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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Die Missionare.
hatte anfangs so starken Zulauf, dass die Geistlichen der Arbeits-
last nicht gewachsen waren und vielfach erkrankten; auch
das Seminar zu Ausbildung eingeborner Lehrer, das unter Phra
Narai
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Herrschaft so glänzende Erfolge hatte und später mehrfach
wieder ins Leben gerufen wurde, litt damals Geldmangel.

Monseigneur Pallegoix erwiederte des Gesandten Besuch und
wurde bei der Unterhaltung sehr lebendig. Er hatte für die Kennt-
niss des Landes viel gethan und ein umfassendes Werk darüber
herausgegeben, "wollte auch, da sich seitdem neuer Stoff anhäufte,
gern noch mehr über Siam schreiben, wenn er nicht seit sechs
Jahren erblindet wäre". Er überlebte unsere Anwesenheit nicht
lange. -- Nach dem Eindruck, den wir empfingen, ist die Wirk-
samkeit der katholischen Mission heut eine weniger glänzende aber
tiefer greifende, als die der Jesuiten in früheren Jahrhunderten,
die in ihren Schriften mit dem Umfang der Bekehrungen unerlaubt
prahlen und sich besonders der grossen Zahl -- in die Tausende
-- von Taufen rühmen, die sie jährlich an sterbenden Kindern
vollzogen. -- Die Erfolge der protestantischen Missionare entziehen
sich nothwendig der Beobachtung, da ihre ganze Wirksamkeit eine
individuelle, keine disciplinirte ist, weil jede Secte und jede Mis-
sionsgesellschaft ihren eigenen Weg geht, und die Kräfte sich zer-
splittern. Auf einzelne Proselyten mögen protestantische Missionare
tieferen Einfluss üben als die katholischen; die Zahl ihrer Bekeh-
rungen ist aber klein. Ihr grösstes Verdienst besteht wohl in Er-
forschung der siamesischen Sprache und Literatur und in Ueber-
setzung von Bibelabschnitten in das Siamesische.

Unser gütiger Nachbar Prinz Khroma-luan ermüdete nicht
in Freundschaftsbeweisen; eines Tages lud er den Gesandten zu
einem Hahnenkampf ein. Die kreisrunde Arena von etwa zehn Fuss
Durchmesser fasste halbmannshohes Korbgeflecht ein, um das sich
viele Siamesen drängten; der Gesandte und seine Begleiter nahmen
auf einer kleinen Estrade Platz. Es trat eben eine Pause ein, die
nach jedem etwa sechs Minuten dauernden Gange von den Eigen-
thümern benutzt wird, um den Kämpfern Wasser zu geben und die
Wunden zu waschen. -- Die Hähne waren so gross wie die cochin-
chinesischen, doch viel schlanker gebaut. Fünf Gänge hatten sie
gemacht, die Spannung der Zuschauer stieg auf das Höchste; sie
begleiteten jeden Schnabelhieb mit Gebrüll und wetteten, wie der
Dolmetsch sagte, zum Belang von 200 Tikal. Erwischte einer der

XXI. Die Missionare.
hatte anfangs so starken Zulauf, dass die Geistlichen der Arbeits-
last nicht gewachsen waren und vielfach erkrankten; auch
das Seminar zu Ausbildung eingeborner Lehrer, das unter Phra
Naraï
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Herrschaft so glänzende Erfolge hatte und später mehrfach
wieder ins Leben gerufen wurde, litt damals Geldmangel.

Monseigneur Pallégoix erwiederte des Gesandten Besuch und
wurde bei der Unterhaltung sehr lebendig. Er hatte für die Kennt-
niss des Landes viel gethan und ein umfassendes Werk darüber
herausgegeben, »wollte auch, da sich seitdem neuer Stoff anhäufte,
gern noch mehr über Siam schreiben, wenn er nicht seit sechs
Jahren erblindet wäre«. Er überlebte unsere Anwesenheit nicht
lange. — Nach dem Eindruck, den wir empfingen, ist die Wirk-
samkeit der katholischen Mission heut eine weniger glänzende aber
tiefer greifende, als die der Jesuiten in früheren Jahrhunderten,
die in ihren Schriften mit dem Umfang der Bekehrungen unerlaubt
prahlen und sich besonders der grossen Zahl — in die Tausende
— von Taufen rühmen, die sie jährlich an sterbenden Kindern
vollzogen. — Die Erfolge der protestantischen Missionare entziehen
sich nothwendig der Beobachtung, da ihre ganze Wirksamkeit eine
individuelle, keine disciplinirte ist, weil jede Secte und jede Mis-
sionsgesellschaft ihren eigenen Weg geht, und die Kräfte sich zer-
splittern. Auf einzelne Proselyten mögen protestantische Missionare
tieferen Einfluss üben als die katholischen; die Zahl ihrer Bekeh-
rungen ist aber klein. Ihr grösstes Verdienst besteht wohl in Er-
forschung der siamesischen Sprache und Literatur und in Ueber-
setzung von Bibelabschnitten in das Siamesische.

