun war Baṅkok fast der einzige Ort, wo Fremde mit Vortheil wohnen konnten; die Erwer- bung von Grundbesitz in Siam überhaupt erforderte also zehnjähri- gen Aufenthalt. Die neuen Ankömmlinge wurden durch jene Be- stimmung von den ältern Ansiedlern abhängig, deren Grundstücke sie um jeden Preis miethen mussten, wenn die Regierung ihnen nicht die ausdrückliche Erlaubniss zu selbstständiger Landerwerbung gab. Deshalb liess Graf Eulenburg im neuen Entwurf diese Klausel fort. Ihre Aufnahme in den englischen Vertrag, der allen anderen zum Muster diente, war theils durch altes Misstrauen gegen die Fremden, theils durch das Eigenthumsrecht der siamesischen Könige am Grund und Boden des ganzen Reiches veranlasst worden. So- viel wir erfuhren, erwirbt der Siamese Grundbesitz überhaupt nur als Erbpächter und zahlt dafür einen bestimmten Zins; der König behält das Recht, jedes von seinen Unterthanen besessene Grund- stück zu Staatszwecken ohne Entgelt, zu seinen Privatzwecken gegen Entschädigung einzuziehen. Nun fürchtete wohl die siamesi- sche Staatsgewalt mit Grund, dass Fremde sich jeder Verfügung des Königs über ihre als Eigenthum erworbenen Grundstücke widersetzen würden, und erschwerte deshalb die Erwerbung in demjenigen Gebiet, wo der König den Boden leicht einmal für seine Zwecke brauchen konnte, d. h. in der Binnenstadt und inner- halb eines vier englische Meilen von deren Mauern entfernten Um- kreises. Letzteren den Fremden bedingungslos zugänglich zu machen, schien sehr wünschenswerth; die Binnenstadt eignete sich schlecht zur Niederlassung und musste selbstredend zur freien Ver- fügung des Königs bleiben,
In demselben Artikel liess Graf Eulenburg die Bestim- mung fort, nach welcher die siamesische Regierung befugt sein sollte, ein von Fremden erworbenes Grundstück gegen Erstat- tung des Kaufpreises zurückzufordern, wenn dasselbe nicht bin- nen drei Jahren cultivirt und verbessert würde. Diese unge- schickte Bestimmung konnte bei völliger Unklarheit über die Ausdrücke »Cultur und Verbesserung« leicht zu Vexationen führen.
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[300/0314]
Der Vertrag. XXI.
Ein Artikel der früheren Verträge bestimmte, dass in der
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Mauern nur solche Fremden Grundbesitz erwerben dürften, die seit
zehn Jahren in Siam lebten oder von der siamesischen Regierung
ausdrückliche Erlaubniss erhielten. — Nun war Baṅkok fast der
einzige Ort, wo Fremde mit Vortheil wohnen konnten; die Erwer-
bung von Grundbesitz in Siam überhaupt erforderte also zehnjähri-
gen Aufenthalt. Die neuen Ankömmlinge wurden durch jene Be-
stimmung von den ältern Ansiedlern abhängig, deren Grundstücke
sie um jeden Preis miethen mussten, wenn die Regierung ihnen
nicht die ausdrückliche Erlaubniss zu selbstständiger Landerwerbung
gab. Deshalb liess Graf Eulenburg im neuen Entwurf diese Klausel
fort. Ihre Aufnahme in den englischen Vertrag, der allen anderen
zum Muster diente, war theils durch altes Misstrauen gegen die
Fremden, theils durch das Eigenthumsrecht der siamesischen Könige
am Grund und Boden des ganzen Reiches veranlasst worden. So-
viel wir erfuhren, erwirbt der Siamese Grundbesitz überhaupt nur
als Erbpächter und zahlt dafür einen bestimmten Zins; der König
behält das Recht, jedes von seinen Unterthanen besessene Grund-
stück zu Staatszwecken ohne Entgelt, zu seinen Privatzwecken
gegen Entschädigung einzuziehen. Nun fürchtete wohl die siamesi-
sche Staatsgewalt mit Grund, dass Fremde sich jeder Verfügung
des Königs über ihre als Eigenthum erworbenen Grundstücke
widersetzen würden, und erschwerte deshalb die Erwerbung in
demjenigen Gebiet, wo der König den Boden leicht einmal für
seine Zwecke brauchen konnte, d. h. in der Binnenstadt und inner-
halb eines vier englische Meilen von deren Mauern entfernten Um-
kreises. Letzteren den Fremden bedingungslos zugänglich zu
machen, schien sehr wünschenswerth; die Binnenstadt eignete sich
schlecht zur Niederlassung und musste selbstredend zur freien Ver-
fügung des Königs bleiben,
In demselben Artikel liess Graf Eulenburg die Bestim-
mung fort, nach welcher die siamesische Regierung befugt sein
sollte, ein von Fremden erworbenes Grundstück gegen Erstat-
tung des Kaufpreises zurückzufordern, wenn dasselbe nicht bin-
nen drei Jahren cultivirt und verbessert würde. Diese unge-
schickte Bestimmung konnte bei völliger Unklarheit über die
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/314>, abgerufen am 24.11.2024.
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