Unser gütiger Nachbar Prinz Khroma-luaṅ ermüdete nicht
in Freundschaftsbeweisen; eines Tages lud er den Gesandten zu
einem Hahnenkampf ein. Die kreisrunde Arena von etwa zehn Fuss
Durchmesser fasste halbmannshohes Korbgeflecht ein, um das sich
viele Siamesen drängten; der Gesandte und seine Begleiter nahmen
auf einer kleinen Estrade Platz. Es trat eben eine Pause ein, die
nach jedem etwa sechs Minuten dauernden Gange von den Eigen-
thümern benutzt wird, um den Kämpfern Wasser zu geben und die
Wunden zu waschen. — Die Hähne waren so gross wie die cochin-
chinesischen, doch viel schlanker gebaut. Fünf Gänge hatten sie
gemacht, die Spannung der Zuschauer stieg auf das Höchste; sie
begleiteten jeden Schnabelhieb mit Gebrüll und wetteten, wie der
Dolmetsch sagte, zum Belang von 200 Tikal. Erwischte einer der

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[297/0311] XXI. Die Missionare. hatte anfangs so starken Zulauf, dass die Geistlichen der Arbeits- last nicht gewachsen waren und vielfach erkrankten; auch das Seminar zu Ausbildung eingeborner Lehrer, das unter Phra Naraï’s Herrschaft so glänzende Erfolge hatte und später mehrfach wieder ins Leben gerufen wurde, litt damals Geldmangel. Monseigneur Pallégoix erwiederte des Gesandten Besuch und wurde bei der Unterhaltung sehr lebendig. Er hatte für die Kennt- niss des Landes viel gethan und ein umfassendes Werk darüber herausgegeben, »wollte auch, da sich seitdem neuer Stoff anhäufte, gern noch mehr über Siam schreiben, wenn er nicht seit sechs Jahren erblindet wäre«. Er überlebte unsere Anwesenheit nicht lange. — Nach dem Eindruck, den wir empfingen, ist die Wirk- samkeit der katholischen Mission heut eine weniger glänzende aber tiefer greifende, als die der Jesuiten in früheren Jahrhunderten, die in ihren Schriften mit dem Umfang der Bekehrungen unerlaubt prahlen und sich besonders der grossen Zahl — in die Tausende — von Taufen rühmen, die sie jährlich an sterbenden Kindern vollzogen. — Die Erfolge der protestantischen Missionare entziehen sich nothwendig der Beobachtung, da ihre ganze Wirksamkeit eine individuelle, keine disciplinirte ist, weil jede Secte und jede Mis- sionsgesellschaft ihren eigenen Weg geht, und die Kräfte sich zer- splittern. Auf einzelne Proselyten mögen protestantische Missionare tieferen Einfluss üben als die katholischen; die Zahl ihrer Bekeh- rungen ist aber klein. Ihr grösstes Verdienst besteht wohl in Er- forschung der siamesischen Sprache und Literatur und in Ueber- setzung von Bibelabschnitten in das Siamesische. Unser gütiger Nachbar Prinz Khroma-luaṅ ermüdete nicht in Freundschaftsbeweisen; eines Tages lud er den Gesandten zu einem Hahnenkampf ein. Die kreisrunde Arena von etwa zehn Fuss Durchmesser fasste halbmannshohes Korbgeflecht ein, um das sich viele Siamesen drängten; der Gesandte und seine Begleiter nahmen auf einer kleinen Estrade Platz. Es trat eben eine Pause ein, die nach jedem etwa sechs Minuten dauernden Gange von den Eigen- thümern benutzt wird, um den Kämpfern Wasser zu geben und die Wunden zu waschen. — Die Hähne waren so gross wie die cochin- chinesischen, doch viel schlanker gebaut. Fünf Gänge hatten sie gemacht, die Spannung der Zuschauer stieg auf das Höchste; sie begleiteten jeden Schnabelhieb mit Gebrüll und wetteten, wie der Dolmetsch sagte, zum Belang von 200 Tikal. Erwischte einer der

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/311>, abgerufen am 24.11.2024.